OPTIMISMUS DER VERGANGENHEIT: Was geschehen ist, bleibt! Ich - TopicsExpress



          

OPTIMISMUS DER VERGANGENHEIT: Was geschehen ist, bleibt! Ich spreche bei Gelegenheit gerne von einem „OPTIMISMUS DER VERGANGENHEIT“und beleuchte hiermit die Tatsache, dass nicht nur die Fehler, die einer begangen hat, die moralischen Verfehlungen der persönlichen Existenz oder jede Art von Schuld, aus der Vergangenheit nicht mehr herauszuholen sind, was bei der Versagensbewältigung in der Selbstbesinnung eine große Rolle spielt, sondern dass auch ALLES Gute und Wert.volle, das in einem mensch.lichen Leben vollbracht wurde, UN.AUSTILGBAR UND UN.VERLIERBAR IN DER VERGANGENHEIT VERANKERT ist. Hat ein Mensch seine Aufgaben erfüllt, Freuden erlebt, sein Päckchen an Leiden tapfer durchgestanden, Schuld durch Reue und innere Reife „abgetragen“, dann ist all dies in die VERGANGENHEIT, quasi in die „EWIGKEIT HINTER IHM", eingegangen, es ist s e i n s, es kennzeichnet s e i n Leben, d.h. sowohl die Güte seiner gelebten Existenz als auch die Identität seines ein.maligen und einzig.artigen Ichs. Was ich lapidar behaupte, ist kein billiger Trost für Moribunde, sondern eine Wirklichkeit, der sich niemand entziehen kann: ALLES, WAS GESCHEHEN IST, BLEIBT! Alles, was ein Mensch getan hat, was er unterlassen, was er erlebt, geliebt, gehasst und erlitten hat, bleibt. Es bleibt in der Vergangenheit, aus der nichts herausnehmbar ist, in der nichts mehr veränderbar oder aufhebbar ist. Leben ver.rinnt im Zeitfluss, sage ich immer wieder. Aber es ver.rinnt nicht einfach nur, sondern es ge.rinnt und ver.dichtet sich zur Geschichte, zur Wahrheit, zur eigenen, individuellen, gelebten Wirklichkeit: Denn die Wirklichkeit, dasjenige, was wirklich ist, ist allemal: Geschehenes, Geschaffenes, Durchlebtes, wohingegen das, was noch nicht wirklich ist, die Möglichkeiten in der Zukunft sind – sie sind un.kalkulierbar, ver.lierbar und aus.löschbar. Die Zukunft ist das REICH DES MÖGLICHEN, ist das Sein.Könnende. Vieles kann sein, aber nur manches wird tatsächlich verwirklicht - das Mögliche ist brüchig, es ist in.stabil. Die Vergangenheit hingegen ist das REICH DES WIRKLICHEN, es ist das Seiende. In ihr ist nichts un.wiederbringlich verloren, sondern alles un.verlierbar geborgen: DAS VERWIRKLICHTE IST STETS EIN EIN-FÜR-ALLEMAL-VERWIRKLICHTES! Ich kann es auch mit Elisabeth Lukas, der Lieblingsschülerin von Viktor E. Frankl, so sagen: „Die Potentialitäten der Zukunft sind vergänglich, auch schon während unseres Lebens; an jedem Tag und zu jeder Stunde sterben uns Möglichkeiten der Zukunft hinweg, und mit unserem Tod bleibt uns keine mehr übrig. Aber die Realitäten der Vergangenheit können nicht vergänglich sein, weil sie ja schon vergangen sind, und in ihrem Vergangen-Sein eine Form von Sein besitzen, die un.berühr.bar geworden ist vom Zugriff der Zeit.“ Was bleibt uns also, wenn das Leben auf die Grenze des Todes hin im Zeitfluss ver.rinnt? Es bleibt die Auswahl, die wir unter unseren jeweiligen Möglichkeiten getroffen haben, es bleibt das von uns tatsächlich Verwirklichte und Gewirkte. Um was denn sollte beispielsweise ein etwas älterer Mensch einen blutjungen Menschen beneiden? Etwa um die abertausend Möglichkeiten, um dessen Zukunft? Dagegen stehen die Wirklichkeiten eines „fest.gelebten“ Lebens, Wirklichkeiten des Vergangen.seins, in dem alles aufbewahrt und vor der Vergänglichkeit bewahrt ist: Nicht die Stoppelfelder der Vergänglich.keit sollten so sehr interessieren, wichtig sind die übervollen Scheunen des Vergangen.seins, die bis zum Rande gefüllten Schober, in die die Ernte des bisherigen Lebens eingebracht wurde. Ich denke da beispielsweise an • die Taten, die wir vollbracht, und • die Werke, die wir gewirkt haben, ich denke an • die glücklichen Erlebnissen mit den Mit.menschen oder in der Natur, an • das tapfer Durchgestandene, und an • die Tränen, die wir geweint, an • die Toten, die