Zum Thema Bremen-Nord und Farge-Vegesacker Eisenbahn noch im Net - TopicsExpress



          

Zum Thema Bremen-Nord und Farge-Vegesacker Eisenbahn noch im Net gefunden: Text: Volker Klemm/Bilder und Bildtexte: Rolf Köstner Farge-Vegesacker Eisenbahn Ich habe vor einiger Zeit auf der DSO (Drehscheibe) mal ein paar Geschichten geschrieben, die - so haben mir einige Kollegen erzählt - sich ganz gut lesen lassen. 1982 machte ich mein Abitur – damals war es noch so, dass wir im März die letzten schriftlichen Prüfungen und dann die „richtige“ mündliche Prüfung im 4. Prüfungsfach (war bei mir Deutsch) hatten. Bei evtl. gravierenden Veränderungen zur Vornote fielen dann im Mai oder Juni noch einmal mündliche Nachprüfungen in den anderen 3 (schriftlichen) Fächern an. Im Prinzip hatten wir also in der Zeit von Mitte März bis zum Ende Mai frei – Unterricht war nicht vorgesehen (heute ist das anders). Ich versuchte von vornherein, meinen Schnitt auf demselben (schlechten) Niveau zu halten, da ich zu Nachprüfungen im Mai/Juni keine Lust hatte, denn ich wollte Arbeiten, Geld verdienen und gleichzeitig auch etwas für meinen Erlebnishunger in Sachen Eisenbahn tun: Ich bewarb mich bei der Farge-Vegesacker Eisenbahn. Diese im Norden Bremens angesiedelte NE-Bahn mit ca. 10 km Streckenlänge wickelte damals noch einen umfangreichen (Güter-)Verkehr mit werktäglich mindestens 2 großen Diesellokomotiven ab. Dazu kamen viele Sonderleistungen z.B. für die Bundeswehr, Sprit-Sonderzüge, Sonder-Kohleleistungen und vieles mehr. Gefahren wurde seinerzeit werktags von Montags – freitags in 2 Schichten, sonnabends dann nur noch in 1 Schicht. Wie kam es eigentlich dazu, dass ich bei der FVE einen Ferienjob für die Zeit bis zum Ende meiner Schulzeit erhielt? Nun, ich habe mich einfach beworben, einige Kenntnisse bei DEG-Konzernbahnen konnte ich aus den Vorjahren schon vorweisen, der Bahnverwalter der Eisenbahn Bremen-Thedinghausen war bei der FVE auch bekannt (er war dort vor seiner Tätigkeit bei der BTh lange tätig) und mochte mich wohl irgendwie – sein gutes Zeugnis aus dem Vorjahr kam beim Betriebsleiter der FVE (der hatte übrigens ein paar „Pickel mehr auf der Schulterklappe“) offensichtlich gut an – wir wurden uns Anfang März handelseinig: ich durfte als Abfertigungsgehilfe auf dem Bahnhof Bremen-Blumenthal tätig werden! Sein Vertreter, der die Personal- und Dienstplanangelenheiten zu bewältigen hatte, war nicht so erbaut. Er hatte Sorgen wegen der Renten- und Krankenversicherungspflicht und ähnlichem bürokratischen Krimskrams. Dinge, über die ich mir seinerzeit noch wenig Gedanken gemacht habe, mit denen ich aber heute auch wieder zu kämpfen habe – naja: die Zeit läuft!!! Ich war damals schon recht kommunikativ, überzeugend und selbstbewusst – der Betriebsleiter der FVE war zwar ein ziemlicher Sturkopf, hat mich aber trotzdem eingestellt – Personalschwierigkeiten hatte die FVE eigentlich immer, doch dazu später mehr. Am 15.03.1983 begann ich also meinen Dienst auf dem Bhf. Bremen-Blumenthal. Es war (und ist heute noch) ein altes, ehrwürdiges Gebäude, Eingang durch das Stellwerk von der Gleisseite. Morgens früh um 07:30 h sollte ich dort sein und mich beim dortigen Vorsteher, Eisenbahn-Betriebsinspektor Herbert Heiland, melden. Das tat ich auch und wurde freundlich aufgenommen. Neben dem „uralten“ Vorsteher (und das war er wirklich – er stand in allen Dingen „seinem Bahnhof“ vor) war da noch ein Fahrdienstleiter, ein Auszubildender, eine Dame an der Güterkasse, eine Abfertigungsgehilfin, ein Bahnhofsarbeiter, eine Putzfrau und ich. Das war ja wirklich eine Armada an Personal – ich war schon ein wenig ängstlich, was mich wohl erwarten würde, denn aus Leeste wusste ich, wo viele Leute sind, ist auch meistens viel Arbeit – es sollte sich nicht bewahrheiten! Die FVE war in allen Dingen eine große und großzügige Eisenbahn: täglich wurde mit diesem Personalstamm ein Stückgutwagen (montags manchmal 2) ausgeladen, auf die Speditionen und Selbstabholer verteilt; der Anschließer Bremer Woll-Kämmerei bedient; die Wagenkontrolle für die gesamte Strecke geführt und ein wenig Statistik für die gesamte Bahn geführt. Aber nicht dass Sie denken, dies wären die einzigen Angestellten der doch recht kurzen (10 km Streckenlänge!!!) Eisenbahn – nein, damals gab es dort noch: (im Folgenden wird der Zustand 1982 beschrieben, später war alles anders…) Bf Bremen-Aumund (Au): Vorsteher und 1 Fahrdienstleiter jeweils in Früh- und Spätschicht, dazu ein Betriebsarbeiter als Schrankenposten 1 und zum Weichenschmieren (wurde damals noch 2 mal die Woche gemacht!) sowie eine Putzfrau – Aumund war zuständig für den Zugleitbetrieb (Meldungen/Erlaubnisse per Funk, dazu jedoch auf allen Bahnhöfen eigene Stellwerke – jedoch ohne Blockabhängigkeit) Stellwerk Aumund: Dr-Technik, Einfahrsignale, jedoch keine Ausfahrsignale, dazu zeitweise besetztes mechanisches Wärterstellwerk zum Rangieren im Nordteil des Bahnhof, wurde vom Zugführer des Nahgüterzuges bedient, wenn Wagen auszurangieren waren. Bhf. Bremen-Aumund-Vulkan (AV): unbesetzt, Abzweigung des Anschlussgleises zur Werft Bremer Vulkan – eigener Vorbahnhof der Werk bahn. Schlüssel für die Ausfädelungsweiche wurde vom Bhf. Blumenthal freigeblockt Bhf. Bremen-Blumenthal (Bu): s. oben, Stellwerk rein mechanisch mit elektrischen Einfahrsignalen, keine Ausfahrsignale. 1 Durchgangsgleis, 1 Bodengleis, 1 Ausweichgleis, 1 Ladestraßengleis, 2 kurze Abstellgleise, 1 Anschlussgleis (vom Bodengleis) zur Bremer Woll-Kämmerei Bhf. Bremen-Rönnebeck (Rb): 1 Vorsteher – geteilter Dienst mit langer Mittagspause, zugleich Frachtenrechner und Fahrdienstleiter; 1 Betriebsarbeiter als Schrankenposten 5 (Turnerstraße) und zum Weichenschmieren; Zugbildungsbahnhof für Kesselwagenzüge von der IVG zu Bundeswehrliegenschaften, große, langgestreckte Anlage, Dr-Stellwerk im Bfs-Gebäude mit Riesen-Relayschränken auf dem Güterboden. Wir endeten in Rönnebeck - nun geht es weiter (wäre doch gelacht, wenn wir das System nicht überlisten könnten....) Bhf. Bremen Farge-Ost (FO): durchgeschaltet, nur besetzt bei Militärzügen aus Richtung Schwanewede/Neuenkirchen (Dienstraum jedoch nicht im alten EG der Niederweserbahn, sondern gegenüber in einem „Beton-Schaltkasten“) Bel Bremen-Farge (BL): Sitz der Betriebsleitung mit 4 Mitarbeitern (Betriebsleiter, Vertreter, 2 