Der Wirbelsturm im Herzen einer Muslima Teil 1-6 Teil 1 : Tahira - TopicsExpress



          

Der Wirbelsturm im Herzen einer Muslima Teil 1-6 Teil 1 : Tahira ihr Leben war toll. Mal abgesehen davon, dass ihr gerade todeslangweilig war. Mit überkreuzten Beinen lag sie im Bett, starr blickte sie auf die Decke und wusste nichts mit sich anzufangen. Es war ein Freitag, ein warmer angenehmer Tag, so wie es für den Monat August üblich ist. Ihr Vater Azaar und ihre 2 großen Brüder Jamal und Ommar waren beim Freitagsgebet. Einer der Pflichten aller muslimischen Männer an diesem Wochentag in der Gemeinschaft dieses Gebet z u verrichten. -Und ich?- dachte sie sich.-Ich lieg hier nur rum und weiß nichts mit mir anzufangen.- „Ich sollte mich schämen!“ seufzte sie vor sich hin. Irgendwas hatte sie noch über den Freitag im Islam in Erinnerung, doch was war dies nochmal? Was für eine Bedeutung hatte dieser Tag? Ruckartig stand sie von ihrem Bett auf und lief zum Bücherregal. ‘‘DER FREITAG IM ISLAM“, lautete das Buch. Sie nahm es zur Hand und öffnete es. „ Der Freitag ist ein besonderer Tag für die Muslime. An einem Freitag wird die Welt untergehen, an einem Freitag wurde Adam der erste Mensch erschaffen, am Freitag verzeiht Allah besonders den Menschen ihre Sünden, die reuevoll zu ihm zurück kehren und am Freitag findet “Jumah“ ( das Gemeinschaftsgebet) statt“. Tahira schlug das Buch zu. Ein Satz blieb ihr die ganze Zeit über im Gedächtnis. Dieser Satz, dass Allah besonders am Freitag den Menschen verzeiht, die reuevoll zu ihm zurück kehren. – Was für eine Barmherzigkeit von Allah, wir Menschen nehmen und nehmen und sind so undankbar. Wir Menschen vergessen oftmals warum wir auf dieser Erde sind, wir vergessen das dieses Leben kein Spiel und Spaß ist, sondern nur eine Prüfung. Eine Prüfung, eine bestimmte Zeit in der wir uns beweisen können, ob wir Allahs Worten gehorchen oder nicht. Und selbst wenn wir diese Sünden begangen haben und wir von Herzen Allah um Vergebung bitten, so wird Er uns vergeben. WAS FÜR EINE BARMHERZIGKEIT- dachte sie sich mit einem Lächeln im Gesicht. „Tahiraaaaa, Besuch ist da, komm runter und begrüße deine Gäste“ schrie plötzlich wie aus dem Nichts eine Stimme. Es war ihre Mutter Sumayya. Sumayya gehört zu einer der deutschen Frauen die zum Islam konvertiert sind. Christina war ihr richtiger Name, doch diesen änderte sie als sie die neue Religion annahm, da Christina ein sehr christlicher Name ist.Eine deutsche Muslima die mit Herz und Seele ihre Religion liebt und lebt. Eine Frau die für ihre Religion von ihren gesamten früheren Umfeld abgestoßen wurde, ja, auch von ihren Eltern. Doch ihre Eltern waren immer ein Tabu Thema im Hause. Man sprach nie großartig darüber. Jeder wusste darüber Bescheid, doch keiner wollte die Narben in ihrem Herzen neu aufreißen. Denn wer wird schon gerne von seinen eigenen Eltern abgestoßen? Ich denke keiner. Teil 2: Plötzlich klopfte es an der Tür. – Wer könnte dies sein?- Tahira warf noch einmal einen letzten Blick in den Spiegel, bevor sie die unbekannte Person hereinbat. Doch was sie im Spiegel sah gefiel ihr ganz und gar nicht. Trotz den häufigen Komplimenten die sie bekam, war sie unzufrieden mit ihrem äußeren. Sie sah kein attraktives, junges 17 Jähriges Mädchen in sich, sie sah viel eher eine zu dick geratene Persönlichkeit. Doch dick konnte man sie nun wirklich nennen, sie hatte eine schlanke, schöne Figur. Weiblich würde ebenso zutreffen. Oftmals kamen ihre Freunde mit dem Spruch “Nur Hunde spielen mit Knochen“- doofer Spruch!- dachte sie sich. Die einen wollen eben zunehmen und können es nicht, die anderen wollen abnehmen doch schaffen es nicht. Da ist so eine Aussage einfach nur unpassend. Doch selbst wenn sie sich mit ihrem Körper nicht anfreunden konnte, der Rest gefiel ihr ganz gut. Lange dunkelbraune, gelockte Haare, dunkle Haut, volle Lippen und grüne Katzenförmige, große Augen die einen an eine Raubkatze erinnerten. Man sah ihr an, dass sie eine Mischung war, da ihr Vater aus dem Irak stammt. Inzwischen bemerkte sie, dass jemand an der Tür mit einem ernsten Blick stand. „Komm sofort runter, wie lange sollen wir noch auf dich warten!