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3. QuickRKÜ und andere Dienstleistungen im Schadenmanagement Schadenmanagement ist der Versuch, einen Unfallbeteiligten zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Schadenmanagement ist keine Erfindung der Versicherungswirtschaft, sondern eher entstanden im Bereich des Reparaturgewerbes bei dem Versuch, Kunden zur Erteilung eines Reparaturauftrages nach einem Verkehrsunfall zu motivieren. Vor ca. 20 Jahren haben die Versicherer sehr nachhaltig begonnen, ebenfalls Schadenmanagement zu betreiben. Zwischenzeitlich betreiben alle Beteiligten am Unfallschadenabwicklungsprozess Schadensteuerung und man könnte folgende These aufstellen: These Schadenmanagement „Balance of Power“ Das gesamte Schadenmanagement verpufft, da alle Beteiligten Schadenmanagement betreiben und wir insoweit – um es mit einem Begriff des Kalten Krieges darzustellen – von einer „Balance of Power“ sprechen können. Solange im Kalten Krieg auf beiden Seiten das Vernichtungspotenzial in etwa gleich hoch war, konnte es nicht zum Heißen Krieg kommen. Die Aufstellung von Mittelstreckenraketen in der damaligen Sowjetunion drohte, das Gleichgewicht zu zerstören – also musste der Westen nachrüsten und das Gleichgewicht so wiederherstellen. Überträgt man diese These auf die Unfallschadenabwicklung und das Schadenmanagement, so könnte es gut sein, dass gesamtwirtschaftlich betrachtet das Schadenmanagement ohne Bedeutung ist. Wem die Ausführungen zu theoretisch sind, der mag sich folgende Beispiele vor Augen führen: Beispiele erfolglosen Schadenmanagements a) Umweltvignette Mithilfe sogenannter Prüfinstitute werden die Umweltvignetten aus den Kostenvoranschlägen und Rechnungen herausgefiltert (Einsparvolumen je Fall: 10,00 €). In der Folge werden die Kosten für den Kleber um 10,00 € erhöht (Kostenerhöhung je Fall: 10,00 €). b) SV-Nebenkosten Die Rechnung des Sachverständigen wird im Bereich der Nebenkosten um 25,00 € reduziert – mit der Folge, dass der Sachverständige in seiner nächsten Rechnung das Grundhonorar um 25,00 € erhöht. c) Stundenverrechnungssätze Die HUK-COBURG schließt einen Partnerschaftsvertrag mit einer Werkstatt mit einem Stundenverrechnungssatz von 59,00 € ab, die Werkstatt erhöht ihren Aushang-Stundenverrechnungssatz auf 125,00 € – mit der Folge eines durchschnittlichen Stundenverrechnungssatzes von 184,00 € / 2 = 92,00 €. d) Merkantile Wertminderung Mit Einführung des BVSK-Wertminderungsmodells sinkt die durchschnittliche Höhe der merkantilen Wertminderung und gleichzeitig erhöht sich die Gesamtzahl der wertminderungsrelevanten Fälle – mit der Folge, dass der absolute Wertminderungsbetrag gleichbleibt. Diese Liste ließe sich unendlich fortführen – auf allen Ebenen und zugleich auch mit abstrusen Verknüpfungen wie das nachfolgende Beispiel deutlich macht: e) KH vs. Rechtsschutz Die KH-Versicherung AL aus MÜ zeichnet sich durch ein immer restriktiveres Regulierungsverhalten aus – mit der Folge, dass die Rechtschutzversicherung AL aus MÜ immer häufiger Deckungszusagen erteilt, die im Ergebnis dazu führen, dass die KH-Versicherung AL aus MÜ zahlen muss. Statt der AL aus MÜ könnte man auch die HCO aus CO einsetzen und das Ergebnis wäre gleich. Regulierung im Ausland / Niederlande Leider hilft uns in unseren Betrachtungen der Blick ins Ausland kaum, da dort in der Regel kein dem Kalten Krieg vergleichbares System vorgegeben war. Die Rechtssysteme sind gänzlich anders – mit der Folge, dass es dort eine „Balance of Power“ nie gegeben hat, da alleine der Versicherer den