Sachbearbeiterinnen); Bhf. Bremen-Farge (Fr): Bahnhof mit teilweise Dr- und mechanischer Stellwerkstechnik, Abzweig zum Bw wurde von dort mitgesteuert (Dr), Sackbahnhof, Anschluss zum Spinnbau sowie zum Kraftwerk, Ladestraße, lange Aufstell- und Abstellgleise. Besetzt mit Vorsteher und Fahrdienstleiter (auch jeweils in Früh- und Spätschicht), Putzfrau sowie einem Azubi. Dem Bhf. waren zugeordnet die Zugbegleitpersonale, die ihren Sozialraum gegenüber dem Bfs-Gebäude in einem niedrigen Gebäude hatten. Die Zugbegleiter waren auch für das Weichenschmieren im Bhf. Farge zuständig. Im Einzelnen waren tätig: 1 Hauptzugführer (steinalter Mann), 1 Oberzugführer (alter Mann), 1 Zugführer (junger Mann), 1 Hauptschaffner und bis zu 3 Schaffner als Rangierer. Die Züge der FVE fuhren wie folgt: Kohlezüge als Null-Mannzüge, wenn von Farge zum Kraftwerk gedrückt wurde besetzte ein örtlicher Rangierer/Schaffner die Spitze. Nahgüterzug vormittags: Zugführer und Schaffner als Rangierer, nachmittags: Zugführer (rangierte auch – wenn kein Schaffner mehr da war, das machte meistens der „junge“ Zugführer); Militärzüge: mit Zugführer und 1 – 2 Rangierern Bw Bremen-Farge (Bw): unter dem Werkstättenvorsteher (einem techn. Eisenbahnbetriebsinspektor) wirkten ein Hauptlokführer, ein Oberlokführer und bis zu 5 Lokführer. Die Beschäftigten im Bw (ein wirklich – für Kleinbahnverhältnisse – riesiger Komplex mit Lokschuppen/Werkstatt 4 ständig, alter Werkstatt 4 ständig als Abstellort für den Bereisungswagen, Heizwagen, Bahndienstwagen und Triebwagenhalle – 4 ständig – seinerzeit schon nicht genutzt, vermietet an Möbellager). Diese gut ausgestattete Werkstatt hielt die eingesetzten Lokomotiven (es waren die V 161/162 und die V 62 – aktuell aus Leeste, noch mit alten Schildern, dafür war die alte V 102 nach Leeste gegangen) perfekt in Schuss. Wöchentlich wurde die Loks gewaschen, die Untersuchungsgruben im Schuppen waren hell gefliest!!!!! Wenig später kam dann noch die V 151 aus Lengerich dazu. Und, ja – der Star der Bahn war damals die V 201 (DEG-Lok), die bullige Deutz-Maschine ex Regentalbahn. Sie fuhr (wenn sie fuhr) die Kohlezüge morgens – dies jedoch erst, nachdem einige Anpassungen an ihr vorgenommen wurden (offensichtlich war ein Kraftstofftank nicht ganz profilgerecht – oder die Bahnsteigkanten der FVE waren es nicht – wer weiß???) Im April 1982 ging sie von Farge aus nach Frankreich – Hauptlokführer Schendel fuhr sie gerne bis zuletzt. Daneben war auch noch ein ganzes Rudel an Wagen zu pflegen – alle Wagen (auch die Stückgutpendel-, Bahnmeister- und X-Wagen) waren alle sauber beschriftet und gut Farbe). Als besonders schönes Highlight war dann noch ein Bereisungswagen mit Plüschausstattung, Handwaschbecken usw. vorhanden. Auch leistete sich die FVE damals noch 2 Packwagen, einer davon war ständig am Bhf. Bremen-Vegesack – Kopfbahnsteig Farger Teil, hinter stellt für Expressgutsendungen. Trotzdem war oft nicht genug Personal vorhanden um alle Züge zu fahren (insbesondere am Wochenende, wenn Militärausflüge waren). Hier musste dann Personal anderer DEG-Bahnen (meistens BTh) aushelfen, damit die Kollegen der FVE ihr freies Wochenende erhielten, aber das erfuhr ich erst viel später…. Und dann gab es noch eine Bahnmeisterei mit einem techn. Amtmann als Vorsteher und Bahnmeister (der war auch seinerzeit zuständig für Kiel-Schönberg und Bremen-Thedinghausen, manchmal auch Rinteln-Stadthagen), Rottenmeister, Vorarbeiter und 4 – 5 Rottenarbeitern sowie einem Signal- und Weichenmeister. Die machten alles, aber mit Vorliebe Kaninchenfutter für den Rottenmeister (zu mindestens in der warmen Jahreszeit), Fenster im Bhf. Blumenthal sollen die auch eingebaut haben, auf alle Fälle sollen die nicht lange gehalten haben, weil zentimeterbreite Spalte zum Mauerwerk bei winterlichem Wetter nicht dazu führen, dass die Aufenthaltsqualität in den Diensträumen verbessert wird. Insgesamt also wirklich viele, viele Leute – die auch, so schien es, alle viel zu tun hatten. Die FVE war eine stolze Bahn – sie wickelte jährlich – je nach Aufkommen für die Bundeswehr (Sendungen von / zu den Kasernen Garlstedt/Schwanewede sowie Ausgang Kraftstoffe/Kerosin zu den Bundeswehrliegenschaften aus Rönnebeck) zwischen 600.000 to und 800.000 to ab. Eine gewaltige Menge, und das auf der kurzen Strecke. Dabei ist die Strecke alles andere als eintönig. Für eine Bahn innerhalb einer Stadt (nur auf ca. 400 m wird ein klitzekleines Teilchen von Niedersachsen durchmessen – zwischen Aumund-Vulkan und Blumenthal) ist sie außerordentlich reizvoll und mit starken Steigungen ausgestattet und ausgesprochen kurvenreich. Es beginnt mit einer starken Steigung mit S-Kurve aus Vegesack – langanhaltend bis nach Aumund, dann ein kurzes Gefälle in Richtung Blumenthal, Ausfahrt Blumenthal in Richtung Rönnebeck dann wieder mit einer starken Steigung bis in Höhe Kreinsloger, dann einigermaßen eben bis an die Weser in Farge. Die Ausstattung an Gebäuden ist beeindruckend, seinerzeit (1982) waren alle Gebäude durchweg gepflegt und in Ordnung. Ich schildere mal einfach eine Fahrt auf der Strecke von Farge nach Vegesack (wie ich sie oft mitmachten durfte): Es ist morgens – ca. 09:00 h. Ich habe meine erste Expressgut-Tour mit dem VW-Bully erledigt und „darf“ auf einer Kohle-Leertour von Farge bis nach Blumenthal mitfahren. Der Vollzug ist im Kraftwerk zugestellt und entleert worden und wird nun gerade wieder aus dem Kraftwerk herausgezogen. EOS Lothar Zimmermann, heute Fahrdienstleiter im kleinen Stellwerk (nebenbei aber auch für die Frachtabrechnung auf dem Bahnhof zuständig – er berechnet die lukrativsten Frachten, für das Kraftwerk, deshalb ist er ja auch Obersekretär und hat einen Pickel mehr als die anderen Fahrdienstleiter) legt mit Dr-Technik die Weichen für die Rangierfahrt. Der Zug kommt herein, die Lok hängt ab, umfährt und setzt sich vor den Leerpark. Ich beeile mich, aufzusteigen, denn wir wollen schnell los und noch vor dem Nahgüterzug, der von Blumenthal mit Stückgut heraufkommt, aus Farge verschwunden sein. Die Kreuzung wird also im Einvernehmen mit dem Zugleiter im Bahnhof Aumund auf Blumenthal festgelegt. Die Kohletour fährt heute Lokführer Heinz Diehm, den es irgendwie aus dem badischen (oder schwäbischen) nach Bremen-Nord verschlagen hat, auf alle Fälle spricht er definitiv nicht