Sonntagsworte ... 23. Sonntag im Jahreskreis am 8. September - TopicsExpress



          

Sonntagsworte ... 23. Sonntag im Jahreskreis am 8. September 2013 In einer Stadt hat ein Artist sein Hochseil gespannt und führt vor dem Publikum seine Kunststücke vor - eines spannender als das andere. Die Menschenmenge ist begeistert. Zum Abschluss schiebt er eine Schubkarre über das Hochseil. Donnernder Applaus anerkennt sein Können. Der Artist fragt die Menge: "Trauen Sie mir zu, dass ich die Schubkarre auf dem gleichen Weg wieder zurückschieben kann?" Begeistert klatscht man Zustimmung. Der Artist schweigt eine Weile. Die Menge meint, er zaudere. "Weitergehen", rufen ihm einige zu. Der Mann auf dem Hochseil fragt einen der Rufer: "Sie da unten, trauen Sie mir wirklich zu, die Karre zurückschieben zu können?" "Selbstverständlich", ruft der Mann zurück. "Dann", fordert der Artist ihn auf, "kommen Sie doch herauf und setzen Sie sich in diese Karre!" Nein - so war die Zustimmung nun doch nicht gemeint. Der rufende Mann wollte eine Sensation ohne eigenes Risiko und Engagement erleben. Wäre er der Einladung gefolgt, so hätte er sich selbst bedingungslos ausliefern müssen. Dazu aber fehlten ihm der Mut und das rückhaltlose Vertrauen in die Person des Artisten. Obwohl in dieser Geschichte alles für nichts gefordert wurde, kann sie uns doch verdeutlichen, was gläubiges Vertrauen eigentlich bedeutet. Wer sich einem anderen restlos anvertraut, gibt sich selbst ganz aus der Hand und überlässt sich und sein weiteres Schicksal dem anderen. Dabei lässt sich nie mit Gewissheit voraussehen, was aus einem selber wird. Nicht im Voraus, sondern immer erst im Nachhinein lässt sich feststellen, ob uns die vertrauensvolle Übergabe zum Glück oder zum Unglück gereichte. Aus diesem Grund kennt das menschliche Leben verschiedene Stufen des Vertrauens. Im Alltag überlassen wir uns in der Regel nur unter einem gewissen Gesichtspunkt auf einen andern. So vertrauen wir beispielsweise auf die Aufrichtigkeit eines Gesprächspartners, der allerdings auch ein hinterhältiger Intrigant oder Gerüchtemacher sein könnte; auf die Fahrtüchtigkeit eines Taxifahrers, der freilich auch in einen Verkehrsunfall verwickelt werden könnte; oder auf die Ehrlichkeit einer Angestellten, die auch Gründe finden könnte, unehrlich zu sein. Wenigen Menschen vertrauen wir uns vorbehaltlos an. Wir wählen sie normalerweise sorgfältig aus; so den Chirurgen, der eine risikoreiche Operation vornehmen muss. Auch dem Lebenspartner gegenüber, an den man sich durch gesunde und kranke, gute und böse Tage hindurch bis zum Tod bindet, wird das bisherige Leben gleichsam aufs Spiel gesetzt, damit es gesünder, erfüllter und beglückender werde. Die Dinge, die das Leben in Wirklichkeit bereichern, werden dem Menschen immer nur im Vertrauen zuteil. Im Gegensatz zu unserer Geschichte geht es hier nicht nur um eine Belanglosigkeit, die nichts anderes als ein sensationelles Erlebnis zur Folge hat. Hier geht es vielmehr um eine große Verheißung, auf die hin wir im Vertrauen auf eine bestimmte Person alles wagen. Gott will die Menschen über ihre bloße Geschöpflichkeit hinaus heben und zu seinen Partnern machen. Das ist unfassbar für uns, aber welcher Mensch kann Gottes Plan erkennen, oder wer begreift, was der Herr will? (Weish 9,13) fragt der Weisheitslehrer in unserer ersten Lesung. Weil es dabei um ein völlig neues Leben geht, kommt alles darauf an, dass der Mensch im Vertrauen auf Gott und sein Wort sein altes Leben verlässt, indem er aus dem Land seiner bisherigen Vorstellungen, Gesinnungen, Träume, Wünsche und Gewohnheiten auszieht und nicht mehr aus sich selbst, sondern aus Gott lebt - wie Abraham: Der Herr sprach zu Abram: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. Da zog Abram weg, wie der Herr ihm gesagt hatte (Gen 12,1ff). Solange wir auf unseren eigenen Wegen gehen, bewegen wir uns im Kreis und kehren immer zu uns selbst zurück. Erst wenn wir uns Gott und seiner Führung überantworten, damit er unsere Wege leite, kommen wir zu ihm. "Gott leitet uns - durch Glück und Unglück - immer nur zu Gott" (D. Bonhoeffer). Um dem Menschen ein Leben anzubieten, das den