wir bestattet, beklagt und tief betrauert haben, ich denke an • die Gefahrenmomente, in denen ein Schutzengel über ihnen gewacht hat, an • die Katastrophen, die noch einmal gut ausgegangen sind, und an • die Ausflüge und Reisen und die Berge, die wir erstiegen, ich denke an • die Glanzlichter fröhlichen Überschwangs und auch an • die Wunden, die wir erlitten oder gelindert haben, an • die Nächte, die wir durchwacht, und an • die Liebe, die wir geliebt haben, aber ich denke auch an • die Leiden, die wir mit Mut und Würde durchstanden haben. All dies ist fürwahr ein un.zer.störbarer Schatz und ein kost.barer Wert, der sich aus der Vergangenheit herleitet und darum un.tilgbar ist und jedem Menschen, insbesondere dem älteren Menschen, nie und nimmer mehr wegzunehmen sein wird. Ein älterer Mensch, der mehr oder minder stolz auf das Gelungene in seinem Leben zurückschauen kann, ist konfrontiert mit „fertig Gelungenem“, mit „zu Ende Gelungenem“, und es ist seine Wahl, ob er bloß an der Grenze und an der Begrenzung leidet, oder ob er das Begrenzte, das innerhalb der Grenze Entstandene schätzt und würdigt und sich daran freut. Niemand hat dies schöner ausgedrückt als der Philosoph Immanuel Kant, wenn er sagt: „Leuchtende Tage ... weine nicht, dass sie vorüber, sondern lächle, dass sie gewesen!“ Der Rück.blick bringt natürlich auch das Miss.lungene und das nicht gelebte Leben in Erinnerung, etwa • die verregneten, trüb.sinnigen Tage der Trauer und Resignation, der Verzweiflung und Depression • die eisigen Tage des Hasses und Neids und • die windstillen Tage der inneren Bewegungslosigkeit. Hinter der Todesangst des Menschen steckt oftmals im Grunde eine Gewissensangst. Ich will damit dies sagen: • Nicht so sehr die Furcht vor dem Vergehen des Lebens, sondern die Sorge um Güte und Wert.haftigkeit dessen, was da vergeht, bedrückt den alten Menschen, d.h. die nicht ausgefüllte oder die falsch ausgefüllte Lebens.zeit liegen auf der Seele, und man hat ja nunmehr nicht mehr allzu viel Lebenszeit, um sie neu auszufüllen. • Nicht das Leid, das einem im Leben zugefügt wurde, sondern die Sinn.möglichkeiten, die man selber versäumt hat, oder das Leid, das man selber ausgeteilt hat, hängen einem zutiefst nach. • Nicht die erlittenen Verwundungen vergällen einem bisweilen den Lebens.abend, sondern die getroffenen Fehl.ent.scheidungen. Nichts tut im Endeffekt so weh wie die eigene Schuld oder das, was als eigenes Versagen aufs Konto gebucht werden muss – es ist ein Minus, das vieler Plus bedarf, um es wieder auszugleichen. Ich denke da an einen mustergültigen Ausspruch von Viktor E. Frankl: „Lebe so, als ob du zum zweiten Mal lebtest und das erste mal alles so falsch gemacht hättest, wie du es zu machen im Begriffe bist.“ Oder mit dem Mark Aurel gesprochen: „Wie du am Ende deines Lebens wünschst, gelebt zu haben, so kannst du jetzt schon leben.“ Kritisch merkt der große Philosoph Immanuel Kant an: „Eines der größten Übel liegt darin, dass wir überhaupt erst lernen, wie zu leben wäre, wenn wir zu alt geworden sind, um es wirklich zu tun“. Selbst das Thema unseres Lebens erkennen wir in der Regel erst sehr spät, oft zu spät. Und dazu kommt, dass die Bewertung unseres Lebens scheinbar willkürlich ist. Was ist das wert, was wir gemacht, was wir gewollt haben? Wir haben gehandelt, wir haben dies oder jenes unterlassen, und das ist, wie wenn man einen Stein ins Wasswe wirft. Ändern können wir nichts mehr, aber im Vorfeld Ver.antwortung walten lassen! Es gibt eben, und das ist wichtig zu sehen, neben dem Reich des Wirklichen und neben dem Reich des Möglichen auch noch das REICH DER WERTE, und dieses repräsentiert den überzeitlichen Maßstab, an dem sich die Verwirklichungs.würdigkeit von Zukünftigem oder Möglichem bemisst. Schauen Sie: Die Möglichkeit zu hassen und zu quälen, zu betrügen oder zu erleumden, neidisch oder lieblos und gleichgültig zu sein, war und ist doch oftmals