norddeutsch. Nach der Bremsprobe, die der Rangierer des Bhf. Farge zusammen mit dem Lokführer durchführt, geht es los. Mit markantem Brummen beschleunigen die 1600 PS die Lok V 161. Langsam geht es über den mit Schranken gesicherten Bü Farger Straße durch die letzten Weichen, bis endlich 40 km/h, die Streckenhöchstgeschwindigkeit der FVE, erreicht wurden. Linkerhand sehen wir die weitläufigen Anlagen des Bw Farge am Pötjerweg, den wir gerade überqueren. Weiter geht es zum Bhf. Farge-Ost, wo das Anschluss (ehem. Niederweserbahn) in Richtung Neuenkirchen bzw. nach Schwanewede zum Bundeswehranschluss abzweigt. Rechterhand sehen wir das alte Empfangsgebäude noch aus der Zeit der Niederweserbahn, links das kleine Schalthäuschen, welches die Bedieneinrichtungen für die Einfahrsignale und die elektr. Abzweigweiche beinhaltet. Wir passieren den Komplex der Maschinenfabrik Krause mit einem (damals schon nicht mehr aktiven) Anschlussgleis sowie die Holzhandlung und fahren weiter auf Rönnebeck zu. Links kommt nun auch aus dem Wifo-Wald das Gleis vom IVG-Tanklager, welches mit entweder einer grünen V-36 Type oder einer grünen Jung-Lok bedient wird. Nach passieren des Bü Turnerstraße (mit Schrankenposten 5) erreichen wir den großzügigen und weitläufigen Bhf. Rönnebeck. Der Vorsteher und Fahrdienstleiter EHS Ziolkowski steht auf dem Bahnsteig und gibt mit dem Befehlsstab den Durchfahrtauftrag wg. der fehlenden Ausfahrsignale. (Warum war das eigentlich so, eigentlich herrschte ja Zugleitbetrieb und Aumund hatte eine Fahrerlaubnis bis Blumenthal erteilt????). Rechterhand sehen wir das kleine, niedliche Bfs-Gebäude mit dem integrierten Güterschuppen und Schuppengleis, welches jedoch auch schon lange nicht mehr genutzt wurde. Links von uns sind die (ich glaube 5) Aufstellgleise für die Kesselwagenzüge zu sehen. Leidlich gefüllt mit 4-achsigen Kesselwagen. Nach Überqueren einiger weiterer techn. gesicherter Überwege fahren wir in das Gefälle in Richtung Bf. Blumenthal. 1 ehemaliger Haltepunkt (Besanstraße??) wird passiert, dann erreichen wir den ehemaligen Haltepunkt Blumenthal-Mühlenstraße, wo das Einfahrsignal für den Bhf. Bremen-Blumenthal positioniert ist. Das ehemalige Dienstgebäude ich dort auch rechterhand in Fahrtrichtung Vegesack noch vorhanden. Die Einfahrt nach Blumenthal ist frei und es geht rein in das starke Gefälle (mit Gefälleanzeiger!). Lokführer Diehm spielt mit dem Führerbremsventil, die Einfahrt zeigt Hp1, also gerader Strang, aber mehr als 35 sollen es nicht werden, denn wir wollen in Blumenthal anhalten und ich soll absteigen – warum eigentlich, überlege ich mir, und so entscheide ich: Laß uns weiterfahren, ich kann auch mit dem Bus von Vegesack zurückfahren. Also, weiter geht’s, Bü Lüssumer Straße wird passiert dann die kleine Brücke über die Aue und rechts liegt recht idyllisch das Bfs Gebäude Blumenthal mit EOS Meyerdierks (der war der Lehrlingsausbilder bei der FVE und deshalb auch mit einem Pickel mehr auf der Schulter versehen) auf dem Bahnsteig und wieder mit dem Befehlsstab – also Durchfahrt. Links in der Umfahrung ist nichts zu sehen, dafür steht rechts im Güterbodengleis die V 162 mit dem Nahgüterzug. Die BWK ist bereits bedient worden, die Lok steht nur mit 1 Stückgutwagen für Farge und dem Vulkan-Pendelwagen (dieser Wagen war ein alter Gs, Eigentum FVE, hier wurde Stückgut für den Bremer Vulkan im Bf Blumenthal aus dem Eingangswagen von der DB eingeladen). Das Lokpersonal wird wahrscheinlich gerade im Bfs-Gebäude Frühstück machen. Weiter geht es für uns durch den Löh, einem kleinen Waldstück sowie zunächst in die Unterführung unter der B 74 (heute „Autobahn“). Kurz danach erreichen wir die Awanst Bremen-Aumundt/Vulkan, rechts wartet schon die Schöma-Lok des Bremer Vulkan, um den Stückgut-Pendelwagen aus Blumenthal anzunehmen. Wir eilen mit unseren leeren Kohlewagen weiter, durchqueren die 400 m Niedersachsen und sind dann wieder in Bremen. Bald erreichen wir den Bf Bremen-Aumund, auch eine langgestreckte Anlage, in der Einfahrt aus Richtung Farge ist links das kleine mechanische Wärterstellwerk zu sehen, welches frühmorgens mit dem Zugführer des Nahgüterzuges besetzt wird, um den Nahgüterzug auszurangieren und die Waggons gleisgerecht im Zug einzustellen. Rechts ist dann das Bfs-Gebäude Aumund auszumachen, ein gepflegter Bau, über den Diensträumen im Erdgeschoß wohnt der Vorsteher, EBI Herbert Bohne, der von der Röhrtalbahn Neheim-Hüsten-Sundern zur FVE kam, nachdem diese von der RLG übernommen wurden. Ein uralter DEG-ler, wie einige der Vorsteher der FVE. Wir überqueren jetzt die mit einer komplizierten Lichtzeichenanlage gesicherte Meinert-Löffler-Straße und fahren in das Gefälle auf Vegesack zu. Rechtskurve bis zur Unterführung unter die B 74, dann wieder Linkskurve bis zur Uthoffstraße, die vom Posten 1 gesichert wird, dann eine scharfe Rechtskurve in den Bahnhof Bremen-Vegesack hinein. Vor Posten 1 haben wir das Hp2 zeigende Einfahrsignal zum Bf Vegesack passiert. Aber schneller als 30 fahren wir sowieso nicht (Vegesack ist ein Kopfbahnhof). Mit den leeren Kohlewagen haben wir auch keine Schwierigkeiten im Gefälle, bei den beladenen Kesselwagen soll das anders sein, behauptet Lokführer Diehm – nun, das konnte ich damals nicht so recht verstehen, erst heute weiß ich, wie schwierig es ist, das Schwappen der Ladung halbbeladener Kesselwaggons mit in den Bremsablauf einzukalkulieren. Rechts erwartet uns das mechanische Stellwerk Vf des Bahnhofs Bremen-Vegesack und wir werden auf die Gleise des Farger Teiles des Bahnhofs Vegesack geleitet, wo die leeren Kohlewaggons bis zum Nachmittag gesammelt werden und dann durch die DB (meist mit BR 140, oft aber auch mit BR 151) abgefahren werden. Ich steige von der Lok ab, verabschiede mich vom Lokführer Diehm und eile nun dem Bus Linie 70/71 zu, denn mich hat ein schlechtes Gewissen beschlichen, daß ich nun einfach eine Lustreise mit Lokmitfahrt gemacht habe, denn eigentlich sollte ich ja arbeiten, und das auf dem Bahnhof Blumenthal und nicht auf der Lok…. Ich habe Glück und der Bus fährt auch bald ab. Nach 17 min bin ich dann auch wieder auf dem Bf Bremen-Blumenthal und, da das schlechte Gewissen drückt, melde ich mich beim Vorsteher Herbert Heiland und erkläre ihm, daß ich auf der Lok bis Vegesack mitgefahren bin, weil ich ja schließlich wissen wollte, wie es