Regulierungsprozess im Übrigen mit Billigung der Legislative beherrscht. Beispielhaft sei dies an den Niederlanden dargestellt: Ein freundliches Nachbarland, in dem das Reparaturgewerbe nur noch am Tropf des Versicherers hängt – mit der ungesunden Folge, dass man nun vom Versicherer Intelligenz und Zurückhaltung verlangen muss, da die Gefahr der missbräuchlichen Machtausübung nicht von der Hand zu weisen ist und dies wiederum gleichbedeutend ist mit der Gefahr, dass ein Betrieb zu einem nicht mehr kalkulierbaren Idi Amin der Reparaturbranche wird. BVSK Rundschreiben | Nr. 14 | November 2013 | 7 Ausgewogenheit Kehren wir also zurück zur „Balance of Power“ des Schadenmanagements in Deutschland und stellen uns die Frage, ob überhaupt noch von einer Ausgewogenheit der Machtverhältnisse auszugehen ist oder ob nicht zwischenzeitlich eine der beteiligten Gruppierungen – gemeint sein können natürlich nur die Versicherer – allmächtig geworden ist. Subjektiv wird dies bei Rechtsanwälten, Sachverständigen und Reparaturbetrieben natürlich so wahrgenommen und Sie können nirgendwo als Referent so viel Beifall erzielen wie mit der Frage, welcher Versicherer der schlimmste Versicherer Deutschlands sei, der in einer fränkischen Kleinstadt ansässig ist. Ende der „Balance of Power“ Ist also die berühmte „Balance of Power“ möglicherweise gefährdet oder gar bereits gekippt? Hierfür könnten die radikale Ausweitung des Systems der elektronischen Prüfberichte, die Verstärkung der abgeschlossenen Versicherungsverträge mit Werkstattbindung und die Einführung neuer Kommunikationswege (wie bspw. in diesem Jahr das System einer sogenannten QuickRKÜ) sprechen. Aufgabe eigener Kompetenz Unbestreitbar dürfte sein, dass die „Control€xperten“ immens an Bedeutung gewonnen haben, was gleichbedeutend ist mit einer Aufgabe eigener Kompetenz des Versicherers, was sich als gravierendster strategischer Fehler der betroffenen Versicherer herausstellen wird. Die hier verloren gegangene Kompetenz kann nicht mehr so einfach zurückgeholt werden – mit der Folge einer wachsenden Abhängigkeit von diesen Plagegeistern biblischen Ausmaßes, was wiederum eine neue Frage zur „Balance of Power“ aufwirft. Tatsache jedenfalls ist, dass immense Beträge in die Mast dieser Unternehmen investiert werden und das Konzerncontrolling wird wohl wissen, warum dies und mit welchem Erfolg dies geschieht. Vorausschicken kann man unterschiedliche Ausgangsthesen: 1. Der Einsatz der Prüfinstitute führt zu einer Reduzierung des durchschnittlichen Schadenaufwandes. vs. 2. Der Einsatz der Prüfinstitute führt zu einer Erhöhung des durchschnittlichen Schadenaufwandes. Diesen Thesen gegenüber stehen zwei weitere Thesen: 1. Die Reduzierung des durchschnittlichen Schadenaufwandes geschieht unabhängig von der Tätigkeit der Prüfinstitute. vs. 2. Die Erhöhung des durchschnittlichen Schadenaufwandes geschieht unabhängig von der Tätigkeit der Prüfinstitute. Keiner wird gerne zugeben, dass er dreistellige Millionenbeträge ohne messbare Effekte investiert. Jeder weiß aber auch, dass bei gutem Willen nahezu jedes Ergebnis statistisch darstellbar ist. Betrachten wir die großen Marktbeteiligten im Bereich der elektronischen Überprüfung: Control€xpert (C€) – der Marktführer Sehr, sehr vorsichtig geschätzt dürfte hier ein Umsatz zwischen 30 Mio. Euro und 35 Mio. Euro zu vermuten sein. Übernehmen wir die Unternehmensangaben, dass das durchschnittliche Einsparpotential, das ja nicht gleichbedeutend mit dem durchschnittlich realisierten Einsparvolumen ist, bei 150,00 € je Fall liegt, unterstellen wir 2,5 