Tod überdauert, hat Gott Jesus in diese Welt gesandt. Jesus zeigt uns nicht nur den Weg zu Gott; er hat ihn uns vorgelebt. Sein Leben hat zu allen Zeiten viele Bewunderer gehabt. Doch blieben sie bei ihrer Bewunderung und setzten auf den ihnen gewohnten Wegen ihr altes Leben fort. Der von ihnen Bewunderte bedeutete für sie keine Veränderung ihres Daseins. Weil sie nichts verlieren wollten, verloren sie alles. Jesus hat, wie der Philosoph Sören Kierkegaard schreibt, nie davon geredet, dass er Bewunderer haben wollte. Es ging ihm vielmehr darum, Nachfolgende zu gewinnen. Auf die Frage, was denn der Unterschied zwischen einem Bewunderer und einem Nachfolgenden sei, antwortet Kierkegaard: "Ein Nachfolger ist oder strebt an, das zu sein, was er bewundert; ein Bewunderer hält sich für seine Person aus dem Spiel heraus - bewusst oder unbewusst; er entdeckt nicht, dass das Bewunderte die Forderung an ihn enthält, das Bewunderte zu sein oder doch danach zu streben, es zu sein." Ein gläubiger Nachfolger, der immer wieder heraus spürt, dass das Bewunderte eine Aufforderung enthält, ist Simon Petrus, was sich an vielen Stellen im Evangelium aufzeigen lässt. Aber auch sein Bruder Andreas, das mit ihm befreundete Brüderpaar Jakobus und Johannes, letztlich alle Apostel standen ihm nicht nach: Sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm (Mk 1,18). Der Ruf Jesu bewirkt, dass für sie alles, was ihn von der Hinwendung zu Jesus abhalten könnte, bedeutungslos wird. Nur noch Jesus haben sie vor Augen. Wo Jesus steht, ist für sie Halt und fester Grund. Deshalb verlassen sie wie Abraham ihre Sicherheiten und folgen Jesus. Wer sich im gläubigen Vertrauen auf den Weg zu Jesus begibt, der muss sich entscheiden, seine menschliche Sicherheit zu verlassen, die im Grunde nicht sehr weit reicht. Eine solche Entscheidung kann jedoch wegen der Bewegtheit des Lebens nie ein für allemal sein. Sie muss vielmehr angesichts neuer Schwierigkeiten, vor denen wir resignieren und davonlaufen möchten, immer wieder neu getroffen werden. Jesus sagt im heutigen Evangelium: Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, kann nicht mein Jünger sein (Lk 14,26). Dieses Wort ist auch für uns schwer nachzuvollziehen. Das Liebste, das wir haben, wird relativiert, muss zweitrangig sein vor Christus, dem wir als brave Glieder seiner Kirche zu folgen versuchen. Was für eine Forderung! Aber könnte jemand eine größere Liebe entfalten für uns als der gekreuzigte Christus? Für "unsere Lieben" kann niemand besser einstehen als er, auch nicht wir selber. Die beste "Versicherung" für unsere Lieben ist Jesus Christus. Nur durch ihn geschieht für sie das wahre Heil. Wir dürfen sie nach wie vor lieben wie bisher, sollten aber immer wissen, dass für uns alle Christus die einzige unendliche Lebensbasis ist. Auch seine Forderung: Darum kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet (Lk 14,33), ist von ihm nicht in den Wind gesprochen. Da der Mensch zu seinem Unheil sehr an seinem Besitz “klebt”, ist diese Forderung uns sehr stark akzentuiert und vielleicht auch überspitzt überliefert worden, doch hat sie sich schon recht segensreich in unserer Menschenwelt ausgewirkt und tut es noch immer. Doch ist unsere Konsumgesellschaft für uns eine dauernde Versuchung, zumal noch immer vielen unserer Brüder und Schwestern das Notwendigste zum Leben fehlt. Somit dürfte auch die dritte Forderung unseres heutigen Evangeliums, die alles Schwere in der Nachfolge Christi zusammenfasst, sehr ernst genommen werden: Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein (Lk 14,27). Wo dies geschieht, geht der Christ auf seinen Christus zu. Unsere Hinwendung zu Jesus hat für unser Leben Folgen, die nicht vorauszusehen sind, aber seine Verheißungen, seine Güte und Menschenfreundlichkeit, sein beispielhaftes Leben und Sterben und schließlich seine Auferstehung berühren seit 2000 Jahren Menschen, die mit Freude und Vertrauen ihm folgen, was ja auch wir versuchen. Bitten wir den Herrn um ein gutes Gelingen unserer Nachfolge - für uns selber und für unsere Lieben!
Posted on: Sat, 07 Sep 2013 18:44:37 +0000

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