auf der Strecke aussieht und wie das alles so abläuft. Herr Heiland ist jedoch ein verständnisvoller Vorgesetzter und erklärt, daß dies selbstverständlich notwendig war, damit ich über alle Belange der FVE Bescheid wüsste – wir verstanden uns. Zur Person des Vorstehers noch ein paar interessante Einzelheiten aus der Vita eines echten Kleinbahners: während meiner Zeit bei der FVE 1982 feierten er und sein Kollege Horst Guddat aus Farge sowie der „Zugereiste“ Herbert Bohne aus Aumund ihr 40-jähriges Dienstjubiläum am 01.04. Herr Heiland fing damals nach der Schule seine Ausbildung zum Eisenbahner im nichttechnischen Dienst bei der FVE auf dem Bahnhof Blumenthal an. Er hat auf der FVE alle Dienststellen (Bahnhöfe) kennengelernt, auch in die Verwaltung hat er hineingeschnuppert. In den 50er Jahren ist er, wie viele seiner jungen DEG-Kollegen, oft als abgeordneter Eisenbahner bei verschiedenen Konzernbahnen gewesen, unter anderem in Bonn, in Tarmstedt und er erzählte auch von Kiel. Eigentlich eine gute Idee der damaligen Oberen der DEG, den jungen Leuten auch ein wenig die Arbeitsweise bei anderen Bahnen zu zeigen und ihnen zu helfen, den Horizont zu erweitern. Eine Art Zeit der Wanderschaft für junge Gesellen! Schließlich wurde Herr Heiland, nach der Pensionierung des damaligen Vorstehers, zum Vorsteher des Bahnhofs Bremen-Blumenthal befördert. Er konnte und machte alles, zwar manchmal nicht in dem Tempo, wie seine jungen Kollegen, aber mit der Souveränität und Abgeklärtheit des Alters. Auf dem Bahnhof Blumenthal hatte er sein eigenes, vom Abfertigungsraum abgetrenntes, Zimmer, in dem er immer über dem Bahnhofskassenbuch brütete. Eine elektrische Buchungsmaschine war in Blumenthal unbekannt. Selbst ein Tischrechner war nur auf dem Schreibtisch der Sachbearbeiterin der Güterkasse vorhanden, ansonsten war Kopfrechnen angesagt. Schreibtische waren „guterhaltene“, die die Bremer Woll-Kämmerei ausgemustert hatte. Diese Schreibtische waren massiv aus Holz mit schräger Schreibfläche, so daß man noch nicht einmal eine Tasse Kaffee abstellen konnte! So etwas hatte ich noch nie gesehen und später auch nicht mehr entdeckt! So fortschrittlich und innovativ die FVE in der Fahrzeugtechnik war, so altertümlich und museal waren die Büros ausgestattet. Aber ich schweife ab. Zurück zum Vorsteher: er wohnte im Bahnhof, im ersten Stock und ging dort in seiner Mittagspause dem Hobby Briefmarkensammeln nach. Mit der Verwaltung in Farge war abgesprochen, daß er von den Eingangsbriefen die Marken erhielt, die kamen dann täglich mit dem Expressgut-Bully in einer EDS-Tüte an. In guter Erinnerung ist mir sein markantes Lachen geblieben – und er lachte gerne. Aus Anlaß seines Jubiläums gab es ein Fest für die Beschäftigten des Bahnhofes, zu dem ich auch eingeladen war, sowie für die Kollegen der anderen Dienststellen. Dazu wurde in dem langen Raum vom Stellwerk bis zum Aufgang zum Abfertigungsraum (das muß der ehemalige Schalterraum gewesen sein) ein langer Tisch aufgestellt, Stühle beschafft und dann gab es Essen und Trinken rustikal im Bahnhof – ab 18:00 h war dann auch Betriebsschluß und der Fahrdienstleiter konnte mitfeiern. Später gab es eine solche Feier dann noch mal aus Anlaß des 30. Geburtstages eines der Fahrdienstleiter. Ab 1988 hatte ich dann auch wieder dienstlich mit Herrn Heiland zu tun, ich war dann nämlich bei der Bremer Woll-Kämmerei im Bereich Transport/Verkehr beschäftigt, später als Leiter der Abteilung, so daß ich auch meinen favorisierten Verkehrsträger mit in den Transportablauf bei der BWK einbinden konnte. Mit Herrn Heiland (den ich dann später auch duzen durfte) hatte ich einen Verbündeten, der nicht locker ließ und auch unkonventionelle Lösungen mit seinen Kollegen und Mitarbeitern und mir zusammen mit seinen Kunden erarbeitete und durchführte. In den frühen 90er Jahren ist er pensioniert worden und ging als Eisenbahn Oberinspektor in den Ruhestand. Vor einigen Jahren habe ich ihn zusammen mit einigen anderen Kollegen aus der damaligen Zeit besucht, ich war noch nicht bei der Mittelweserbahn beschäftigt und die anderen mittlerweile Betriebsleiter bei der FVE, bei der BTE und ein weiterer in der Verkehrsabteilung der DEG-V (bevor sie Connex hieß). Wir redeten über Fahren auf DB, Trassenkontingente, Regionalisierung und diskriminierungsfreien Zugang – für Herbert Heiland waren dies jedoch Themen, mit denen er nicht mehr mitkam. Wir rüttelten an den Grundfesten seines Eisenbahnverständnisses. Für ihn hörte die heile Welt seiner Eisenbahn in Vegesack auf und dort begann das unbekannte Terrain der „Bundesbahn“. So, ich glaube das ist ein guter Zeitpunkt um den 2. Teil meiner Erinnerungen abzuschließen. Sie waren heute sehr persönlich geprägt, aber das machte auch die Besonderheit bei der „Kleinbahn“ aus – die Arbeit wurde von Menschen erledigt, die alle Individuen waren und deshalb war es so interessant. Bei ihnen habe ich nie die Sorglosigkeit der Beamten entdeckt, sondern immer Offenheit und Kreativität für kundengerechte Lösungen. Es wurde um jedes Kilo Stückgut und um jede Tonne Wagenladung gekämpft – Kundendienst war wichtiger als Frühstückspause, es wurde darauf geachtet, daß erst die Kunden bedient wurden, und dann zum geselligen Teil übergegangen wurde. Und wenn gefeiert wurde, machten alle mit – auch die Putzfrau und der Bahnhofsarbeiter. Heute möchte ich ein wenig von den Abläufen auf dem Bahnhof Bremen-Farge und in der Betriebsleitung berichten. Einige der Leser im Forum hatten berichtet, daß sie die Lok V 201 der DEG niemals vor Kohlezügen gesichtet haben – ich kann das so nicht bestätigen. Meines Wissens nach ist die 201 immer vor Ganzzügen eingesetzt worden, mit denen nicht so intensiv rangiert werden musste, wie z.B. vor dem vor- und nachmittäglichen Nahgüterzug. Aber buddeln wir noch mal in der Vergangenheit: Ich bin heute vom Bf Bremen-Farge angefordert worden, Dienst haben Vorsteher Horst Guddat und Fahrdienstleiter Lothar Zimmermann. Beide sind Liebhaber der filterlosen Zigaretten, entsprechend ist die Luft im überheizten Dienstraum, macht mir nichts, dann hole ich eben meine Tabakpfeife raus und halte dagegen. Ich soll heute einige Wagenstatistiken für den Bf Farge erledigen, ungeliebte Arbeit, die für das 2-Mann-Team eigentlich immer liegen bleibt, jetzt aber mal erledigt werden muß. Ich mache es