Mio. Vorgänge, die überprüft werden, und weiterhin eine Realisierungsquote von immerhin 10 %, dann bedeutet dies – vereinfacht gesagt – bei einem Invest von 35 Mio. Euro einen Nettoertrag von etwa 45 Mio. Euro bezogen auf einen gesamten Sachschadenaufwand von 13 Mrd. Euro. Übrige Nehmen wir die übrigen Dienstleister 3C, Eucon, HP Claim Controlling sowie Premium-Check und weitere Randunternehmen hinzu, beläuft sich das realisierte Einsparvolumen auf möglicherweise 100 Mio. Euro, was im Verhältnis zum Gesamtvolumen ebenfalls zu vernachlässigen wäre. Ergebnis Es ist jedenfalls nicht erkennbar, warum bei diesen überschaubaren Ergebnissen so massiv eigene Kompetenz abgebaut wird, die wesentlich sinnvoller – auch im Interesse eines Einsparens – eingesetzt werden könnte. BVSK Rundschreiben | Nr. 14 | November 2013 | 8 z.B. QuickRKÜ Aktuelles Beispiel ist die sogenannte QuickRKÜ, die die Kompetenz einer Reparaturfreigabeerteilung und damit die Kompetenz, den Daumen hoch oder nach unten zu halten, auf einen Externen überträgt. Ein derartiges Vorgehen kann offenbar nur Prozessverliebten einfallen, die nicht darüber nachdenken, dass Prozesse nichts wert sind, wenn meine Produktkompetenz nicht mehr erkennbar ist. Der Reparaturbetrieb hat ein vitales Interesse daran, ein ausgewogenes Verhältnis mit einem regulierungspflichtigen Versicherer dauerhaft sicher zu stellen. Er benötigt den Versicherer, er benötigt die Ansprache des Sachbearbeiters, er möchte wissen, mit wem er es zu tun hat. Die möglichen prozessvereinfachenden Schritte sind ihm in diesem Zusammenhang völlig egal. Er weiß heute, wie welcher Versicherer tickt und er kann sich auf die Besonderheiten einstellen und entsprechende einvernehmliche Regelungen suchen. Nun soll er in Zukunft über eine anonyme Firma Control€xpert/ QuickRKÜ vorgehen, die er vor allen Dingen als Kürzungsmaschine kennt, die es zu bekämpfen gilt, wobei gerne einräumt wird, dass dem Reparaturbetrieb hierbei nach Kräften zu helfen ist. Relativierung Jedenfalls wurde die „Balance of Power“ in den letzten Jahren durch die Aktivitäten einer Firma Control€xpert und ihrer Ableger nicht ernsthaft erschüttert. Schadendurchschnitt Interessant ist in diesem Zusammenhang noch eine Feststellung: Der Schadendurchschnitt sei 2005 hat sich nicht gravierend verändert. Warum haben sich die durchschnittlichen Schäden nur geringfügig verändert? Reparaturtechniken, Ersatzteilpreise und Reparatureffizienz sind wesentliche Gründe. Ganz entscheidend sind auch die Kalkulationsprogramme DAT und Audatex, die zwar nicht immer stimmen, die aber letztlich die Reparaturkosten eingrenzen können. Nicht zuletzt haben auch die Sachverständigen dazu beigetragen – im Übrigen weit mehr als alle „Control€xperten“ zusammen – in ihren Gutachten lediglich den tatsächlich eingetretenen Schaden zu erfassen. Insoweit ist das realisierte Einsparvolumen durch sehr konventionelle Mittel weitaus erfolgreicher als alle anderen Methoden zusammengenommen. Dies alles wird in den nächsten Jahren massiv einhergehen mit einer Reduzierung der Fallzahlen, mit einer nochmaligen Reduzierung der Personenschadenkosten und im Gesamtergebnis auch mit einer gesteigerten Reparaturfreundlichkeit. Individuell zurückgebrochen auf den einzelnen Versicherer kann das Ergebnis natürlich anders aussehen – deutlich gemacht hier am Beispiel HUK-COBURG HUK-COBURG vs. Allianz Der HUK-COBURG ist es tatsächlich gelungen, die Schadenaufwendungen zu reduzieren – nicht zuletzt weil man eine Vielzahl von Verträgen mit Partnerwerkstätten hat, die sich gegenüber der HUK-COBURG