Das verlassene Haus? „Weißt du, wie die Bewohner gestorben - TopicsExpress



          

Das verlassene Haus? „Weißt du, wie die Bewohner gestorben sind?“, fragte Bobby, als sie zu dem verlassenen Haus spazierten. Es stand am Ende von einem langen einsamen Kiesweg. Die beiden wussten, dass sie eigentlich nicht hier sein durften. Mit zwölf Jahren erlaubten die Eltern einem nun mal nicht, mitten in der Nacht in einer nahezu unbewohnten Gegend umherzustreifen, um ein angeblich spukendes Haus zu erkunden. „Ja“, sagte Chris und zog den Reißverschluss seiner dünnen Jacke höher. „Sie sollen eines Nachts ermordet worden sein, oder?“ „Nicht ganz“, sagte Bobby unheilverkündend und blickte sich geheimnisvoll um, als könnten die schweren Eichen, die die Seiten des Weges säumten, ihn belauschen und eines Tages vielleicht etwas von dem ausplaudern, was nun folgte. „Mein Vater hat es mir einmal erzählt. Die Geschichte über das Haus und… nun ja…“. Er machte eine Pause und schluckte schwer. Man konnte in der Vollmondnacht beinahe sehen, wie sich ihm bei dem Gedanken der Magen verkrampfte. Auch Chris wurde plötzlich unbehaglich und er bekam eine Gänsehaut. Als sie vor einer halben Stunde die Idee hatten, diesen unter Kindern und Jugendlichen, ja sogar Erwachsenen, gefürchtete alte Haus aufzusuchen, war ihnen noch nicht wirklich klar, was sie ihrem Mut hiermit abverlangten. „Ich meine“, begann Bobby. „Das alte Ehepaar (sie waren um die Siebzig rum) sind eines Nachts aufgewacht. Es gab Geräusche… aus dem… Keller.“ Wieder schluckte er schwer und mit jedem Schritt, dem sie diesem verdammten Haus näher kamen, wurde ihm unbehaglicher im Bauch. Mit einem Blick auf die Umrisse der riesigen Behausung, die am Ende des Weges begierig auf die beiden zu warten schien, fuhr er fort. „Als die beiden dann in den Keller gingen, sind sie einfach gestorben.“ Er hatte eigentlich vorgehabt, seine Erzählung noch ein bisschen auszuschmücken, wie man es so tat, wenn man seinem besten Freund nachts eine gruselige Story auftischte, aber irgendwie war ihm plötzlich die Lust dazu vergangen. „Schwer zu glauben, wenn du mich fragst.“, bemerkte Chris und warf dem immer größer werdenden Anwesen einen trotzigen blick zu. „Aber genau darüber haben sich neulich erst meine Eltern mit unseren Nachbarn unterhalten. Sie sagten, dass die Polizei festgestellt hatte, dass die beiden wohl an einem Herzanfall gestorben waren. Ziemlich merkwürdig wenn du mich fragst. Warum geht ein altes Ehepaar, mitten in der Nacht in den Keller und stirbt dann an einen Herzanfall?“ Das ganze hatte sich vor mehr als dreißig Jahren ereignet. Der einzige Sohn der beiden, hatte das Anwesen geerbt und es seitdem nie angerührt oder gar besucht. Es stand nun einfach so dar, wie ein Gefangener der Zeit. Pflanzen überwucherten einen Großteil der rechten Haushälfte. Es hatte einmal ein kleiner Pfad von dem Kiesweg zum Hauseingang geführt, doch mit den Jahren war dieser mit Gestrüpp überwuchert und fast nicht mehr auszumachen. Rechts und links neben diesem Pfad lag ein ekelerregendes Gewässer. Früher einmal waren es Teiche gewesen, doch genau wie der kleine Pfad dazwischen hatten sie sich mit den Jahren zu etwas entwickelt, das eher einer grünen Suppe gleichkam. Bobby und Chris überlegten, ob sie ihre Taschenlampen anschalten sollten oder lieber nicht. Es war zwar weit und breit kein anderer Mensch hier, das wussten sie, aber könnte man ihre Taschenlampen vom Dorf aus vielleicht sehen? „Ich sage dir, wir schalten sie an, wenn wir im Haus sind.“, sagte Chris und verlangsamte seine Schritte. Sie waren nun am Ende des Kieswegs angelangt und würden sich nun durch das dornige Gestrüpp einen Weg zur Eingangstür bahnen müssen. Der Mondschein tauchte die Atmosphäre in ein silbriges Licht und spiegelte sich schaurig auf dem Wasser der alten Teiche wieder. „Was, wenn Monsterfische oder so in den Teichen sind, und uns mit schleimigen Greifarmen an den Knöcheln packen, wenn wir zu dicht dran sind?“, fragte Bobby im Flüsterton. „Halt die Klappe“, wies ihn Chris an. „Pass ja auf, dass du nicht zu dicht daran gehst und reinfällst. Der Pfad sollte ungefähr zwei Meter breit sein, also versuch dich möglichst in der Mitte zu halten.“ Chris wurde plötzlich bewusst, dass sie ziemlich angeschmiert wären, wenn ihnen hier etwas passierte. Hilferufe würde niemand hören. Was, wenn einer der beiden wirklich in den Teich fallen würde? Oder was, wenn das Holz und die Böden im Haus mit der Zeit so morsch und brüchig geworden waren, dass sie durchbrechen würden? Chris vertrieb diese Gedanken aus seinem Kopf und holte tief Luft. „Bereit?“, fragte er leise. „Tun wir´s“, sagte Bobby und ein Lächeln huschte wie ein Gespenst über sein Gesicht. Fortsetzung folgt!
Posted on: Sun, 07 Jul 2013 16:43:11 +0000

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