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Eine meiner Lieblingsgeschichten aus: Tuchgefühl Grenade und das Kopftuch Bibi Lall Muhammad, Australien Zunächst macht sie einen Witz über ihren Vornamen, um es hinter sich zu bringen: „Ich bin eine Muslima und heiße Grenade “, sagt sie zu den Kindern in ihren Klassen. „Also seht euch lieber vor.“ Nachdem sie alle gehörig gelacht haben, spricht sie ihnen den Namen deutlich vor: Gronard. Danach sprechen die Schüler sie auf diese Weise an, wobei sie üblicherweise ein „Miss“ vor das Wort setzen. In Wirklichkeit ist Grenade verheiratet und hat zwei Kinder, doch es macht ihr gar nichts aus, wenn man sie Miss (Fräulein) nennt. „Wenn sie mich als ‚Miss’, sehen“, sagt sie und zuckt dabei mit den Schultern, „dann ist es ganz in Ordnung für mich.“ Sie wurde als Bibi Lall Muhammad in einer kleinen Stadt auf der Insel Mauritius geboren. Ihr Vater, ein Schulrektor, gab ihr zwei Grundsätze mit auf den Weg, nämlich erstens, eine gute Muslima zu sein, und zweitens, eine angemessene Ausbildung anzustreben und so ihre finanzielle Unabhängigkeit sicherzustellen. Ihre erste Anstellung erhielt sie als Stewardess oder Flugbegleiterin, wie man heute sagen würde, bei der Air Mauritius. Dabei entdeckte sie, dass sie ihre Liebe für Literatur mit dem Purser, dem Versorgungsoffizier oder Zahlmeister, teilte, den sie auf einem ihrer Flüge traf. Er konvertierte zum Islam, sie heirateten und entschieden sich, nachdem sie eine ganze Menge von der Welt gesehen hatten, für Australien als Land, in dem sie fortan leben wollten. „Wir waren gleich von Anfang an in Australien verliebt. Dort ist alles so weit und groß und die Menschen zeigen einem sogleich, dass man willkommen ist. Wir haben es niemals bedauert, dieses Land gewählt zu haben.“ Bibi hat inzwischen zwei Jungen zur Welt gebracht, die sich für die Sache des Essendon Fußballclubs erwärmt haben. Wenn die Bomber, wie die Spieler genannt werden, gewinnen, trägt sie in der Schule ein rot-schwarzes Gewand – nämlich eine rote Jacke und einen schwarzen Rock oder einen schwarzen Hidschab mit einer hervorlugenden roten Borte. Bibi schloss ihr Studium an der Universität von Melbourne mit einem Diplom in vergleichender Literaturgeschichte ab. Daran schloss sich ein Diplom in Erziehung in Monash an. Sie bewarb sich sechs Monate lang um eine Stellung als Lehrerin und hatte oft bei den Vorstellungsgesprächen das Gefühl, dass sie ihre Sache gut gemacht hätte. Doch eine Anstellung bekam sie nicht. Wenn sie anrief, um herauszufinden, woran das lag, waren die Ansprechpartner stets zu beschäftigt, um mit ihr zu reden. Schließlich besprach sie die ganze Angelegenheit mit ihrer Schwester, einer Lektorin an der Universität von Mauritius. Die Schwester gab ihr den Rat, die Sache bei dem nächsten Vorstellungsgespräch auf dem Weg über die Religion anzugehen. Das tat sie dann auch. „Bitte beurteilen Sie mich nicht auf Grundlage dessen, was Sie über meine Religion zu wissen glauben“, sagte sie, „sondern beurteilen Sie mich aufgrund meiner Fähigkeiten als Lehrerin. Das war im Jahr 1997. Die Schule hieß Frankston High; dort ist sie bis heute tätig. Als Ken Rowe, ihr erster Schuldirektor und der Mann, der ihr die Anstellung gegeben hatte, in den Ruhestand ging, bedankte sich Bibi für das Vertrauen, das er ihr entgegengebracht hatte. „Sie haben es verdient“, lautete seine Antwort. Bibi sagt, dass sie von dem Augenblick an, in