bereit erklärt haben, zu nicht auskömmlichen Stundenverrechnungssätzen zu arbeiten. Wenn es überhaupt je einen Konsens innerhalb der Versicherungswirtschaft gegeben hat, dann gibt es diesen Konsens spätestens seit dem Verlassen der fränkischen Heimat durch die HUK-COBURG nicht mehr. Der Vorteil, den die HUK-COBURG gerade bei den Stundenverrechnungssätzen durch Individualvereinbarungen erreicht hat, wurde auf dem Rücken der anderen Versicherer erkauft, die allerdings – und hier zeigt sich eine merkwürdige Art von Restsolidarität – in gerichtlichen Auseinandersetzungen noch nicht einmal den Mut haben, vorzutragen, dass es nicht sein kann, dass eine Versicherung, die keine Partnerschaftsverträge zu unlauteren Konditionen abschließt, die Reparatur subventioniert für Versicherer, die derartige Verträge abgeschlossen haben. Würde genau dies gemacht, wäre das Einsparvolumen ungleich höher als die Einschaltung einer Firma Control€xpert und der damit verbundene Jubel, dass der zweite Klebesatz nun erfolgreich aus der Rechnung eliminiert sei. Hersteller Die größte Gefahr für einen Verlust der „Balance of Power“ ist der Einstieg der Automobilhersteller in die Welt des Schadens. Bislang war günstigstenfalls der ein oder andere Ausflug eines Automobilherstellers in den Schadenmarkt festzustellen, gelegentliche Flatrate-Angebote unterschiedlicher Hersteller, die Finanzierung, Leasing, Garantie und Versicherungsvertrag in insgesamt recht amateurhafter Weise verknüpften. BVSK Rundschreiben | Nr. 14 | November 2013 | 9 Volkswagen Autoversicherung Vor vielen Jahren bereits gab es erste Anzeichen, dass sich der Hersteller seiner überragenden Marktmacht bewusst wird, wie eine damalige Anzeigenkampagne in der Auto Motor und Sport belegt. Den vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung stellt die Einführung der Volkswagen Autoversicherung dar – ein Joint Venture zwischen dem mächtigsten Automobil- und dem mächtigsten Versicherungskonzern. Das Konzept ist in sich im Übrigen schlüssig und könnte langfristig den Markt revolutionieren – nicht nur innerhalb der Volkswagen-Gruppe, sondern als Vorbildfunktion für andere Automobilhersteller. Gelingt es dem Automobilhersteller, den Verkauf neuer und gebrauchter Fahrzeuge mit Finanzierungs-/ Leasing- und der Versicherungsdienstleistung zu verknüpfen, gibt es keine „Balance of Power“ mehr. Vielmehr steuert der Hersteller in das eigene Betriebsnetz, beteiligt seine Händler an den Kosten und kann natürlich auch selbst die Kosten über die eigenen Vertriebskosten beeinflussen. Dies stellt – gekoppelt mit der Einführung von Zusatzleistungen in Verbindung mit der eCall-Richtlinie und gekoppelt mit der Erkenntnis, dass immer modernere Fahrzeuge ausschließlich im fabrikatsgebundenen Betrieb instand gesetzt werden können – tatsächlich erstmalig eine neue Dimension innerhalb des Schadenmanagements dar. Solange aber die Zukunftsstrategiediskussion innerhalb der Versicherungswirtschaft sich vordergründig auf angebliche Prozessoptimierungen und Einsparpotenziale beschränkt, verspielt man jeden Tag aufs Neue die eigene Zukunft. Dies gilt im Übrigen nicht nur für Versicherungsunternehmen, sondern dies gilt in gleicher Weise auch für insbesondere fabrikatsgebundene Reparaturbetriebe, Kfz-Sachverständige, Rechtsanwälte und Autovermieter. Leasing Schon heute werden nahezu unbemerkt Leasingverträge angeboten, in denen der Leasinggeber dem Leasingnehmer anbietet, die Unfallschadenabwicklung als Teil des Leasingvertrages zu übernehmen. Es handelt sich hier ausdrücklich nicht um einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, da der Leasinggeber hinsichtlich des Sachschadens in eigenen Angelegenheiten tätig wird, da es sich schließlich um sein eigenes Fahrzeug handelt. Nachvollziehbar ist, dass bei diesem Modell zuerst einmal die Schadenstückkosten nicht im Vordergrund stehen werden und damit auch die Dienstleister à la Control€xpert mit ihren bisherigen Dienstleistungen nicht vordergründig benötigt werden. Es ist in der Tat notwendig, Prozesse neu abzubilden und in verschiedensten Dimensionen neue Kontrollmechanismen aufzubauen. Die bekannten Dienstleister sind hier viel flexibler tätig als der Rest der Schadenbeteiligten. Marktvolumina Wir reden derzeit nicht mehr über Einsparvolumina, sondern wir sprechen über Marktanteile und damit über Verdrängung in einem kleiner werdenden Marktsegment. Schließlich glaueben wir auch nicht, dass die von uns so oft gescholtenen Versicherer tatsächlich so dumm sind und sich nicht ernsthaft mit diesen Fragestellungen befassen. Sie haben möglicherweise nicht den Mut, sich hier und jetzt schon zu äußern oder ihnen fehlen noch die Ideen, wie man exakt hierauf reagieren wird. Dies wird der Grund sein, dass nach wie vor Veranstaltungen, die sich mit dem Gestern und Vorgestern befassen, einen so hohen Zulauf haben. Es sollte jedoch nur eine Frage der Zeit sein, Zukunftstrategien zu entwickeln und konsequent umzusetzen, will man nicht tatsächlich den Anschluss im Unfallschadenmanagement verlieren. Intelligentes Schadenmanagement Zweifelsfrei wird die automobile Welt immer komplexer und es kann auch kein Zweifel bestehen, dass sich damit verbunden auch die Welt des Kfz-Sachverständigen ändern wird. 1. Die Zahl der Kfz-Sachverständigen wird zurückgehen Diese These ist nicht neu und seit mindestens 20 Jahren wird unerschütterlich von dieser These gesprochen, ohne dass in diesen beiden Jahrzehnten die Zahl der Sachverständigen tatsächlich zurückgegangen wäre. Diese Aussage ist allerdings nur teilweise richtig, zwar ist die Zahl der Sachverständigenköpfe in etwa gleich geblieben, aber die Zahl der Gutachten, die durchschnittlich durch einen „Kopf“ erstellt werden, ganz massiv zurückgegangen ist. Wir sind nun an Produktivitätsgrenzen angelangt – mit der Folge, dass weitere Reduzierungen der Gutachtenstückzahl auch zu einem Rückgang der Sachverständigenbüros führen müssen. Diese Folge im Übrigen ist nur zu einem Teil dem Schadenmanagement geschuldet. Viel naheliegender ist der zu erwartende Rückgang der Unfallzahl aufgrund technischer und demografischer Entwicklungen. BVSK Rundschreiben | Nr. 14 | November 2013 | 10 2. Das klassische Sachverständigenhonorar ist an Wachstumsgrenzen gestoßen Es bedurfte nicht der Zahlenmacht eines Gerhard Witte, um festzustellen, dass die Sachverständigenhonorare stärker angestiegen sind als beispielsweise die Inflationsrate. Interessanter wäre eine Analyse der Gründe des Anstiegs der Sachverständigenhonorare. Der wesentliche Grund liegt eben genau darin, dass sich die Zahl der Gutachten nahezu halbiert hat, die Zahl der Köpfe im Wesentlichen gleichgeblieben ist, aber die Kosten in den Büros tendenziell eher gestiegen sind. Hinzukommt sicher auch erfolgreiches Schadenmanagement im Sinne der Vermeidung von Sachverständigentätigkeit, aber ein ganz wesentlicher Grund ist auch die mangelnde Bereitschaft des Sachverständigen, in andere Produkte zu investieren. Solange das Gutachten aus Sicht des Versicherers, aber eben auch aus Sicht der Werkstatt in einem Wettbewerb zum Kostenvoranschlag steht, wird es zu Konflikten über die Höhe des