Jemand fragt nach, wie er mit einem, wie er meint, sehr - TopicsExpress



          

Jemand fragt nach, wie er mit einem, wie er meint, sehr persönlichen Text umgehen soll - auch wegen der darin noch genannten anderen Personen. Er möchte sich und die anderen schonen und den Text, den er mit viel Herzblut geschrieben hat, lieber nur privat herum reichen. Die Autorin des Achillesromans konfrontiert ihn mit ihren Überlegungen zu diesen Fragen, und antwortet im Sinne der salvatorischen Klausel ihres Romans, die bekanntlich lautet: "Ähnlichkeiten mit den real genannten Personen sind ein Irrtum oder verdanken sich meiner Willkür." Tatsächlich glaube ich, dass man sich als lebender Mensch leichter von einer öffentlich bekannten Kunstfigur, selbst wenn sie den eigenen Namen trägt, distanzieren kann, als von etwas, das privat als "die Wahrheit über" hinter vorgehaltener Hand herumgereicht wird, ohne dass man auch nur davon erführe. In diesem Sinne habe ich eine pseudonymisierte oder mit Klarnamen versehene öffentliche Fiktionalisierung von Geschichten schließlich für verantwortlicher gehalten als "private Verbreitung" der Ergebnisse vermeintlich investigativer Erforschung persönlicher Leben. Es gilt auch hier: die Öffentlichkeit meiner Äußerungen zwingt mich immerhin zu dem Mindestmaß an Verantwortung, das darin besteht, meine Wahrnehmung und Beschreibung und Überformung der Wirklichkeiten zwischen mir und den anderen als meine zu kennzeichnen. Literatur bietet den Zwischenraum, in dem "Wahres" so gesagt werden kann, dass es ganz wahr ist und die Betroffenen doch ganz frei lässt. Gute Literatur jedenfalls leistet genau das.
Posted on: Mon, 05 Aug 2013 16:39:17 +0000

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