Höhere Beamte gehen leer aus Düsseldorf(WB/rb). Die umstrittene - TopicsExpress



          

Höhere Beamte gehen leer aus Düsseldorf(WB/rb). Die umstrittene doppelte Nullrunde für höhere Beamte in NRW 2013 und 2014 kommt. Das hat der Landtag mit rot-grüner Mehrheit beschlossen. Zudem erhalten Beamte in den Besoldungsstufen A 11 und A 12 nur ein Prozent mehr Geld. Verbände und die Opposition wollen klagen. Seite 2: Hintergrund Nullrunden beschlossen Höhere Beamte und Opposition kritisieren Landtagsbeschluss zur Besoldung Düsseldorf (WB). NRW bleibt hart, obwohl Hunderte Staatsdiener gestern symbolisch ihr letztes Hemd vor dem Landtag aufhängten: Mittlere Landesbeamte werden 2013 und 2014 nur zur Hälfte an Tariferhöhungen beteiligt. Für die Besoldungsstufen A 13 und höher gibt es zwei Nullrunden. Von Reinhard Brockmann Das wurde in einer turbulenten Landtagssitzung mit den Stimmen von SPD und Grünen beschlossen. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) erklärte, die von der Verfassung gebotene Schuldenbremse erlaube nicht die vollständige Übertragung des Tarifabschlusses für Angestellte auf die Beamten. Ein Studien- oder Regierungsrat mit der Besoldungsstufe A 13 verdiene künftig statt 15,5 nur noch knapp zehn Prozent oder 5400 Euro im Jahr mehr als ein vergleichbarer Angestellter. Begleitet von Demonstrationen vor der Tür geriet Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) unter politischen Beschuss. CDU-Oppositionsführer Karl-Josef Laumann warnte: »Sie laufen sehenden Auges in den nächsten Verfassungsbruch.« Er mahnte: »Sie reden immer von guter Arbeit und fassen dann einen Basta-Beschluss, den wir alle in der freien Wirtschaft so nicht wollten.« Laumann beklagte, dass es keine Gespräche mit den Betroffenen gegeben habe. Auch fehle ein umfassendes Sparkonzept. Laumann an Kraft: »Die Arroganz der Macht hat Sie erreicht.« Rainer Priggen, Grünen-Chef im Landtag, verbat sich Krokodilstränen bei CDU und FDP. Beide Parteien verlangten weniger Schulden, leisteten sich aber bei jeder konkreten Sparmaßnahme einen schlanken Fuß. Er verstehe die »merkwürdige CDU-Mathematik« nicht mehr, sagte Priggen, die nach saarländischem Muster zehn Prozent der Stellen einsparen wolle, deren Wahlversprechen im Bund das Land aber mit 2,8 Milliarden Euro belasteten. Deutschland sei in einer exzellenten wirtschaftlichen Verfassung, sagte FDP-Fraktionschef Christian Lindner. Die IG Metall habe eine Tariferhöhung von 5,6 Prozent ausgehandelt, im Schnitt stiegen Löhne um 2,8 Prozent. Seine Fraktion wolle eine Übertragung der Abschlüsse auf alle Landesbeamten. Mit Gejohle und »Hört, hört«-Rufen reagierten die in die Defensive gedrängten Abgeordneten von SPD und Grünen, als Lindner sagte: »Niemand (in der FDP) hat die Übertragung eins zu eins gefordert.« Beamtenbund, Richter und Lehrergewerkschaften kündigten nach CDU und FDP eigene Klagen gegen das Gesetz an. NRW-Philologenchef Peter Silbernagel warf der Landesregierung vor, es fehlten Maßstab und Verhältnismäßigkeit. Seite 4: Leitartikel Das Ende allen Umverteilens Von Reinhard Brockmann Keine Frage: Alle Beamten, die gestern symbolisch ihr letztes Hemd vor dem Landtag aufgehängt haben, verfügen daheim über mindestens zwei weitere Oberhemden, Krawatten und Jacketts. Die mittleren und höheren Staatsdiener werden auch künftig ohne Ärmelschoner auskommen, obwohl sie im Zeitraum von 2005 bis 2014 bei Besoldungsanpassungen fünfmal fast oder ganz leer ausgegangen sein werden. Die Debatten vor und im Landtag drehten sich allerdings keineswegs um ein Luxusproblem, sondern schlicht und einfach um Gerechtigkeit, angemessene Bezahlung für anständige Arbeit und die in NRW ständig strapazierte Landesverfassung. Normenkontrollklagen der Opposition, die juristischen Schritte der Verbände und die Musterklagen einzelner Betroffener, bei denen sogar der Landesfinanzminister mithelfen möchte, werden die rechtliche Seite klären. Bis zum Urteil in Münster dürften zwei Jahre ins Land gehen. Kurioserweise werden die Verfassungsrichter dort über ihre eigene Nullrunde befinden müssen. Wie auch immer. Selbst wenn am Ende Nachzahlungen anstehen sollten, ist der Ärger für die rot-grüne Landesregierung immens. Wie konnte der Ministerpräsidentin ein so fundamentaler Stockfehler im Regierungsgeschäft unterlaufen? Bislang galt Hannelore Kraft als Lichtgestalt, gestern lauteten die Parolen vor dem Landtag: »Das letzte Hemd für Lügenhanni«. Was also läuft so schrecklich schief? Keine drei Monate vor der Bundestagswahl muss die Landesmutter spießrutenlaufen, egal vor welcher Behörde sie auftaucht. Ganz einfach: Kraft ist Opfer ihrer eigenen politischen Botschaft. Die Überzeugung, dass starke Schultern mehr tragen können als schwache, kommt gut an, solange sich die Zuhörer als Nehmer, nicht als Geber verstehen dürfen. Längst wird auch in der Mitte der Gesellschaft kräftig abkassiert. Die politische Mechanik, wonach man oben nehmen kann, um unten zu geben, hakt nach Jahren permanenter Umverteilung. Längst reicht die zuerst von Gregor Gysi proklamierte Millionärssteuer nicht mehr aus, um all die Versprechen weiter unten im Volk zu bezahlen. Auch SPD und Grüne schmücken die insgesamt sieben Steuer- und Abgabenerhöhungen in ihren Wahlprogrammen damit, dass 90 Prozent der Bürger davon nicht betroffen seien. Die Realität sieht anders aus. In NRW beginnt der Zwangsabzug bei 2700 Euro Eingangsgehalt. Die grüne Forderung nach Verzicht auf das Ehegattensplitting trifft bestimmte Seniorenpaare mit weniger als 2000 Euro Rente, und das Abkassieren per Stromrechnung findet ohne jede Sozialstaffel statt. Das ist es, was die Menschen ärgert und sich mit Grausen von der Politik abwenden lässt. Und dabei ist noch nichts über die Verschuldung der künftigen Generationen ausgesagt, während die Heutigen mit den höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten nicht zurechtkommen. Westfalen-Blatt vom 11.07.2013
Posted on: Thu, 11 Jul 2013 03:25:20 +0000

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