Das Wählen: Vor- und Nachteile Wie so oft im Leben: auch das - TopicsExpress



          

Das Wählen: Vor- und Nachteile Wie so oft im Leben: auch das Wählen hat seine zwei Seiten. Eine gute und eine schlechte. Unterscheiden ist da also nötig. Aber ist es auch möglich? Vorteil: Im Unterschied zu Diktaturen oder den 4 Jahren zwischen den Wahlen gilt zur Wahlzeit: Jeder hat eine Stimme. So kann sich der Mensch wenigstens am Wahltag in einer freien, gleichen und geheimen Wahlkabine bemerkbar machen, wenn schon sonst niemand auf ihn hört. Nachteil: Allerdings hat jeder nur eine Stimme, und die muss er auch noch abgeben. Dabei verliert die Stimme des Wählers in dem Maße an Gewicht, wie andere von ihrem Recht Gebrauch machen und ihren Stimmzettel in die Urne werfen. Vorteil: Der Wähler ist am Wahltag der Souverän. Als solcher erteilt er seinen Wählerauftrag, gleichgültig, ob er es im bürgerlichen Leben nur zum Hilfsarbeiter oder Befehlsempfänger gebracht hat. Das ist kein leerer Wahn. Denn im Unterschied zu Wohngemeinschaft und Arbeitsplatz gibt es in der Welt des Wählers auch noch Leute, die sich um einen Auftrag von wildfremden Leuten balgen, statt sich vor ihm zu drücken: die Politiker aller Parteien. Nachteil: Der amtliche Vordruck für den Wählerauftrag lässt lediglich Raum für jene seltsame, aus dem Umfeld des Analphabetismus bekannte Form der persönlichen Mitteilung: das Kreuz. Was die große Politik künftig macht, kann ein so kleines und beschränktes Zeichen seiner Natur nach gar nicht festlegen. So kann es gar nicht ausbleiben, dass die Parteien, die um den Wählerauftrag buhlen, dann eben selbst entscheiden müssen, wozu sie der Wähler beauftragt hat. Vorteil: Immerhin kann der Wähler mit seinem Kreuz kundtun, welche Parteien und Personen sein blindes Vertrauen verdienen. Nachteil: Die entscheidende Waffe für Wählers Eingriff ins Personenkarussell ist stumpf. Eine Stimme für sich zählt nämlich gar nichts. Es sei denn, sie addiert sich nach dem Zufallsprinzip mit den Wahlkreuzen fremder Zeitgenossen zu x %. Das Regierungspersonal steht damit immer noch nicht fest, lediglich das Gewicht der Parteien bei der Konkurrenz um den Regierungssessel. Am Ende dann, wenn koaliert wird, hören z.B. 40% Rotgrün-Wähler auf eine CDU-Merkel, die sie gar nicht gewählt haben. Fazit: Der Wählerauftrag ist weder ein Auftrag in dem Sinn, noch hat er eine feste Adresse. Der Wähler erteilt anonym der Politik das Recht, ihn durch wen und wozu auch immer, in die Pflicht zu nehmen. Ein Vertrag, der im Geschäftsleben als sittenwidrig gelten müsste, weil er ausschließlich aus dem Kleingedruckten besteht. Vorteil: Wählen heißt immer auch auswählen. Deshalb gibt es im Unterschied zur grauen Einparteiendiktatur einen bunten Parteienpluralismus. Um den Wähler intellektuell nicht zu überfordern, bieten die Parteien ihre Alternativen in griffigen Formeln an: „Deutschland“,„Deutschland vor!“, „Vorwärts mit Deutschland!“ und was der Argumente mehr sind. Nachteil: Das Ergebnis ist immer dasselbe. Deutschland kommt vorwärts, weil die regierenden, vom Wähler beauftragten Parteien nicht eine Leistung für ihn erbringen, sondern eine von ihm fordern. Leistung muss sich nämlich lohnen, für Deutschland, für die Lohnempfänger also nicht. Innerhalb der Demokratie gibt es dazu keine Alternative. Vorteil: Man kann eine Regierung, die einem nicht gefällt, auch wieder abwählen. Vorausgesetzt, man hat genug Zeit und kann die vier Jahre bis zum nächsten Wahltermin abwarten. Nachteil: Die alte Regierung wird der Wähler nur dadurch los, dass er eine neue an die Macht wählt. Von dieser Form des Einspruchs machen die sogenannten Protestwähler gern Gebrauch. Aus Protest über ihre schlechten Erfahrungen mit den letzten Wahlen gehen sie wieder zur Wahl. Der Regierungspartei entziehen sie ihr Vertrauen, indem sie es einer anderen Partei schenken, die regieren will. Vorteil: Ganz aufgeklärte Bürger wissen deshalb an demokratischen Wahlen noch einen Vorzug höherer Art zu schätzen: Sie bürgen für Stabilität. Denn bezüglich des Wahlergebnisses kann ein Wähler einfach nichts falsch machen. Wie auch immer er ankreuzen mag, das sensationelle Wahlergebnis steht schon im Voraus fest: Es wird weiterregiert. Nachteil: Der Wähler kann deswegen auch nichts richtig machen. Wahl hin, Kreuz her: Es wird weiterregiert. Vorteil: Auf Wahlen hat nicht nur jeder Bürger ein Recht. Das Wahlrecht ist gegenüber Kritikern sogar so tolerant, dass man es ausschlagen und den Wahlsonntag mit einem Picknick boykottieren darf. Nachteil: Nicht ausschlagen darf man die Pflichten, die einem von einer gewählten Regierung auferlegt werden. Das wäre intolerant. Wer schon nicht wählen muss, soll wenigstens gehorchen. Wer auf sein Wahlkreuz verzichtet, muss auf eine Regierung noch lange nicht verzichten. Dafür sorgen die Wahlkreuze der anderen. Ein weiterer Einspruch gegen diese demokratische Tradition ist nicht vorgesehen. Wo er sich als Protest auf öffentlichen Plätzen zeigt, heißt er „die Straße“. Und die ist nicht gern gesehen in der reichen BRD, die sich nun wirklich genug Wahlkabinen leisten kann. Artikel der Gruppe “Kein Kommentar” aus Berlin, geschrieben 2013
Posted on: Tue, 24 Sep 2013 12:22:54 +0000

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