Ganz allein Es war wundervoll. Einfach fantastisch. Ein ganzes - TopicsExpress



          

Ganz allein Es war wundervoll. Einfach fantastisch. Ein ganzes Wochenende nur für sich allein! Sie machte mit ihrem Fuß Wellen in der Wanne. Konnte man sich etwas Besseres vorstellen, als, umgeben von wunderbar heißem Wasser, in der Badewanne zu liegen und ein gutes Buch zu lesen? Wie himmlisch! Ihre Eltern waren, seitdem die Schulferien der "Kleinen", wie sie ihre beiden Brüder immer im Geiste nannte, obwohl die größer als sie waren, begonnen haben, zu Verwandten nach Baden-Baden gefahren, natürlich mit ihren Brüdern. Sie war, weil sie die Älteste war und eine Ausbildung machte, leider zuhause geblieben. Wie göttlich! Die Woche über war sie in der Berufsschule gewesen, doch im Moment war Wochenende. Und sie hatte das Haus ganz für sich allein. Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Es war einfach toll. Das würden zwei Tage Entspannung pur werden. Der Tag hatte schon so gut begonnen, da blieb ihm gar nichts anderes übrig, als weiterhin so gut zu bleiben.Seit langer Zeit hatte sie heute morgen wieder einmal ausgeschlafen können, und nicht so wie unter der Woche, um fünf Uhr in der Früh aufstehen müssen. Sie war um acht aufgewacht, war noch eine halbe Stunde in ihrem Bett liegen geblieben, bis sie schließlich hungrig wurde. Wieder stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Sie hatte förmlich Heißhunger verspürt. Also war sie aufgestanden und hatte sich ein Marmeladenbrot geschmiert. Quitte. Danach noch eins. Waldbeere. Letztlich noch eins, aber dann war sie satt gewesen. Den restlichen Tag hatte sie rumgelümmelt, wie ihre Mutter das genannt hätte. Vor dem Fernseher gehangen, um "Star Trek" zu schauen, ein wenig auf dem Klavier gespielt, Musik von ihren Cds gehört und zu Essen gemacht, was ihr schmeckte. Jetzt, am Abend, lag sie in der Wanne und las in ihrem Buch.Es war herrlich entspannend. Das warme Wasser umströmte ihren kleinen Körper, während sie einen Schluck heißer Schokolade zu sich nahm. Sie lag bereits eine Stunde in der Badewanne, es wurde Zeit für sie rauszukommen. Sie legte das Buch weg und rutschte komplett ins Wasser. Mit ihren einen Meter sechzig war das kein Problem in der großen Wanne. Außerdem war sie eine Wasserratte, obwohl sie nicht gerade danach aussah. Sie tauchte wieder auf und begann sich zu waschen. Zuletzt waren ihre langen kastanienbraunen Haare dran. Schließlich stieg sie aus der Badewanne, trocknete sich ab und schlüpfte in ihren Bademantel. Hatte sie gerade ein Geräusch gehört? Es schien von unten gekommen zu sein, aus dem Erdgeschoss. Sie öffnete leise die Tür und lauschte ins Dunkel. Sie konnte nichts hören. Wahrscheinlich war es nur eine ihrer Katzen. Lächelnd schloss sie wieder die Tür. Sie bildete sich das nur ein. Abgesehen von ihr war niemand zuhause und die Haustüren waren abgeschlossen. Sie betrachtete sich im Spiegel. Ihre großen haselnussbraunen Augen leuchteten. Das erste, was den Leuten bei ihr auffiel, waren immer schon ihre Augen gewesen. Einmal hatte sogar jemand gesagt, in solchen Augen, wie den ihren, könne man einen Blick in ihr Innerstes werfen. Man könne erkennen, wie fantasievoll sie sei. Sie konnte das zwar nicht nachvollziehen, wie die Leute darauf kamen, aber es gefiel ihr. Sie ließ ihre Haare an der Luft trocknen. So waren sie ihr am Liebsten: frisch gewaschen und trocken, so dass ihre Naturlocken voll zur Geltung kamen. Wieder drang ein Geräusch von unten herauf. Was war das bloß?Sie öffnete die Tür und lauschte erneut. Nichts. Sie bekam eine Gänsehaut. Der Lichtschalter war am Ende des Ganges, direkt an der Treppe. Barfuß tapste sie vorsichtig auf dem Teppich, immer den Blick in Richtung Treppe, zu ihrer Linken. Warum hatte sie nur das Licht ausgemacht? Langsam näherte sie sich dem Schalter. Sie versuchte, so leise wie möglich zu sein und atmete durch den Mund. War da unten gerade ein Schatten aufgetaucht? Sie erstarrte in ihrer Bewegung. Ihr Herz schlug schneller und Angstschweiß stand ihr auf der Stirn. Sie kniff die Augen zusammen, um den Schatten besser erkennen zu können. Behutsam machte sie einen Schritt