Sachverständigenhonorars kommen, da es dem Sachverständigen eben häufig nicht gelingt, die Unabhängigkeit als wesentlichstes Merkmal seiner Tätigkeit auch wertmäßig darzustellen. Neben der Unabhängigkeit benötigt man jedoch eine Produktqualität, die sich im Ergebnis von einem Kostenvoranschlag unterscheidet. Die immer komplexeren Fahrzeuge benötigen auch einen höheren Sachverstand. Moderne Werkstoffe, Elektronik und auch sich verändernde Eigentumsstrukturen benötigen Sachverständige mit Kenntnissen, die die Fahrzeugtechnik in besonderer Weise berücksichtigen. Die Auslese und das Verständnis der Fehlerspeicher werden bald schon zu den Standardaufgaben des Kfz-Sachverständigen zählen. Die mobile Karosserievermessung durch den Kfz-Sachverständigen kommt hinzu und Dienstleistungen, die die Prozesse des Auftraggebers nicht belasten, dürfen nicht Control€xpert alleine überlassen werden. Liegt beispielsweise ein relativ banaler Blechschaden in Höhe von 1.500,00 € bei einem älteren Fahrzeug vor, besteht überhaupt kein Zweifel, dass ertragstechnisch ein Schadengutachten aus Sicht des Sachverständigen erstrebenswert ist. Aus Sicht des Versicherers stellt sich die Frage, ob das Betrugspotenzial tatsächlich noch höher liegt als das Honorar des Kfz-Sachverständigen, das hier in Rechnung gestellt wird. Die Antwort des Versicherers lautet regelmäßig nein – mit der Folge, dass alle Kräfte mobilisiert werden, um den Sachverständigen gänzlich zu verhindern. Bedarf es künftig in diesen Fällen tatsächlich eines vollständigen Gutachtens oder kann es nicht auch als ausreichend angesehen werden, anhand von Lichtbildern der Werkstatt eine Reparaturbegleitung oder eine Kalkulation, die eben kein Gutachten ist (nicht weil man dieses Gutachten nicht will, sondern weil man objektiv das Gutachten hier nicht benötigt), anzubieten? Dies ist nicht vergleichbar mit anderen Systemanbietern, die Produkte anbieten und gleichzeitig davon leben, dass Honorare wie bei einem normalen Gutachten geltend gemacht werden, um der Werkstatt einen entsprechenden Rückfluss zu ermöglichen. Daneben wird es Schäden geben, die den Spezialisten erfordern. Spezialgebiete – auch im Kfz-Sachverständigenwesen – werden Wachstumsraten erzielen und es dürfte relativ sicher sein, dass es zuerst einmal in diesen spezialisierten Fachgebieten keine Auseinandersetzungen über die Höhe des geltend gemachten Honorars geben wird. Machen wir uns nichts vor: Die elektronischen Prozesse in der Schadenbearbeitung führen auch in Zukunft zu einer elektronischen Überprüfung, die allerdings je eher an Grenzen stoßen wird, desto moderner der Fahrzeugbestand wird. Ganz gleich, wer Auftraggeber derartiger Überprüfungen ist, er wird auf Kfz-Sachverständige zurückgreifen müssen und wir werden nicht verhindern können, dass als Auftraggeber auch eine Firma wie Control€xpert agiert, weil wir es selbst versäumt haben, diese Dienstleistung dem Versicherer unmittelbar zur Verfügung zu stellen. Natürlich wird mithilfe eines Unternehmens wie Control€xpert der Geschädigte um berechtigte Ansprüche gebracht. Dies ist aber nicht neu, dies geschah auch früher schon mithilfe von Sachverständigen – sei es der Versicherungswirtschaft, sei es externer Sachverständiger oder auch dank der Zuarbeit von Werkstätten. Umgekehrt galt und gilt dies auch für den Betrug zum Nachteil des Versicherers. In beiden Fällen benötigt man Instrumente, um derartige Abläufe korrigieren zu können. Intelligentes Schadenmanagement aus Sicht der Sachverständigen heißt eben auch, sich Gedanken zu machen, wie derartige Instrumente