gerne, kann ich doch einmal meine Sichtweise von Blumenthal nach Farge verlegen und feststellen, wie bei einer anderen Dienststelle gearbeitet wird. Um es vorwegzunehmen: in Farge war die Atmosphäre nicht so familiär, wie in Blumenthal. Es ist Ende März 1982 – es ist klar, daß die V 201 von der DEG nach Frankreich verkauft wurde und bald überführt wird (zunächst wieder nach Lengerich und von dort weiter nach Frankreich). Bis zum Eintreffen einer weiteren Ersatzlok muß noch gewartet werden, nach dem Weggang der 201 stünden also die das Pärchen 161/162 (die ich jedoch selbst niemals zusammen in Traktion habe fahren sehen, obwohl das technisch möglich gewesen ist) und die absolute Reservelok 62 (die jedoch wirklich nur für einen schwachen Ng taugt, aufgrund der Leistung von nur 650 PS) zur Verfügung. Also wurde die Werkstatt angewiesen, die V 201 im Kohlependel einzusetzen, dafür dann umschichtig die 161 und 162 im Nahgüterzug und im Nachmittagsdienst zu verwenden und an der jeweils kalt stehenden Lok notwendige Wartungs- und präventive Pflegemaßnahmen durchzuführen, damit diese Arbeiten nicht nach Weggang der Lok 201 in Angriff genommen werden müssen. Der Ablauf in Farge war wie folgt: werktäglich (auch sonnabends) erhielt das Kraftwerk 2400 – 3000 to (Alle Angaben Netto-Tonnen, also Brutto-Zuggewicht war höher) Kohle in Fal (s) Waggons. Diese wurde aufgeteilt, sodaß immer ca. 1200 to Einheiten in Vegesack per DB eintrafen. In Vegesack wurde noch einmal auf 800 to Einheiten geteilt, die dann mit jeweils einer Lok 161/162 nach Farge „auf den Berg“ gefahren wurde. Versuchsweise soll mal die Doppeltraktion mit doppelter Last probiert worden sein, was dann jedoch aus irgendwelchen Gründen, die ich nicht kenne und auch nicht hinterfragt habe, wieder fallengelassen wurde. Die vollen Züge aus Richtung Vegesack fuhren bis in den Bahnhof Farge, die Lok setzte um, zog den Zug vor in Richtung Farge-Ost bis die Weiche in Richtung zum Kraftwerk frei war, dann wurde in das Kraftwerks-Übergabegleis zurückgedrückt. Dort übernahm die Lok des Kraftwerks (meistens eine Moyse-Lok, als Reserve war auch eine Köf 2 vorhanden, aber die hatte wohl mit den Lasten so ihre Probleme…) die Aufgabe, die Waggons auf die Entladebunker zu zerren. Die FVE Lok – in diesem Falle die V 201 der DEG, übernahm dann den in einem Nebengleis stehenden Leerpark, zog vor in Richtung Farge-Ost und drückte dann zurück in den Bahnhof Farge. Offensichtlich war es damals noch nicht möglich, signalisiert aus dem Anschluß in Richtung Vegesack auszufahren. Das war dann wohl erst später möglich. Nach Erstellen der Wagenliste, Wagenprüfung und Bremsprobe ging es dann mit der 201 und dem Leerpark nach Vegesack. Leider hatte ich seinerzeit nie die Gelegenheit auf der V 201 mitzufahren, schade, hätte ich gerne mal gemacht, aber ich war ja schon froh, als damals 19-jähriger aktiv bei einer Eisenbahn mitzuwirken. Gegen 10:00 h traf dann der Ng aus Blumenthal ein, ein Stückgutwagen (der zuvor in Blumenthal teilentladen wurde) wurde an den Güterschuppen rangiert und einige Sendungen wurden entladen. Nicht mehr viel, aber einige Kunden waren in Farge auch noch vorhanden. Anschließend verschwand die Lok im Bw und wurde durchgesehen sowie für den Nachmittagsdienst (Leerpark aus dem Kraftwerk sowie den nachmittäglichen Ng und eine Kesselwagenleistung von Rönnebeck in die weite Welt) betankt. Ruhe kehrte ein, bis wieder die 201 mit dem letzten Vollzug aus Vegesack eintraf, diesen im Kraftwerk zustellte, einen weiteren Leerpark dort abzog und im Bahnhof Farge aufstellte, dieser wurde nachmittags dann mit der Lok der Nachmittagsschicht nach Vegesack abgefahren – Leereinheiten wurden oftmals auch verdoppelt, sodaß eine Fahrt eingespart wurde. Auch die 201 verschwand dann im Bw, wurde abgerüstet und betankt um dann am kommenden Tag wieder den Kohle-Frühdienst zu versehen. Von der Vorbereitung und vom Abschlussdienst her war die 201 unbeliebter als die 161/162, weil der Motor komplizierter war und ein „Ölfresser“ war. Auch waren die Peilstellen und Schmierstellen nicht wartungsfreundlich angeordnet, wie bei den MaK-Maschinen, und bei beleibten Lokführern war es im geschlossenen Maschinenraum doch recht eng…. Es wurde also ruhig auf dem Bahnhof Farge – keine Lok war mehr unterwegs, der Fahrdienstleiter beendete seinen Dienst – er war aber auch schon seit 03:45 h morgens aktiv. Der Vorsteher widmete sich seinen Tätigkeiten und ich erledigte die Statistik, die die beiden in den vorangegangenen Tagen nicht schafften – offensichtlich zu schnell, denn der Vorsteher war etwas erschrocken, als ich ihm um 12:30 h vermeldete, daß ich meine Aufgabe erledigt hätte. Er schlug vor, daß ich noch mal zum Bw gehen sollte, um mir dort die Örtlichkeiten anzusehen, für mich als zukünftigen Eisenbahner (er sagte das mit einem Augenzwinkern, obwohl er wusste, daß ich eine Lehrstelle als Seehafenspeditionskaufmann ab dem 01.08.1982 in der Tasche hatte) sei das wohl interessant. Ich tat das gerne, der Vorsteher Guddat meldete mich im Bw an und ich machte mich auf den Weg. Es war das erste mal, daß mich mein Weg zum Bw führte. Zunächst ging es einen „schwarzen Weg“ entlang dem Hauptgleis zum Bü Pötjerweg, dort an den Bahnwohnungen vorbei zum ehemaligen Triebwagenschuppen. Seinerzeit war dort ein Möbellager (Möbel-Spieker) eingerichtet – was ist dort heute?. Zwischen Triebwagenschuppen und alter Werkstatt ging die Zufahrt zum rückwärtigen Eingang zum neuen Lokschuppen. Durch einen Flur betrat ich den Sozialraum, wo die Lokführer gerade ihre Abschlussbesprechung hielten und rauchten. Ich meldete mich beim Bw-Vorsteher, Herrn Hinrich Ohmstedt. Der war schon durch seinen Kollegen vom Bahnhof informiert und führte mich dann durch die Hallen. Im Bw waren abgestellt die V 161 und 162, an einer wurde etwas gearbeitet, die Vorbauschiebetüren zum Motor waren geöffnet. Die V 62 war soeben aus Leeste eingetroffen, auch hier waren die Vorbauschiebetüren geöffnet und irgendwas wurde gearbeitet. Die V 201 stand groß und wuchtig vor der V 62. Dann ging es in die alte Werkstatt, diese war noch mit Flügeltüren ausgestattet die sehr schwer zu öffnen waren. Hier warteten der Heizwagen sowie als absolutes Kleinod der Bereisungswagen auf mich, dazu war der Schuppen noch vollgestellt mit viel Gerät, was wohl zur Eisenbahn gehörte. Im