Keine gute Empfehlung für Vegetarier und 45 Minuten wirklich - TopicsExpress



          

Keine gute Empfehlung für Vegetarier und 45 Minuten wirklich harte Kost. Minuten, in denen die beiden NDR-Autoren Marius Meyer und Michael Nieberg mit ihrer Dokumentation "Lohnsklaven in Deutschland. Miese Jobs für billiges Fleisch" zu vorgerückter Stunde im ARD-Programm ein wenig den dicken Mantel anheben, der über das, was in deutschen Schlachthöfen passiert, gelegt wurde: daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/swr/24062013-die-story-im-ersten-lohnsklaven-in-deutschland-100.html. »Das NDR-Team hat sich vor allem im Landkreis Vechta bei Bremen umgesehen und stieß auf dramatische Schicksale. Menschen, die mit den immer gleichen Versprechungen nach Deutschland gelockt wurden: hoher Lohn, Sozialversicherung, eine gute Unterkunft. Die Realität sieht aber oft anders aus. Die Arbeiter bekommen deutlich weniger Lohn als versprochen. Nach einem Monat harter Arbeit bekommen sie nur wenige hundert Euro ausgezahlt. Sie werden mit vielen anderen Arbeitern in heruntergekommenen Häusern eingepfercht und müssen ständig auf Abruf bereit sein. Wer sich verletzt oder krank wird, muss fürchten, gefeuert und in sein Heimatland zurückgeschickt zu werden. Wer diese Zustände kritisiert oder nur nach einem schriftlichen Arbeitsvertrag fragt, wird bedroht,« kann man der redaktionellen Zusammenfassung der Dokumentation entnehmen. Es geht um (Schein-)Werkverträge, um Subunternehmertum - aber eigentlich geht es in dem Beitrag um Menschenhandel und organisierte Kriminalität. Man muss es so deutlich benennen. Darin liegt zugleich - bei aller Eindrücklichkeit des Beitrags - eine Gefahr: Dass der eine oder die andere sagen oder zumindest denken wird, dass das ein sicher schlimmer, aber eben ein Einzelfall einer Schmuddel-Branche sei, dass man die Rumänen bedauern müsse, aber irgendwie der normale Arbeitnehmer davon nicht betroffen ist. Das exotisch Daherkommende ist oftmals der Feind des Normalen, des Durchschnittlichen. Deshalb soll hier der Fokus, bei allen interessanten Aspekten, die sich um Umfeld des Themas der Dokumentation auftun, der Blick auf eine arbeitsmarktliche Normalität geworfen werden, die von einzelnen Unternehmen oder einzelnen Branchen absieht und auf eine höhere Ebene verweist: Die Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland insgesamt. In regelmäßigen Abständen legt das Institut Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen (iaq.uni-due.de) eine Zahlendarstellung zur Niedriglohnbeschäftigung vor - die aktuellste Auswertung bezieht sich auf das Jahr 2011 und wurde im Umfeld der Dokumentation über die "Lohnsklaven" veröffentlicht. Wer den gesamten Report lesen möchte, der kann sich den hier als PDF-Datei abrufen: Kalina, Thorsten und Weinkopf, Claudia (2013): Niedriglohnbeschäftigung 2011: Weiterhin arbeitet fast ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland für einen Niedriglohn (= IAQ-Report Nr. 2013-01) Duisburg: iaq.uni-due.de/iaq-report/2013/report2013-01.pdf. In einer Pressemitteilung des IAQ (iaq.uni-due.de/aktuell/presse/2013/130624.php) bekommen wir einige ausgewählte Befunde aus der Studie präsentiert, die zugleich auch gut die Umrisse des Problems ausleuchten: »Trotz guter Marktlage arbeiteten im Jahr 2011 knapp 8,1 Millionen Beschäftigte in Deutschland für wenig Geld. Weiterhin ist fast jeder Vierte (23,9 Prozent) von Niedriglöhnen betroffen. Die durchschnittlichen Bruttostundensätze im Niedriglohnsektor liegen mit 6,46 Euro in West- und 6,21 Euro in Ostdeutschland immer noch weit unter der bundeseinheitlichen Niedriglohnschwelle von 9,14 Euro ... Fast 3 Millionen Beschäftigte verdienten im Jahr 2011 weniger als 6 Euro pro Stunde ... Selbst von den Vollzeitbeschäftigten hätte gut jede/r Achte (insgesamt 2,75 Millionen) bei Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro Anspruch auf eine Erhöhung. Im Vergleich zu 2001 ist das Niedriglohnrisiko besonders stark für Ausländer, Männer, befristet Beschäftigte sowie unter 25-Jährige gestiegen. Deutlich erhöht hat es sich im Vergleich zum Jahr 2001 auch für jene mit abgeschlossener Berufsausbildung und für Vollzeitbeschäftigte ... Minijobber haben weiterhin das höchste Risiko: 71,2 Prozent von ihnen arbeiteten 2011 für niedrige Stundensätze. Sie stellen mit 36 Prozent auch einen beachtlichen Anteil aller Niedriglohnbeschäftigten in Deutschland. Auch bei weiteren Arbeitnehmerrechten werden Beschäftigte in Minijobs vielfach massiv benachteiligt: Oftmals gibt es Geld nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden, während bei Urlaub, Krankheit und Feiertagen häufig keine Lohnfortzahlung gewährt wird.«
Posted on: Mon, 24 Jun 2013 21:57:04 +0000

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