dem sie an der Schule zu arbeiten begann, das Gefühl hatte, Teil der Einrichtung zu sein. Im laufenden Jahr unterrichtet sie Französisch in den Klassen 10, 11 und 12 und Englisch in der 7. Klasse. Der inzwischen dort tätige Direktor betont stets, dass Bibi ein angesehenes Mitglied des Lehrkörpers ist. Er räumt ein, dass die Kollegen befürchteten, es könnte sich nach dem 11.September eine negative Einstellung sowohl in der Schule wie in der umliegenden Gesellschaft bemerkbar machen, aber das ist nicht der Fall ge-wesen. Einmal, als sie gerade die Hofaufsicht hatte, wurde sie von einem 15-jährigen Jungen gefragt, warum sie eine Serviette auf dem Kopf trage. „Wenn du das wirklich wissen willst, dann frage mich auf höfliche Art und Weise“, antwortete sie. Dann forderte sie ihn auf, mit ihr ein Stück zu laufen und sagte: „Du musst sehr reich sein, also aus einem Haus kommen, in dem seidene Servietten in Gebrauch sind.“ Die Servietten der Familie seien keineswegs aus Seide, erwiderte der Junge, woraufhin sie ihm erlaubte, ihren seidenen Hidschab mit den Fingern zu berühren. „Die Menschen in Australien sind sehr fair“, sagte sie. „Wenn sie Vorurteile haben, dann liegt das daran, dass sie nicht anderen Kulturen oder Einflüssen ausgesetzt waren.“ Die Schule Frankston High hat eine französische Schwesterschule in Orleans, die sie alle zwei Jahre besucht. Im Jahr 2001 sollte eine Gruppe am 15. September aufbrechen. Der Terroran-schlag, der unter dem Begriff 11. September bekannt geworden ist, geschah am Dienstag, am Donnerstag trafen sich Lehrer, Eltern und Schüler, die an der Reise teilnehmen sollten, um zu beschließen, ob es tatsächlich angebracht sei, loszufahren. Bibi bot an, auszuscheiden und sagte, ihr Hidschab könne der Gruppe Schwierigkeiten bereiten. Niemand war damit einverstanden. Eine der anwesenden Frauen, deren Kinder Bibi fünf Jahre lang unterrichtet hatte, meinte: „Bibi, ich habe meiner Tochter aufgetragen, Seite an Seite mit dir zu gehen und dich dabei an der Hand zu halten, um so zu beweisen, dass wir in Australien keine Rassisten sind.“ Da konnte Bibi nur mühsam ihre Tränen unterdrücken. In Paris fragte sie eines der Kinder: „Wie kommt es, dass Sie all diese Leute kennen?“ Sie wurde nämlich ständig von Muslimen, die an ihnen vorübergingen, angesprochen. Seit dem 11. September sind ihr wegen ihres Hidschabs dreimal Schimpfworte auf der Straße nachgerufen worden. Sie sagt, dass es sie am schlimmsten verletzt, wenn ihre Kinder bei ihr sind, weil diese Schimpfworte unvermeidlicher Weise von Lästerungen begleitet werden. Ihre Kinder wundern sich: „Warum sagen diese Leute so etwas zu dir?“, und sie antwortet: „Weil sie ungebildet sind.“ Einmal wurde sie im Supermarkt von einer Frau angesprochen, die behauptete, sie betrachte Bibis Hidschab als eine Beleidigung und sei der Meinung, dass sie sich zur Sklavin ihres Mannes gemacht habe. Als Bibi zurückkam in die Schule und den Vorfall einer ihrer Kolleginnen, einer Frau von etwa 30 Jahren, erzählte, erwiderte diese ungläubig: „Aber Bibi, du bist eine der am wenigsten unterwürfigen Frauen, die ich je getroffen habe.“ Na ... neugierig geworden? Mehr davon findet ihr in Tuchgefühl. Fatima Grimms Erzählband mit Geschichten mit und ohne Kopftuch von Schwestern aus aller Welt mit viel Herz erzählt. Viel Spaß beim Lesen Eure Iman Mohamed
Posted on: Mon, 02 Dec 2013 12:12:55 +0000

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