Aufruf zum Wahlboykott wen würden Sie auf eine einsame Insel - TopicsExpress



          

Aufruf zum Wahlboykott wen würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Ihren Bundestagsabgeordneten, Ihren Krankenkassenvorsitzenden oder Ihren Hausarzt? Liebe Patienten, „Gesundheitsökonomen haben immer mehr das Sagen und hinterlassen zunehmend einen Scherbenhaufen in der ambulanten und stationären Diagnose, Therapie und Pflege“. Dieses Zitat aus dem Vorwort „Der Allgemeinarzt“ des Präsidenten der deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten e.V. (DGVP), charakterisiert treffend die gesundheitspolitische Entwicklung in unserem Lande. Nachdem ich als Ihr Hausarzt bereits mehrfach versucht habe, die verantwortlichen Politiker und Ärztefunktionäre auf die Fehlentwicklungen in unserem Gesundheitssystem aufmerksam zu machen, freut es mich umso mehr zu sehen, dass ich mit meinen Einschätzungen und Schlussfolgerungen offensichtlich doch nicht danebenlag. Leider ist es so, dass der Lobbyismus in Berlin regiert und nicht der Kandidat, den Sie möglicherweise gewählt hatten oder wählen wollen. Eine parlamentarische Demokratie versagt dann, wenn die gewählten Volksvertreter nicht mehr ihren Wählern verpflichtet sind, sondern Rechenschaft gegenüber Konzernen, Lobbyisten und international agierenden Finanzmärkten ablegen. Und genau das geschieht mittlerweile in Europa. Geld und Macht sind zur Triebfeder europäischer Politik avanciert. „Bankenrettung“ scheint eben doch bedeutender zu sein als die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa. Man möge mir Populismus vorhalten, aber es trifft den Nagel auf den Kopf und gibt genau die Einschätzung wieder, die ich täglich den Gedanken meiner Patienten entnehme. Nun könnte ich damit ja noch leben in unserer Überflussgesellschaft, wäre da nicht die fortschreitende Einflussnahme größenwahnsinnig gewordener Krankenkassen auf die Freiberuflichkeit meines Berufsstandes und die zunehmende Bevormundung in medizinischen Fragestellungen durch ein unaufhaltsam wachsendes Konglomerat an Gesundheitsökonomen und Instituten, deren Antrieb einzig in der Konzentration von Macht und Finanzmitteln zu liegen scheint, und die Patienten und ehrlichen Leistungserbringer (Ärzte, Krankenschwestern, Logopäden, Physiotherapeuten etc.) zu Randfiguren degradiert. Gehortete 28 Milliarden Kassenbeiträge sprechen für sich. Steigende Krankenkassenbeiträge und Leistungsbegrenzungen sicherten den Krankenkassen in den vergangenen Jahren erhebliche Überschüsse – es handelt sich um Ihr Geld, liebe Patienten – und einen nahezu unbegrenzten Machtzuwachs. Dank der Inkompetenz zahlreicher Gesundheitspolitiker steuern wir auf ein amerikanisches Gesundheitssystem zu, dass den Konzernen noch mehr Geld und Einfluss bescheren dürfte, die Ärztliche Freiberuflichkeit zerstört – siehe fortschreitender Hausärztemangel – und die Ansprüche einer immer älter und damit auch kränker werdenden Bevölkerung in erheblichem Maße beschränken wird. Das jüngste Beispiel oligarcher Krankenkassenpolitik – es handelt sich mit Nichten um Gesundheitskassen – möchte ich im Folgenden darstellen: Etwa 15 Prozent der Patienten, die ich in meiner Praxis betreuen darf, sind Diabetiker, d.h. Patienten mit Zuckerstoffwechselstörungen. Wer sich mit diesem Krankheitsbild näher beschäftigt wird mir zustimmen, dass Diabetiker ein deutlich erhöhtes Krankheits- und Sterberisiko tragen, insbesondere dann, wenn sie nicht adäquat behandelt werden. Schon aus diesem Grund war ich immer bestrebt, mit meinen Therapieempfehlungen nahe am wissenschaftlichen