hinteren Teil war noch ein Hilfswagen abgestellt. Draußen vor dem Schuppen war noch ein Flachwagen und ein Niederbordwagen abgestellt, alle noch in Betrieb und nicht abgestellt bzw. z-gestellt. Ich durfte nach Herzenslust für 1 Stunde zwischen den Fahrzeugen herumstromern. Zum Heizwagen ist noch zu sagen, daß dieser Wagen ein Dieselaggregat besaß, welches die Personenwagen für Militärtransporte, die recht oft stattfanden, elektrisch beheizen konnte. Angeschrieben bzw. mit einer Merktafel war noch hingewiesen, daß keinesfalls DB- Lok und Heizwagen gleichzeitig an die Heizleitung angeschlossen sein durften, sonst gab es wohl großes Malheur. Ich ging, nachdem ich mich vom netten Werkstättenvorsteher verabschiedet habe, zurück zum Bahnhof Farge, um mich dort in der Betriebsleitung zu melden. Ich hatte noch ein Gespräch mit dem Vertreter des Betriebsleiters wegen diverser Dinge. Schon im ersten Teil meines Berichtes hatte ich angemerkt, daß dort 4 Personen arbeiteten. Sie taten dies im vorderen Teil des Verwaltungsgebäudes im Erdgeschoß, im 1. Stock wohnte der Betriebsleiter sowie einer der Zugführer. Wenn man eintrat, war links das Büro der Sekretärin vom Betriebsleiter, dahinter das Betriebsleiterbüro. Rechts das Büro des Vertreters und Personalsachbearbeiters, dahinter das Büro einer weiteren Sachbearbeiterin und ein Aktenraum mit einem Nasskopierer, dann der Durchgang zum Bahnhof (mit Wartesaal, Fahrkartenschalter mit Drehteller – wie in den 50er Jahren!). Richtig zu tun hatte die Sekretärin: die musste alle dienstlichen Anordnungen und Fahrplanmitteilungen schreiben. Computer gab es noch nicht, es wurde alles per Maschine im Durchschreibe- oder Ormig-Verfahren geschrieben. Fahrplanmitteilungen kamen auf rosa Papier heraus. Sie waren immer notwendig, wenn Einlegungen für Sondertransporte (z.B. Militär) notwendig wurden. Die Dienststellen wurden angewiesen, was getan werden musste und welche Betriebsstellen besetzt zu halten waren. Blumenthal war meistens durchgeschaltet, wenn die Züge am Wochenende fuhren, Rönnebeck auch. Farge war auch nicht besetzt, es musste nur der Fahrweg vom Bw eingestellt sein, die Weiche legte der Zugführer dann vom Stellwerk aus zurück in Richtung Farge-Ost. Farge-Ost war von der Dienststelle Farge aus (selten von Blumenthaler Personal) zu besetzen, in Schwanewede gab es dann noch einen kleinen Dienstraum, wo ein Abfertiger eingesetzt war, der meistens von Farger oder Blumenthaler Personal gestellt wurde. Aumund, als Zugleitbahnhof, war immer zu besetzen. Die Einteilung der Zugbegleitpersonale übernahm Bf Farge, das Bw wurde angewiesen, die Lokführer zu stellen. Da die Farger Personale jedoch recht locker auf ihre Stunden kamen, wurden oft auch Lokführer aus Leeste angefordert, die entweder weniger Stunden hatten oder gerne Überstunden leisteten. Interne Verrechnung zwischne den DEG-Bahnen machte das möglich! Es sollen auch Lokführer aus Lengerich oder Gütersloh in Farge eingesetzt worden sein. Über allen thronte der Betriebsleiter – was der so richtig machte, weiß ich nicht, aber er war ein guter Verteiler der Aufgaben. Damals ein uralter Mann, kurz vor der Pensionierung. Vom Dienstrang her Eisenbahnoberamtsrat, eine Respektperson. Viel hat der von seinem Ruhestand auch nicht gehabt, ich glaube, er ist kurz nach dem Jubiläum 1988 verstorben. Ich regelte mit dem Personalsachbearbeiter meine Angelegenheiten, unter anderem ging es darum, daß ich Busfahrkarten für Dienstfahrten zwischen Blumenthal und Farge erhielt. Außerdem eröffnete mir der gute Mann, daß ich, da ich ja einen Kfz-Führerschein hatte, auch einige Male mit dem Expressgut-Bully Touren fahren sollte. Einen Führerschein hatten damals nicht viele Mitarbeiter der FVE: der Fahrdienstleiter Farge war Moped-Fahrer, die Zugführer kamen alle mit dem Fahrrad, von den Vorstehern hatte nur der aus Aumund einen Führerschein und ein Auto – sie waren damals (immerhin 1982) alle noch echte Eisenbahner! Noch eine Anmerkung zur Telekommunikation bei der FVE: Die Bahnhöfe hatten einen Postapparat, in Farge war sogar eine Nebenstellenanlage vorhanden, Gespräche über Post kamen nach Dienstschluß in der Verwaltung in den Bahnhof, der dann noch besetzt war. Der Postapparat war z.B. in Blumenthal auf einem podestartigen Regal, von dem dann jeder „bequem“ telefonieren konnte. Daneben gab es eine bahninterne Telefonanlage, mit der alle Dienststellen, auch das Bw, erreicht werden konnte. Für die fahrdienstlichen Gespräche war noch der Streckenfernsprecher mit Kurbel und Rufzeichen für die Dienststellen vorhanden, der jedoch manchmal schadhaft war, so daß für die Zugmeldungen die bahninterne Anlage genutzt wurde. Eine Basa-Einrichtung war nicht vorhanden, wenn mit anderen Dienststellen der DB telefoniert werden musste, fuhren die Vorsteher mit dem Omnibus nach Vegesack,um von dort zu telefonieren, dies war preiswerter (dies ist kein Witz, sondern war Tatsache!). Ab und an rief, z.B. in Blumenthal, „Frankfurt“ an, um etwas zu klären. Das war dann Sache des Vorstehers – nur der durfte mit den Oberen in Frankfurt konferieren – alle Gespräche im Dienstraum verstummten, wenn der mit denen verhandelte. Alles lauschte gespannt, um aus dem Gespräch herauszuhören, um was es ging, und wer als nächstes eingenordet werden würde, weil er/sie etwas falsch gemacht hatte. Frankfurt war die DEG-Verwaltung, von dort wurde u.A. die Verkehrskontrolle erledigt. Nochmals die Aussage von mir, die FVE war eine funktionierende, familiäre und stolze Eisenbahn. Trotz fehlender Computer wusste jeder, was zu tun war. Alle waren lange Jahre dabei, z.T. schon nach der Ausbildung, die Fahrdienstleiter und Vorsteher trugen Dienstkleidung, zumindestens Uniformjacken. Die Zugführer, die nicht rangieren mussten, trugen auch Uniformjacken und Dienstmützen. In Blumenthal lag im Stellwerk noch immer eine rote Mütze für den Fahrdienstleiter – das musste wohl so sein. Man war stolz, bei der FVE zu sein, im Ort waren die Vorsteher „bei der Bahn“. Bei der Bevölkerung war man traurig, daß die durchgehenden Züge von Blumenthal nach Bremen Hbf nicht mehr fuhren, das hörte ich auch noch in den 80er Jahren von alten BWK-Mitarbeitern, die das bis Anfang der 60er Jahre noch miterlebt haben. Ja, das war der 3. Teil meiner Erinnerungen, sie fallen deshalb so umfangreich aus, weil ich bei der FVE am längsten