da. Aber hier gilt doch wohl, DASS NICHT JEDE MÖGLICHKEIT, DIE EXISTIERT, WERT IST, IN DIE WIRKLICHKEIT ÜBERFÜHRT ZU WERDEN: Was am Ende BLEIBT, ist stets das Verwirklichte, was jedoch am Ende ZÄHLT, ist nur das Sinn.volle unter dem Verwirklichten, ist nur das Gute unter dem Gewählten, nur das Schöne unter dem Erlebten, nur das Tapfere unter dem Erlittenen, nur das einer Ewigkeit Würdige, das in die Ewigkeit des Vergangenseins hineingerettet worden ist – unverlierbar ins Protokoll der Welt aufgenommen. Ein Letztes noch zum Rückblick auf den EWIGKEITSWERT UNSERES HANDELNS: JEDE TAT IST IHR EIGENES DENKMAL! Der Mensch setzt sich seine Denkmäler selbst durch sein Tun, und er ist nicht darauf angewiesen, von der Um.welt und Mit.welt auf ein Podest – gebaut aus Dankbarkeit und Würdigung – gestellt zu werden: WAS GUT WAR, BLEIBT GUT – auch wenn keiner es gewürdigt hat, auch wenn keiner mehr davon weiß, auch wenn Millionen Jahre vergangen sind oder die Menschheit längst ausgestorben ist. DAS GUTE BÜßT SEINE GÜTE NIEMALS MEHR EIN: Für eine KERZE spielt es nicht die geringste Rolle, ob jemand ihr Leuchten sieht und sich daran erfreut. Entscheidend ist nur, dass sie wahrhaftig leuchtet. Auch wenn es keiner sieht: Licht bleibt Licht! Oder mit Viktor E. Frankls Worten: „Der Akt des Hinschauens erzeugt nicht den Gegenstand, und der Akt des Wegschauens vernichtet ihn nicht“. Alles Vergangene ist indisponibel, und was ich als dort fest.gemauert, jeglichem veränderndem Zugriff entzogen und durch keinerlei Kraftanstrengung mehr aus dem Gewesensein zu eliminieren beschrieben habe, das habe ich vorher als „OPTIMISMUS DER VERGANGENHEIT“ bezeichnet – und der, so meine ich, vermag durchaus aufzubauen und vermag zu versöhnen, er ist kein billiger Trost, sondern eine Argumentation, der sich keiner entziehen kann. Er gibt begründeten Trost in der Einsicht, dass gar nicht alles so vergänglich ist, wie es scheint. Für alle älteren Menschen, die am Ende ihres Lebens zu „bilanzieren“ sich bemühen, halte ich den Gedanken an den EWIGKEITSWERT UNSERES HANDELNS oder auch Unterlassens und Vermeidens für äußerst wichtig. Sehr ausdrucksstark und schön hat dies Viktor E. Frankl so formuliert: „Den Taten, die wir setzen, wird selten ein Denkmal gesetzt, und niemals bleibt ein Denkmal ewig stehen. Aber jede Tat ist ihr eigenes Denkmal! Und nicht nur, was wir getan, sondern auch all das, was wir erlebt haben, kann keine Macht der Welt uns rauben. Nichts lässt sich aus der Welt schaffen, was einmal geschehen ist. Mag es auch noch so vergänglich sein – gerade in der Vergangenheit ist es aufbewahrt, ist es vor der Vergänglichkeit bewahrt und hineingerettet ins Vergangensein. Im Vergangensein ist nämlich nichts unwiederbringlich verloren, vielmehr alles unverlierbar geborgen. Für gewöhnlich sucht der Mensch nur das Stoppelfeld der Vergänglichkeit – was er übersieht, das sind die vollen Scheunen des Vergangenseins.“ Bereits der römische Satiriker Titus Petronius Arbeiter, ein Zeitgenosse des stoischen Philosophen Seneca und wie dieser im Jahre 65 nach Christus von Kaiser Nemo zum Selbstmord getrieben, hat diesen Gedanken der Nicht.vergänglichkeit unseres Tuns in einen Zweizeiler gefasst: „Pervixi – neque enim fortuna malignior umquam / eripiet nobis quod prior hora dedit”. Frei übersetzt: “Ich habe mein Leben zur Gänze gelebt - – und kein noch so schlimmes Schicksal kann entreißen, was eine frühere Stunde uns gab.“ Unser Leben ist ein groß aufgehäufter Schatz – und ein jeder von uns kann diesem Schatz in der ihm noch verbleibenden Zeit Perle an Perle, Wert an Wert hinzufügen! Er kann und muss antworten, auf jede Situation, in die er gestellt ist, und er muss dies ver.antworten - und er darf sich dessen bewusst sein, dass solches Leben stets ein ZEICHNEN OHNE RADIERGUMMI ist - es bleibt bestehen.
Posted on: Sun, 25 Aug 2013 15:53:35 +0000

Trending Topics



Recently Viewed Topics




© 2015