aussehen könnten. Es ist eben falsch, davon auszugehen, dass der Sachverständige immer der Gegner eine Firma wie Control€xpert ist, sondern der intelligentere Ansatz wäre der Versuch, deutlich zu machen, dass der Sachverständige die bessere Alternative ist – besser deshalb, weil der Sachverständige in einer komplexer werdenden Welt mit hoher Fachkenntnis, Flexibilität und auch unter Zuhilfenahme elektronischer Systeme Schadenabläufe begleiten kann. Wagen wir zum Schluss eine Prognose: In 20 Jahren werden 50 % der heute noch tätigen freiberuflichen Sachverständigenbüros vom Markt verschwunden sein. Von den verbleibenden 50 % werden im Unterschied zu heute nahezu 100 % qualifiziert sein. Auch ohne Berufsbild wird der Sachverständige hochtechnisierter Dienstleister sein. Dabei sollte für alle Beteiligten Folgendes klar sein: - Ein klassisches Schadengutachten kann nicht ersetzt werden durch ein Telegutachten, das darauf basiert, dass das Telegutachten als normales Gutachten abgerechnet wird, um Beteiligten mehr oder weniger offen Zahlungen zukommen zu lassen. BVSK Rundschreiben | Nr. 14 | November 2013 | 11 - Systeme, die letztlich darauf basieren, dass alle Beteiligten davon ausgehen, dass der Systemlieferant Kürzungen ermöglicht, lösen Widerstände aus und sind nicht zielführend (siehe QuickRKÜ). - Übersteigerte Rabattforderungen (Vertrauens¬betriebe mit günstigen Stundenverrechnungssätzen) führen nicht zu einer allgemeinen Reduzierung der Schadenaufwendungen. - Vertrauen ohne Kontrolle wird an Grenzen stoßen. - Fahrzeugtechnik im Bereich Karosserie und Elektronik verlangt neue Qualifikationen. - Das Gutachten muss sich neuen Anforderungen stellen. Elektronik und moderne Werkstoffe bedingen hohen Sach verstand. Reparaturbegleitung wird gefordert. Dies wiederum bedeutet keinesfalls, dass die elektronische Kommunikation nicht ausgebaut werden sollte. Vielmehr wird es darum gehen, zu definieren, in welchen Konstellationen Schadenfälle auch ohne höchstpersönliche Inaugenscheinnahme des Fahrzeuges abgewickelt werden können. In derartigen Konstellationen, die allerdings klar zu definieren sind, kann es durchaus ausreichend sein, dass über externe Dienstleister mithilfe eines neuen Produktes kostengünstig eine Kalkulation erstellt werden kann. Neue Produkte Findet man eine übereinstimmende Produktdefinition, würde es sich relativ schnell um ein Produkt handeln, das von allen Sachverständigen grundsätzlich nach gleichen Qualitätskriterien erstellbar angeboten werden muss. Wird beispielsweise bei einem sehr einfach gelagerten Schaden ein vollständiges Schadengutachten in Auftrag gegeben, würde dies zu einem Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht führen. Die Zahl der Besichtigungen insgesamt – in welcher Form auch immer – ist zu erhöhen. Eine erhöhte Zahl von Besichtigungen muss Auswirkungen auf den Preis des Gutachtens haben. Ansätze in den 90er Jahren, das Produkt Gutachten neu zu definieren, sind aus welchen Gründen auch immer nicht fortgesetzt worden. Zunehmend wir die Fahrzeugelektronik betroffen sein. Sachverständige, die sich in diesem Bereich nicht fortund weiterbilden, können für die Schadenbegutachtung nicht herangezogen werden. Gutachten derartiger Sachverständiger, auch wenn sie in KH-Schäden im Auftrag des Geschädigten erstellt werden, sind für die Regulierung nicht geeignet und daher nicht zu erstatten. * Vortrag anlässlich des ARGES-Bundeskongresses am 14.11.2013 in Darmstadt; Quelle BVSK
Posted on: Wed, 27 Nov 2013 12:17:03 +0000

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