East Meets West: Nicht Fisch, nicht Fleisch 23. September 1996 - TopicsExpress



          

East Meets West: Nicht Fisch, nicht Fleisch 23. September 1996 09:17 / em Mit den Fusionen ist es so eine Sache. Einerseits leht Musik — ganz besonders Jazz — von fremden Einflüssen. Andererseits droht die Gefahr inhaltlicher Beliebigkeit, wenn Musikusse nicht, weil’s sozusagen in der Luft liegt, sondern bewusst kalkuliert aus zwei (oder mehr) Ton-Welten eine,neue erschaffen wollen. Kommerziell zugkräftigste Beispiele finden sich in der »Jazzrock«-Schublade; wo die meisten Verschmelzungen doch ziemlich indifferent klingen. Jetzt hieß es im Reutlinger Spitalhofsaal »East meets West«. Bei diesem Konzert-Titel denkt der Triolen-Vielhörer zunächst an Beduinen-Jazz, dann fällt ihm vielleicht die eisige »Jazz-Prinzessin« Aziza Mustafa Zadeh aus dem aserbaidschanischen Baku ein. Die fünf Musiker — zwei »klassisch« geschulte und drei Jazzer — führten rund zwei Stunden lang vor ungefähr 50 Zuhörer eine andere denkbare Variante vor. »East« meinte in diesem Fall romantische Musik aus Russland. Der solistisch einfach glänzende Moskauer Balalaika-Virtuose Alexander Burmistrov und Pianist Heiner Costabel aus Stuttgart bildeten die »ernste« Fraktion, die (den Jazzcluh-Besuchern bestens bekannten) Musiker des »Martin Schrack Trio« waren für die ternäre Rhythmus-Auffassung zuständig. Zuerst gab’s eine getrennte Vorstellung. Die einen spielten einen sibirischen Tanz, die anderen Gershwin in gepflegter Tanztee-Manier. Dann machten sich die beiden »Lager« daran, die Stücke des jeweils anderen zu adaptieren. Das klappte bei einer Polonaise oder dem Stück »An den Ufern der Wolga« recht ansprechend — auch wenn vermutlich nur wenige das ursprüngliche Thema in Martin Schracks schräger Neu-Version heraushören konnte. Später war für den einen das Samba-Getrommel von Schlagzeuger Herbie Wachter zu melancholisch-molligen Akkorden ein Genuss. Eine Reihe weiter vorn zuckte ein Hörer-Paar ob der — wohl als unpassend empfundenen Dynamik-Ausbrüche — zusammen. Im zweiten Konzert-Teil, in dem die zwei Musiker-Gruppen dann nicht nur im steten Wechsel nacheinander, sondern auch zusammen musizierten, war’s nicht nur genauso beliebig wie im ersten, sondern auch noch — zumindest in rhythmischer Sicht — ziemlich schmerzhaft. Die »Klassiker« hatten hier einfach eine komplett andere Denkweise; stellenweise klang’s arg hölzern und bemüht. In diesem Zusammenhang sei wieder mal an die These von Duke Ellington erinnert: »It don’t mean a thing, if it ain’t got that swing — wenn’s nicht swingt’, könnt ihr es gleich vergessen«. Und die Jazzer? Wie auch ihre Partner zeigten Schrack, Wachter und Bassist Thomas Krisch absolute spieltechnische Sicherheit und manch hörenswerten solistischen Einfall. Aber wer die Musiker — vielleicht auch in anderen Ensembles — schon mal in irgendeinem Keller. der Region in ihrem eigentlichen Element erlebt hat, weiss, dass das Trio hier höchstens nur mit halber Kraft spielte. (mpg)
Posted on: Mon, 21 Oct 2013 06:17:20 +0000

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