Puls der Zeit zu liegen und besuche seit Jahren Fortbildungsveranstaltungen namhafter diabetologischer Gesellschaften. Wie die Forschungsergebnisse und Studien der letzten Jahre belegen konnten, ergaben sich Neuorientierungen im Therapieregime, auch meiner Patienten. So mussten wir Ärzte konstatieren, dass die sog. „Sulfonylharnstoffe“, wie sie seit Jahrzehnten in der Therapie eingesetzt wurden, in diabetologisch interessierten Kreisen zunehmend in Verruf gerieten, da erhöhte, herzbedingte Sterblichkeiten und erhöhte Raten, an Altersdemenz zu erkranken infolge therapieabhängiger Unterzuckerungen, auftraten. Auch die Therapie mit Insulinen wurde zunehmend kritisch beleuchtet, zumal sich zeigte, dass auch hier tödliche Komplikationen zu verzeichnen waren, insbesondere dann, wenn die Patienten nicht in der Lage waren, die Gefahren einer Insulinbehandlung zu erkennen. Insofern war es für die Therapeuten und deren Patienten ein Glück, als durch die forschende Pharmaindustrie – auch in Deutschland - Präparate entwickelt werden konnten, die uns Ärzten eine Vielzahl effektiverer und nebenwirkungsärmerer Präparate an die Hand gaben. Nun sollte man meinen, dass angesichts schwerwiegendenster, teurer Folgeerkrankungen, die ein schlecht behandelter Zuckerpatient zu ertragen hatte, auch die Versicherer und Gesundheitsökonomen den Empfehlungen der diabetologischen Fachgesellschaften folgen sollten, zumal die Expertisen namhafter Diabetologen bewiesen hatten, dass wir uns auf dem richtigen Weg begeben hatten. Was folgte, war ernüchternd. Die Gesundheitsökonomen der Krankenkassen waren nicht dazu zu bewegen, den Vorschlägen zu folgen. Der Arm der Krankenkassen reicht offensichtlich schon so weit, dass Bewertungsinstitute wie das IQWIG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) und der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entgegen wissenschaftlicher Empfehlungen, an rein finanzorientierter Position festmachen. Im Umkehrschluss heißt das für die Therapie, dass Ärzte – die diesen Beschlüssen kritiklos folgen – entgegen medizinischer Erfahrung, aus rein wirtschaftlichen Erwägungen Therapieentscheidungen zu treffen haben. Zwar sagen uns die Krankenkassen (insbesondere die AOK Baden-Württemberg), der Hausärzteverband Baden-Württemberg und der Mediverband, dass die hausärztliche Entscheidungsfreiheit gewahrt bliebe, es wird aber verschwiegen, dass die Ärzte, die an der sogenannten Hausarztzentrierten Versorgung – Hausarztverträge – teilnehmen unter Androhung finanzieller Sanktionen verpflichtet worden sind, an sogenannten Pharmakotherapiezirkeln teilzunehmen, die explizit die wirtschaftlichen Vorgaben über die medizinischen Notwendigkeiten stellen. Liebe Patienten, ich schäme mich für meinen Berufsstand und unsere Standesvertreter, waren wir doch blind leeren Versprechungen gefolgt. Auch ich war seinerzeit den Ankündigungen der Verbände nach Entbürokratisierung, Sicherung unserer Praxen und unser Freiberuflichkeit erlegen. Ich kann es nicht mehr ändern, nur versuchen, aufzuklären und Sie für diesen politisch mit zu verantworteten Sumpf zu sensibilisieren. Fragen Sie doch mal Ihren Bundestagskandidaten und Sie werden feststellen, dass nur heiße Luft erzeugt wird und das Wissen um die Misere entweder totgeschwiegen oder verleugnet wird. Wir haben Wahl dieses Jahr … ich persönlich weiß nicht mehr, wen ich noch wählen könnte, wissen Sie es? Harald Rothe Ihr Hausarzt p.s. ... und wen nehmen Sie nun mit auf die einsame Insel?
Posted on: Tue, 30 Jul 2013 07:32:09 +0000

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