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Gefunden bei Edith Laurent-Neuhauser - Ausschnitt aus *die Briefe meiner Mutter* Meine Oma und auch meine beiden Tanten, hatten Blumen- und Gemüsestände auf dem Markt. Die Omi verkaufte fast nur Gemüse, die eine Tante auch und die Tante Margarete, die hatte einen großen Blumenstand. Wenn die Mama und ich also in der Stadt unterwegs waren, mussten wir über diesen Platz gehen und wie das so ist mit der Verwandtschaft, man sagt Hallo. Mit der Zeit wurde mir das natürlich sehr langweilig. Da wurde über Gott und die Welt, geredet, aber das alles interessierte ein kleines Mädchen wie mich natürlich kein bisschen. Meine Cousine, die Tochter der Gemüsetante, gehörte praktisch auf den Markt und da wir Beide ja noch nicht zur Schule mussten, durfte sie dort den ganzen lieben langen Tag, machen was sie wollte. Sie kannte sich eben aus, in der großen Stadt. „Na, soll ich dir die Stadt zeigen?“ fragt sie mich. „Ich glaube das darf ich nicht, die Mutti erlaubt mir das bestimmt nicht“. Ich brauche erst gar nicht zu fragen, denn ich kenne die Vorsicht meiner Mama sehr gut. „Feigling, ich wusste dass du eine Memme bist“, ärgert mich das Cousinchen. Ja und bitte wer will denn eine Memme sein, ich wollte es nicht. „Ich kenne jeden hier, du brauchst keine Angst zu haben, wirklich! Los komm, wir fragen gar nicht, bis die mit ihrer Unterhaltung fertig sind, sind wir längst wieder zurück“. OK denk ich, sie kennt sich aus und wenn ich frage, lerne ich die Stadt nie kennen, auf jeden Fall nicht das, was mir meine Cousine zeigen will. Sie nimmt mich an die Hand und wir wühlen uns durch die Menschenmenge. So viele Menschen, wo kommen die bloß alle her? An Muttis Hand kam ich mir nie so klein und allein vor, wenn ich durch solche Massen gehen musste. Es muss wohl daran gelegen haben, dass ich mich, wie an einer Leine, sicher bei ihr gefühlt habe, Angst hatte ich nämlich nie. Irgendwann, ich hatte das Gefühl ganz lange gelaufen zu sein, lässt meine Cousine, meine Hand los und rennt zurück. Ich höre noch heute ihr höhnisches Lachen. Nun steh ich da mit meinen fünf Jahren, ganz mutterseelenallein. Angst hüllt mich ein und ganz langsam machen sich Tränen auf den Weg zu meinen Lippen, schmecken süß-salzig, weil ich ja noch die Rest des Eises in den Mundwinkeln habe. „Wo willst du denn so allein hin, Kleines?“, fragt mich eine große Dame, die einen kleinen Fuchs um den Hals hat. Am liebsten würde ich den Kopf, dieses niedlichen rotbrauen Tierchens, streicheln oder die Pfötchen anfassen, aber das wage ich natürlich nicht. Niemals sage ich der Frau wo ich hin will. Die Mama hat mir immer wieder gesagt, man darf keinem erzählen wo man wohnt und wie man heißt, weil es so viele böse Menschen gibt, die so kleine niedliche blonde Mädchen einfach klauen und mit nehmen und dann müssen die Kinder auf dem Rummelplatz arbeiten und Lose verkaufen. Wobei mich die Lose natürlich sehr interessieren würden. Ich habe auch schon mal etwas gewonnen, aber nur einen kleinen Schokoladenlutscher und dabei liegen in dem hohen Wagen jede Menge Löwen aus ganz weichen Plüsch, Prinzessinnen-Puppen, oder auch ganz große Teddybären. Mama hat damals gesagt, „Schätzchen man kann nicht immer Glück haben“, klar habe ich ein bisschen geweint, aber dann habe ich doch den Lolli gegessen. „Komm sag mir, Schätzchen wo du hinwillst“, die Dame streicht mir ganz liebevoll die Locken aus dem Gesicht und schaut sich hilflos um „Kennt denn jemand dieses kleine Mädchen, sie muss sich verlaufen haben, aber sie sagt nichts. Wo ist denn deine Mutti oder dein Papa, nun sag doch was“. Ich sage natürlich nichts, denn wer einen Fuchs um den Hals hat, der braucht sicher auch ein kleines Mädchen und wenn sie mich mitnimmt, dann sehe ich meine Eltern nie wieder und das wäre so was von schrecklich. Mein Tränen werden immer mehr und mein Schluchzen tut im Hals ganz weh. „Das ist die Kleine vom Markt, die Enkeltochter von der Gemüsefrau. Wie kommst du denn hierher, na wenn das deine Mama wüsste. Du kannst doch nicht einfach so weit vom Markt weg laufen.“ Der große Mann schaut mich nicht gerade freundlich an, aber er scheint die Oma zu kennen und das ist schon mal ein gutes Zeichen. „Ich habe die Mutter eben noch am Stand gesehen, ich habe zwar einen anderen Weg, aber die kleine Ausreißerin bringe ich erst mal wieder zurück“. „Wissen Sie“ sagt da die Dame „ich komme lieber mit, dann weiß ich, dass die Kleine wieder gut bei ihrer Mama angekommen ist. Das würde mich schon sehr beruhigen“. Es sieht so aus, als wollte sie mich doch nicht mitnehmen, das macht mir Mut und ich erzähle ihr nun, wie ich heiße und dass meine Mama gar keinen Marktstand hat, sondern die Tanten und die Oma. Der große Mann und die feine Dame haben mich in die Mitte genommen und ich habe meine Händchen dann doch noch vertrauensvoll, in die große raue Pranke, des Herrn und in die streichelweiche Hand, der Frau gelegt. Es dauerte schon noch eine ganze Weile, bis wir endlich an dem großen und voller Menschen wimmelnden Platz angekommen waren. „Schätzchen, ja wo warst du denn, wir haben dich überall gesucht, du bist einfach weggelaufen hat die Bärbel gesagt, das darfst du doch nicht. Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Kleines mach das nie, bitte niemals wieder“. Die Mama wischt sich über die Augen und drückt mich ganz fest. „Mami, ich bin nicht weggelaufen, die Bärbel….“ „Nun lass gut sein“, sagt die Oma, mit strengem Blick, und weil der Blick nun gar nicht so liebevoll ist, bin ich lieber ruhig, denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass meine Cousine das alles ein bisschen anders dargestellt hat. Wichtig ist mir auch nur, dass ich meine Mama wieder habe und eines weiß ich natürlich auch ganz genau, ich will diese Stadt sicher nicht mehr erkunden, auf jeden Fall nicht mit einer Cousine, die so klein wie ich und doch schon so böse ist…….. (C) Ute AnneMarie Schuster..
Posted on: Thu, 28 Nov 2013 08:14:31 +0000

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