zum Lichtschalter hin. Sie war höchstens noch einen Meter entfernt. Hatte sich der Schatten eben bewegt? Oder spielte ihr ihre Einbildung nur einen Streich? Wieder stand sie regungslos da. Ihre Gänsehaut kribbelte. Wie sagt der Volksmund so schön, dachte sie sich, eben ist Dir eine Gans übers Grab gelaufen. Beruhige Dich endlich, Sarah, selbst wenn jemand da wäre, Du bist eine wehrhafte Frau. Sie hatte vor einigen Jahren begonnen, Judo zu erlernen und hatte bereits den braunen Gürtel. Doch sie wusste nicht, ob ihr das in dieser Situation weiterhalf. Das einfachste wäre jetzt, überlegte sie sich, "Hallo?" zu rufen. Aber sie brachte keinen Ton über die Lippen.Sehr bedächtig tastete sie sich an den Lichtschalter heran. Jetzt werden wir ja sehen, ob da unten wer ist oder nicht, Sarah. Sie betätigte den Lichtschalter. Das Licht blieb aus. Ich glaube jetzt, Sarah, ist es an der Zeit, "Oh-Oh" zu sagen! Sie betätigte nochmals den Kippschalter. Das Licht war immer noch aus. Sie war sich nicht sicher, ob sie zurück ins Bad gehen und sich einschließen sollte. Schließlich konnte dort unten Was-weiß-ich-wer herumspuken. Andererseits war sie inzwischen ein großes Mädchen, das sich eigentlich nicht von dergleichem Spuk erschrecken lassen sollte. Und sie hatte die Verantwortung fürs Haus. Es war wahrscheinlich ohnehin nur die Katze. Hoffte sie zumindest.Notgedrungen ging sie vorsichtig die Treppe hinunter. Sie versuchte, auf einmal den gesamten Raum zu überblicken. Dennoch konnte sie niemanden ausmachen. Plötzlich erklang wieder dieses Geräusch. Ihr Atem beschleunigte und ihre Nackenhaare sträubten sich. Das Geräusch klang, als ob sich etwas Großes, Schleimiges bewegen würde. Und es klang sehr nahe. Also wirklich, Ute, jetzt geht mit Dir aber die Fantasie durch! Etwas Großes, Schleimiges! Was für ein Unsinn! Aber warum fürchtete sie sich dann so? Sie ging langsam die Treppe hinunter.Links von ihr stand die Kellertür offen. Merkwürdig, heute Mittag war sie noch geschlossen gewesen. Sie konnte sich nicht erklären, warum sie jetzt offen sein sollte. Sie hielt sich am Geländer fest. Die einzige Möglichkeit wäre...dort unten ist jemand! Aber es war zu dunkel, um etwas erkennen zu können. Sie ließ die Treppe hinter sich und näherte sich der Kellertür. Sie schien ihre Furcht abgeschüttelt zu haben. Vorsichtig linste sie hinein.Ihre Augen erblickten Dinge, die sie nicht mit ihrem Verstand ausmachen konnte. "Oh mein Gott!" war das letzte, das sie von sich gab. Sie schrie. Ein hoher, in den Ohren schmerzender Ton. Etwas Gewaltiges bewegte sich dort unten. Eine Art gewaltige Made, die sich durch die Kellerwand gegraben hatte und dort unten alles mögliche vertilgte, so dass ein unmögliches Chaos herrschte. Das Geräusch stammte von ihrem fetten, aufgedunsen Körper, der sich hin und her bewegte. Ihre kleinen schwarzen Augen starrten sie an. Unablässig bewegte sich ihr Maul, das fraß, und ihr Hinterleib, der riesige Eier legte, aus denen fast sofort ebenso abstoßende Madenkreaturen krochen. Sie schrie noch immer und konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Eines dieser Jungtiere kroch die Treppe zu ihr herauf. Direkt auf sie zu!Sie erwachte schreiend. Sie war wieder in ihrem Bett. Es war wieder Morgen. Ihr Bettzeug war von dem Alptraum, den sie hatte, nassgeschwitzt. Ihr Herz schlug immer noch heftig. Es war alles wieder in Ordnung. Sie hörte auf zu schreien. Aber was waren das für Geräusche vor ihrer Tür? Mit großen Augen starrte sie die Tür an. Sie strampelte die Decken von ihrem Körper und stand aus ihrem Bett auf. Sie hatte eine Panikattacke. Langsam griff ihre Hand zur Türklinke. Einen Moment stand sie so, dann riss sie die Tür auf.Die Made war wieder da. Die gewaltige Made kroch mit ihren Kindern auf sie zu. Irgendetwas in ihr zerriss bei diesem Anblick. Sie schrie, schrie nur noch. Sie bemerkte nicht mehr, wie sie von den kleinen Maden an den bloßen Füßen angenagt wurde, oder wie diese Maden anschließend der riesigen Muttermade den Weg frei machten, um ihr den saftigsten Teil von ihr zu überlassen.
Posted on: Sat, 03 Aug 2013 01:51:19 +0000

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