Der Protest wird breiter DEMO Nicht nur Studenten gehen auf die - TopicsExpress



          

Der Protest wird breiter DEMO Nicht nur Studenten gehen auf die Straße. Auch Polizisten, Künstler und Erzieherinnen sind dabei. VON JAN-OLE PRASSE UND FELIX KNOTHE HALLE/MZ - Für den Protest schwitzt auch ein Profi-Boxer zur Not einmal mehr als in einem normalen Kampf. Der Eisleber Timo Hoffmann lief bei der gestrigen Demonstration in Halle in vorderster Reihe in einem Bärenkostüm. Seine kleine Tochter hatte er dabei auf dem Arm, die kräftig in die Trillerpfeife blies. "Ich bin heute vor allem für das Theater in Eisleben hier", sagte Hoffmann. "Allerdings würde ich auch sonst auf die Straße gehen, denn die Herren in Magdeburg sparen alles weg." Auch wenn dies eine Dramatisierung der aktuellen Situation sein mag, der Auftritt des Boxers steht symptomatisch für den gestrigen Demonstrationszug durch Halle: Der Protest gegen die Sparpläne des Landes wird breiter. Was von der Universität ausging, ist mittlerweile in den Theatern, den Opern, bei den Gewerkschaften und den Jugendeinrichtungen angekommen. "Wir kämpfen auch Euren Kampf mit wie Ihr den unseren", rief ein heiserer Intendant des Neuen Theaters in Halle, Matthias Brenner, von der Bühne den rund 5 000 Demonstranten auf dem Universitätsplatz zu. Schon bei der Demonstration wurde dieses Motto deutlich. "Wir machen Zukunft: Gegen die Kürzungspläne im Kultur-, Sozial- und Bildungsbereich" stand auf dem Plakat an der Spitze des Zuges. Mittendrin protestierten auch Mitglieder der Gewerkschaft der Polizei. "Wir sind zwar aller Voraussicht nach nicht direkt betroffen", sagte der stellvertretende Landesvorsitzende Uwe Spallek: "Aber aus Solidarität laufen wir mit." Einer fehlt: der Oberbürgermeister Auch die Kinder- und Jugendeinrichtungen in Sachsen-Anhalt machten unter dem Motto: "Ja zur Jugend" bei der Demonstration mit. Darunter Jana Knappe und Vera Lohel, die beide ein großes Plakat für die evangelischen Einrichtungen trugen. Die Landesregierung plant die Jugendpauschale und die Zuschüsse für zahlreiche Beratungsangebote ab 2015 auf Null zu kürzen. "Das würde bedeuten, dass Einrichtungen schließen müssen", sagt Knappe entrüstet, die für das Kinder- und Jugendpfarramt arbeitet. So breit der Protest mittlerweile auch ist, einer fehlt dieses Mal vollkommen: Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos). Er leitete stattdessen den parallel tagenden Hauptausschuss des Stadtrates. Die Enttäuschung über die Haltung des Oberbürgermeisters war deutlich zu spüren. "Er hat uns zwar immer die volle Unterstützung der Stadt zugesagt, aber die volle Unterstützung ist bisher sehr wenig sichtbar", sagte der Rektor der Universität Halle, Udo Sträter, vielsagend. Gerade im Vergleich zu Magdeburg, wo sich Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) lautstark für seine Einrichtungen einsetze, zeige Wiegand eine "bemerkenswerte Zurückhaltung". Auch der Dekan der Medizinischen Fakultät, Michael Gekle, zeigte wenig Verständnis für das Fernbleiben Wiegands. "Ich hätte mir deutlich mehr Schulterschluss gewünscht" sagte er. Zugleich befürchtet Gekle, dass der Oberbürgermeister erst dann an den Protesten aktiv teilnehmen werde, wenn es zu spät sei. "Der Korridor ist mit dem Bericht des Wissenschaftsrates doch schon beschrieben." Es ist nicht die einzige Sorge. In rund zwei Wochen beginnt die Vorlesungsfreie Zeit an den Universitäten im Land. Viele Studenten, vor allem diejenigen aus den westdeutschen Bundesländern - werden bis Oktober nicht in Sachsen-Anhalt sein. "Klar hat man Angst, dass die Proteste abflauen könnten", sagt Barbara Schreier, die am Uniklinikum in der Vorklinik wissenschaftliche Mitarbeiterin ist. Sie wäre vom Vorschlag des Wissenschaftsrates, die Vorklinik von Halle nach Magdeburg zu verlagern, ganz direkt betroffen. Die Befürchtung, dass der Protest mit den Sommersemesterferien zusammenbricht, teilt auch die Musikpädagogik-Studentin Josefine Rabehl. Allerdings macht ihr der jetzt deutlich breitere Protest auch Hoffnung: "Dadurch, dass die Bühnen und Gewerkschaften dabei sind, sollte es gelingen, dass es im September weitergeht", sagt die 23-Jährige, die schon auf der ersten großen Demonstration Ende April dabei war. Allerdings merke sie an ihrem Institut, dass die Protestbereitschaft langsam abflaue. Im Herbst soll es weitergehen Für Unirektor Sträter bietet die Sommerpause aber auch die Möglichkeit der Aufarbeitung. Jetzt gebe es die Möglichkeit, die Vorschläge des Wissenschaftsrates erst einmal zu diskutieren. Dass sich mit den Ferien die Proteste erledigen, glaubt Sträter nicht. "Wenn die Strukturentscheidungen im Herbst getroffen werden, dann sind alle Studis wieder da." Das sieht der Verwaltungsdirektor des Theaters in Dessau, Friedrich Meyer, ganz ähnlich: "Ich habe die Hoffnung, dass es nach dem Sommer nicht weitergehen muss, weil die in Magdeburg zur Besinnung gekommen sind." Aber wenn das nicht der Fall sein sollte, dann werde der Protest natürlich weitergehen, meint Meyer, der an diesem Tag mit 90 Mitarbeitern aus Dessau angereist ist. Sie sind zum ersten Mal gemeinsam mit den Hochschulen auf einer Demonstration. So eindrucksvoll die Breite des Protestes auch sein mag, sie bringt auch Probleme mit sich. Bei der Abschlusskundgebung auf dem Universitätsplatz müssen jetzt alle Bündnisteilnehmer zu Wort kommen. Insgesamt sprechen 14 Redner - von den Gewerkschaften über die Hochschule und den Kinder- und Jugendring bis hin zu Landtagsabgeordneten aller Parteien. Wer dabei zuerst an die Reihe kommt - der Sprecher des Studierendenrates Clemens Wagner - hat noch Glück und bekommt die ungeteilte Aufmerksamkeit. Doch mit fortgeschrittener Zeit lichten sich die Reihen doch deutlich. Der letzte Redner, Rainer Herter vom Hochschulbündnis, darf erst um kurz vor 19 Uhr auf die Bühne. Da verlieren sich nur noch rund 500 Demonstranten auf dem Platz. Das Problem haben auch die Organisatoren erkannt. Das nächste Mal soll es weniger Redner geben. Gastbeiträge, Tweets und Links: mz-web.de/sparen
Posted on: Thu, 04 Jul 2013 05:18:42 +0000

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