beschäftigt war. Ansonsten war ich ja immer nur 3 – 4 Wochen bei den Bahnen beschäftigt. Auch deshalb hatte ich auch nach Ende meiner Ferienbeschäftigung noch immer Kontakte zur FVE, zu einigen damaligen Mitarbeitern sogar noch bis heute. Einen Teil des Weges sind wir uns noch mal begegnet, z.B. als ich bei der Wollkämmerei arbeitete, anderen bin ich dann später noch mal begegnet, als ich schon lange bei der Mittelweserbahn begann. Ich werde versuchen, noch einen 4. Teil zu schreiben und schaue mal, welche Erinnerungen sich noch auftun. In den Teilen 1 – 3 habe ich ich bislang über die Hauptan- und abfuhrgüter sowie die Hauptkunden der Farge-Vegesacker Eisenbahn Stand 1982 berichtet. Außerdem habe ich einige Kollegen etwas intensiver beschrieben, eine Fahrt von Farge nach Vegesack durchgeführt und den Aufbau der Bahnhöfe beschrieben. Ferner habe ich das Kommunikationssystem, die personelle Ausstattung und den Fahrzeugbestand beschrieben. Heute möchte ich einmal einen normalen Arbeitstag während meiner Tätigkeit als Abfertigungsgehilfe auf dem Bahnhof Bremen-Blumenthal darstellen. Wie ich schon früher erwähnte, beginnt der Dienst bei einer Eisenbahn immer früh – manchmal auch zu früh für junge Leute meines damaligen Alters, aber was tut man nicht alles, um seinem Hobby nachzugehen und damit auch noch Geld zu verdienen. Ich war jung und brauchte das Geld, denn wir wollten nach der Aushändigung der Abiturzeugnisse einen alten VW-Bus kaufen und damit eine 6-wöchige Tour durch Frankreich, Spanien und Portugal unternehmen. Also, früh morgens um 05:00 h aufstehen, frühstücken, mit dem Fahrrad zum Hbf und ab in den „Schieber“ nach Vegesack um 06:13 h, von Vegesack weiter nach Blumenthal mit dem Bus (schon damals fuhr der Bus grundsätzlich immer vor der Nase ab und wartete nicht immer auf die zahlreichen Pendler, die dem verspäteten Zug aus Bremen entströmten. Im Bf Blumenthal angekommen, schnappte ich mir zunächst ein Bündel von Eingangsfrachtbriefen, um die Stückgutsendungen, die uns heute im Stückgutwaggon erwarteten, vorzuprüfen. Darunter ist die Prüfung der Entfernung, des Frachtsatzes, der Ortsklasse und der Zuschlagfracht zu verstehen. Für Farge-Vegesack musste ausgewiesen sein „Zu 448“ und ein Betrag von DM 1,- pro angefangene 100 kg, mindestens jedoch DM 1,-. (ich glaube, es waren 100 kg – sicher bin ich mir nicht). Den Sendungen, die von der DB per Computer abgefertigt und gebucht waren, konnte man einigermaßen trauen, da seinerzeit schon in den Computern eine Plausibilitätsprüfung vorhanden war. Misstrauen sollte ich den per Hand ausgerechneten Frachtbriefen. Wie alle Frachtrechner und Vorsteher der von mir in den vorangegangenen Jahren besuchten NE war auch Herr Heiland sehr misstrauisch und beäugte argwöhnisch die Frachtbriefe im Eingang, ob die Ortsklasse für die Hausfracht im Empfang und die Zu-Fracht für die NE aus richtig berechnet wurde. Hier ging es um bares Geld, und da verstand der sonst so arglose Vorsteher keinen Spaß! Nachdem die Eingangsfrachtbriefe berechnet waren (der Fahrdienstleiter hatte mit der Vorprüfung schon früher angefangen – interessanterweise wurden die Frachtbriefe mit dem ersten Kohlezug von Vegesack nach Farge bis Blumenthal gebracht und dort aus der fahrenden Lok gezielt abgeworfen), konnte erst einmal Kaffee getrunken werden, es sei denn, der Nahgüterzug traf ein, was jedoch immer bis gegen 08:30 h dauerte, da erst noch in Aumund-Vulkan bedient wurde. Endlich traf die Lok mit dem Stückgutwagen der DB und dem FVE-eigenen Vulkan-Pendelwagen ein. Nun begann der Bahnhof zu leben, zunächst verzog sich der Fahrdienstleiter in sein Stellwerk, der Nahgüterzug fuhr entweder im Hauptgleis oder im Kreuzungsgleis ein, dort setzte die Lok um und stellte die Stückgutwagen am Güterboden zu (die Anforderung des Rangierers war „und die 3 zum Boden“ – der Fdl antwortete „und die 3 liegt am Boden“). Nachdem das getan war, wurden die für die Bremer Woll-Kämmerei (BWK) – im Bahnjargon war das jedoch immer nur die „Kämmerei“ bestimmten Waggons in deren Übergabebahnhof zugestellt. Dazu musste die stark befahrene Landrat-Christians-Straße überquert werden, welche zunächst mit einer Lichtzeichenanlage, die ortsbedient war, gesichert wurde, zuvor musste auch das alte schmiedeeiserne Werktor aufgeschlossen werden. Das war eigentlich immer Sache des Fahrdienstleiters, der jedoch das immer gerne an den Zugführer delegierte. Dann konnten die Fc-Wagen mit Kohle für das BWK-eigene Kraftwerk zugestellt werden sowie die Waggons mit Rohwolle aus deutschen Landen (schon damals eher selten) oder mit Chemie-Rohfaser von den chemischen Werken (auch eher selten) wurden zugestellt, dazu kam noch ab und an ein Waggon mit Schwefelsäure für die Wäscherei der BWK. Einige leere Gbs-Waggons für den Versand der BWK wurden ebenfalls mit überstellt. Hierin wurde meistens Fassware (Lanolin / Wollwachs) verladen. Empfänger war die chemisch / kosmetische Industrie. Aber jetzt zurück in den Bahnhof, die Zeit körperlicher Ertüchtigung nahte: Der Güterschuppen des Bahnhofes Blumenthal war ein langer, schmaler Bau mit 4 Toren, so daß maximal 4 Güterwaggons ent-/oder beladen werden konnten. Das war aber zu der Zeit, als ich in Blumenthal weilte, nie der Fall. Am Ende des Schuppens war ein Wasserturm eingebaut, der dem ganzen eine besondere architektonische Note gab. In der hintersten Ecke des Schuppens, im Bereich des Wasserturmes war der Gabelstapler geparkt, ein älteres Still-Modell mit Akkumulatoren, die dort immer aufgeladen wurden. ER wurde nun betriebsklar gemacht und los ging es: die Türen des Eingangswaggons wurden geöffnet, eine Handlampe in den Waggon gehängt (ansonsten war es dort nämlich finster wie im Kohlenkeller) und eine Holzkiste auf Palette mit langer, vorgebauter Arbeitsfläche (die sogenannte „Bütt“) am offenen Tor aufgestellt. Hinein kam die Dame von der Güterkasse, die die Frachtbriefe auf die Arbeitsfläche drapierte und wartete was nun kam. Die Männer bewaffneten sich mit Sackkarre, Ameise oder per Hand wurden die Sendungen aus dem Waggon ausgeladen und der „Bütt“ wurde zugerufen, was ausgeladen wurde. Die Kollegin forschte nach den zu der Sendung gehörenden Frachtbriefen, prüfte, ob Selbstabholer, Spedition oder überzählig, rief das Ergebnis dem Auslader zu und hakte die Sendung auf dem Frachtbrief ab. War die