Die Essenz der Tragödie Was ist der Unterschied zwischen ‹richtig› und ‹wahr›? Eine Antwort oder vielmehr eine Beobachtung: Das Gegenteil von ‹richtig› ist immer falsch, aber das Gegenteil von ‹wahr› ist selten unwahr, sondern häufig wiederum wahr. So ist es angesichts der durch Nervengiftattacken zitternden Kinderkörper und vermutlich durch Inspekteure bald erhärteter Fakten richtig, militärisch einzugreifen, und falsch, sich auf verbale Noten zu beschränken. Ist es aber wahr? Es ist nicht wahrer als dessen Gegenteil: Nahostkenner sind sich einig, dass nur mit Russland und wohl nur zusammen mit dem iranischem Regime im Nahen Osten Frieden zu erreichen ist. Jetzt, wo das Verbot der Weltgemeinschaft, C-Waffen zu verwenden, gebrochen scheint, könnte es möglich sein, diese so eigenwilligen politischen Kräfte an den Tisch zu bringen. Wie also wird aus dem gordischen Knoten in Nahost, dem Gespinnst aus Hass und Lüge, etwas Wahres? Nicht, indem man das vermeintlich ‹Richtige› tut. Sondern indem wir uns für den Weg entscheiden, bei dem wir bereit sind, dessen Folgen verantwortlich zu ergreifen. In diesem ‹Goetheanum› behandeln wir mit der Frage der Organspende ein Thema, das nicht weniger dramatisch nach dem Wahren, dem verantwortungsvollen Weg fragt. Die Essenz der Tragödie, so der Philosoph Friedrich Hegel, bestehe nicht aus dem Konflikt zwischen Gut und Böse, sondern aus dem Konflikt zweier richtiger Auffassungen. Vermutlich ist es das, was unser Zeitalter tragisch sein lässt, dass man überall – im Persönlichen wie auf der Weltbühne – keinen richtigen, sondern nur einen wahren Weg finden kann. Wolfgang Held (Rückentext der aktuellen Ausgabe)
Posted on: Sun, 01 Sep 2013 08:00:11 +0000
Trending Topics
Recently Viewed Topics
© 2015