Wäre Rilke ein guter Odd Fellow gewesen? Zitat: Was aber - TopicsExpress



          

Wäre Rilke ein guter Odd Fellow gewesen? Zitat: Was aber eine solche freudige und natürliche Zuwendung vom Sozialen, wie wir es heute verstehen, durchaus unterscheidet, ist die völlige Unlust, ja Abneigung, irgendjemandes Lage zu verändern oder, wie man sich ausdrückt, zu verbessern. Niemandes Lage in der Welt ist so, dass sie seiner Seele nicht eigentümlich zustatten kommen könnte … Und ich muss gestehen, mir ist, wo ich an anderem Schicksal teilzunehmen genötigt war, immer vor allem dieses wichtig und angelegentlich gewesen: dem Bedrückten die eigentümlichen und besonderen Bedingungen seiner Not erkennen zu helfen, was jedes Mal nicht so sehr ein Trost, als eine [zunächst unscheinbare] Bereicherung ist. Es scheint mir nichts als Unordnung zu stiften, wenn die allgemeine Bemühung [übrigens eine Täuschung!] sich anmaßen sollte, die Bedrängnisse schematisch zu erleichtern oder aufzuheben, was die Freiheit des anderen viel stärker beeinträchtigt, als die Not selber es tut, die mit unbeschreiblichen Anpassungen und beinahe zärtlich, dem der sich ihr anvertraut, Anweisungen erteilt, wie ihr – wenn nicht nach außen, so nach innen – zu entgehen wäre. Die Lage eines Menschen bessern wollen, setzt einen Einblick in seine Umstände voraus, wie nicht einmal der Dichter ihn besitzt, einer Figur gegenüber, die aus seiner eigenen Erfindung stammt. Wie viel weniger noch der so unendlich ausgeschlossene Helfende, dessen Zerstreutheit mit seiner Gabe vollkommen wird. Die Lage eines Menschen ändern, bessern wollen, heißt, ihm für Schwierigkeiten, in denen er geübt und erfahren ist, andere Schwierigkeiten anbieten, die ihn vielleicht noch ratloser finden. Wenn ich irgendwann die imaginären Stimmen des Zwerges oder des Bettlers in Form meines Herzens ausgießen konnte, so war das Metall dieses Gusses nicht aus dem Wunsche gewonnen, der Zwerg oder der Bettler möchten es weniger schwer haben; im Gegenteil, nur durch eine Rühmung ihres unvergleichlichen Schicksals vermochte der zu ihnen plötzlich entschlossene Dichter wahr und gründlich zu sein, und er müsste nichts mehr fürchten und ablehnen als eine korrigierte Welt, darin die Zwerge gestreckt sind und die Bettler bereichert. Der Gott der Vollzähligkeit sorgt dafür, dass diese Varietäten nicht aufhören …
Posted on: Tue, 03 Dec 2013 13:49:04 +0000

Trending Topics



Recently Viewed Topics




© 2015