Sendung vollzählig, konnte der Frachtbrief weggestapelt werden. Der Auslader brachte die Sendung zur entsprechenden Ecke im Güterschuppen und ging zurück zum Waggon, um das nächste Stück auszuladen. Und so ging das weiter bis ca. 09:30 h, alle machten mit, denn die Kunden sollten schnell bedient werden. Es mussten ja auch noch die für den Bremer Vulkan bestimmten Sendungen ausgeladen und in den Pendelwaggon umgeladen werden. (Diese Sendungen wurden übrigens nicht in Blumenthal berechnet und gebucht, sondern durch den Bahnhof Aumund gebucht – man war damals offensichtlich schon profit-center- und umsatzorientiert…). Nachdem alle Sendungen ausgeladen, geprüft und verglichen wurden, wurden die für den Vulkan bestimmten Sendungen in den Pendelwagen verladen, die für die Woll-Kämmerei bestimmten Sendungen wurden wieder in den Eingangswaggon eingeladen. Der Kämmerei-Waggon wurde nun noch schnell der Kämmerei überstellt (anschließend dann die tel. Meldung an den Meister Bahn der Kämmerei, damit dieser mit seiner Lok den Waggon auch noch abholte), die Lok der FVE verschwand dann schnell mit dem Pendelwaggon zurück zum Vulkan, um dort den Waggon der Vulkan-Werksbahn zuzustellen. Jetzt wurde es auf dem Bahnhof ruhiger, ich erwähnte oben, daß beim Ausladen alle mitmachten, und das war nicht gelogen: - Kassenangestellte in der Bütt - Bahnhofsarbeiter auf dem Stapler - Abfertigungsgehilfe an der Ameise/Sackkarre oder als „Fußgänger“ - Azubi ebenfalls - Vorsteher (vorschriftsmäßig im hellblau-grauen Drillichkittel, Schutzhelm auf und Sicherheitsschuhe an) stand meist im Weg, packte aber auch mit an – ich wunderte mich damals, daß es überhaupt Sicherheitsschuhe in seiner Größe gab, ich glaube, er hatte Größe 48, und den Schutzhelm trug er, weil er sich immer am eingezogenen Dachrahmen des Güterwaggons den Kopf stieß – seine Körpergröße war – gleich meiner – über 190 cm! Man konnte an ein Frühstück denken, wenn diese löbliche Tätigkeit nicht dadurch unterbrochen wurde, daß ein Selbstabholer Stückgut einforderte oder der Spediteur eintraf, um die für ihn bestimmten Sendungen abzuholen. Ich sah unterdessen dem Fahrdienstleiter bei der Arbeit zu – während der Zeit, in der der Nahgüterzug in Blumenthal weilte, um Stückgut auszuladen, rollte mindestens ein Vollzug von Vegesack und ein Leerzug von Farge durch den Bahnhof. Der Nahgüterzug war dann im Bodengleis oder im Kreuzungsgleis hinterstellt, die schweren Kohlezüge fuhren durch Gleis 1. Die Besatzung des Nahgüterzuges nahm währenddessen im Bahnhofsgebäude Frühstück zu sich, dem „uralten“ Hauptzugführer wurde von der Putzfrau des Bahnhofes ein Tee bereitet, der Rangierer half mit beim Stückgut ausladen, der Lokführer blieb meistens auf der Lok und betrieb „Augenpflege“. Am Vormittag war ich, nach 1-2 Wochen Einarbeitungszeit, meistens angefordert durch den Bahnhof Farge, um von dort aus mit einem VW-Bully Expressgut in Vegesack bei der Bundesbahn abzuholen, Dienstpost auszutauschen und das Expressgut den Bahnhöfen Aumund, Blumenthal und Farge zuzustellen und dabei auch Dienstpost zuzustellen oder abzuholen. Die DB-eigenen EDS-Tüten wurden wie selbstverständlich auch bei der FVE verwendet. Am frühen Nachmittag war ich von diesen Touren meistens zurück und fand mich wieder im Bahnhof Blumenthal ein. Der Vorsteher war inzwischen zur Mittagspause die Treppe nach oben gestiegen, die Güterkasse war verwaist, der Fahrdienstleiter der Frühschicht schon gegangen und der Fahrdienstleiter der Spätschicht gerade erst eingetroffen. Von der BWK wurde angefragt, welche Waggons im Ausgang zu erwarten seien, dann wurden die Waggonzettel angefertigt und ich ging gegen 13:00 h in den Anschluß der Kämmerei, um die Waggons zu bezetteln. Kohle-Waggons bekamen einen schmalen Leerwagenzettel nach Dickscheheide oder Walsum, Gs-/Gbs-Waggons mit Fassware (Lanolin) gingen meistens nach Hamburg oder Düsseldorf, manchmal auch nach Ungarn, dann kamen viele bunte Zettel in die Zettelkästen. Die leeren Waggons, die Zellstoff oder Rohwolle heranbrachten gingen meistens nach Bremen Rbf zurück. Bei den Fc-Waggons mussten alle Schieber in die Entladen-Stellung gebracht werden, damit Ladungsrückstände restlos aus den Waggons verschwanden und kein evtl. Wasser in den Waggons stehenblieb. Bremstechnisch wurden die Waggons durch den Rangierer in die „Leer-Stellung“ gebracht, obwohl ich dies auch noch geschafft hätte, aber das traute man mir offensichtlich nicht zu. Mit meiner Wagenliste kam ich dann nach ca. 45 min zurück zum Fahrdienstleiter, inzwischen war der Meister Bahn der BWK, ein netter, älterer Herr, der mit dem Vorsteher des Bahnhofes befreundet war, mit den Ausgangsfrachtbriefen gekommen, man schnackte kurz und er entschwand in den Feierabend. Der Fahrdienstleiter berechnete die Frachten für die Ausgangssendungen, inzwischen war ich damit beschäftigt, Versandstücke von Kunden am Güterschuppen anzunehmen, zu verwiegen und vorzuprüfen. Seinerzeit gab es übrigens eine ganze Menge Gastarbeiter aus Griechenland, die aus irgendwelchen Gründen zurück nach Griechenland zogen. Sie waren meist bei der BWK angestellt und wollten zurück in die Heimat. Sie zogen per Bahn um – dies ist kein Witz: man konnte einen gesamten Hausstand in Bahnbehälter einladen, mit Holzwollen transportsicher verladen und in Stückgutwaggons einladen. Im Bestimmungsland wurden diese rollbaren Behälter einfach dem Empfänger zugestellt. Eine tolle Sache, schon damals – ich fand das faszinierend. Gegen 14:30 kam die Lok der Nachmittagsschicht mit einem Kesselwagenzug von Rönnebeck, brachte diesen, Blumenthal durcheilend, nach Vegesack und kam Lz zurück. Aus dem Anschluß BWK wurden die Wagen abgezogen, der Stückgutwaggon kam wieder an den Schuppen, Ausgangsstückgut der BWK wurde anhand der abgegebenen Frachtbriefe auf Vollzähligkeit überprüft und das bahneigene Stückgut in diesen Waggon verladen. Inzwischen fuhr die Lok zum Anschluß Aumund-Vulkan, um von dort die Ausgangswaggons abzuholen. Wenn Stückgut des Vulkan im Ausgang war, musste auch dieses noch umgeladen werden. Gegen 16:00 h war für mich der Arbeitstag zu Ende, manchmal konnte ich mit dem Nahgüterzug bis Vegesack fahren und dort in den Wendezug nach Bremen Hbf einsteigen, dem Feierabend entgegen.
Posted on: Sat, 19 Oct 2013 10:35:26 +0000

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