“ erhöhte jemand ihren Ton. Es war ihre Mutter. „Immer drückst du dich vor der Arbeit, komm runter und gieß deinen Gästen Tee auf, dein Großonkel Bilal ist gekommen. Wenn du innerhalb einer Minute nicht unten bist dann wird es aber gewaltig donnern!“. „IST OKAY MUM, ICH KOMM DOCH SCHON GLEICH“ presste Tahira ihre Stimme, um ihre Wut zu unterdrücken. Man konnte ihren Hass an ihren Augen ablesen. Sie fühlte Zorn wenn sie den Namen Bilal hörte. Diesen Mann konnte sie einfach nicht ausstehen. Er gehörte zu den Männern die ihre Frauen schlecht behandelten und auf ihre Frauen einschlugen. Zu dieser Art von Mann der eine Frau eher als Putzfrau und Kinderproduktions- Maschine betrachtet und nicht als eine Frau mit Rechten. Er erfreute sich an dem Anblick anderer, halbnackten Frauen auf den Straßen, doch die eigene Frau durfte nicht das Haus verlassen. Und die größte Schande an dieser Sache war, er nannte sich Muslim! Es sind doch genau diese Menschen die den Islam in den Dreck ziehen und die Medien strahlen dann wieder ganz stolz im TV aus – Frau im Islam wird unterdrückt!- Diese Gerüchte werden erst ein Ende nehmen, wenn die Menschen anfangen würden, Religion von den alten, dummen Traditionen zu unterscheiden. Wenn sie doch nur wüssten, was für eine besondere Rolle die Frau im Islam spielt. Wenn sie doch nur ihre Augen öffnen und erkennen würden, dass die Medien mit ihren Lügen gegen diesen Glauben hetzen .Wenn sie doch nur die Überlieferungen des Propheten Mohammed Friede und Segen sei auf ihm sich durchlesen würden, dann könnten sie darin erkennen, wie oft der Gesandte den Männern befohlen hat, gut zu seinen Frauen zu sein. Wenn sie doch nur wüssten, dass einer der Worte diesen edlen Menschen „ Der beste unter euch ist derjenige, der seine Frau am besten behandelt“ waren. Er befahl der Männerwelt die Frau so zu akzeptieren und zu lieben wie sie ist. Er hinterließ uns folgende Aussage : „ Behandelt die Frauen gut; denn die Frau ist aus einer (gekrümmten) Rippe erschaffen worden, und der am stärksten gekrümmte Teil ist in der oberen Region. Wenn du sie gerade biegen willst, wirst du sie brechen, und wenn du sie lässt, wie sie ist, wird sie verbogen bleiben. Behandle also die Frauen gut“. Was für wunderschöne Worte dies doch sind, denn sie erklären uns, das die Frau aus der Rippe des Mannes erschaffen wurde. Weder aus seinem Fuß, damit er über sie drüber laufen kann, noch aus seinem Kopf, damit sie über ihm steht. Aber aus seiner Seite, damit sie gleich sind, unter seinem Arm, um beschützt zu werden und neben seinem Herzen, um aus tiefsten Herzen geliebt und bewundert zu werden. Mohammed Friede und Segen sei auf ihm erwähnte ebenso, dass die Frau wie ein zerbrechliches Glas ist, daher sollen die Männer die Frauen mit Schonung und Zärtlichkeit behandeln, als hätten sie einen gläsernen Gegenstand in den Fingern. - Ach genug aufgeregt, dadurch wird es auch nicht besser- sagte sie sich selbst und lief die Treppen runter, um ins Wohnzimmer zu gelangen. Dort saß er auch schon. Auf unserem Sessel, mit seinem Schnauzer im Gesicht, der Glatze und seinem dicken Bauch. Im ganzen Haus roch man seinen widerlichen Geruch vom Parfüm. Es roch so stark, als hätte sein Schweiß sich mit diesem Duft vermischt. Ekelhaft! Ihr Vater saß ebenso im Wohnzimmer und die beiden warteten darauf, dass das Mädchen den Tee bringen möge. Tahira riss sich zusammen, denn im Islam ist der Besuch Gottes Besuch und man ist dazu verpflichtet, zu diesen Gästen höflich und respektvoll zu sein. Sie setze sich ein Lächeln auf, sprach den Friedensgruß aus und lief schnurstracks in die Küche. Der Tee wurde schon gekocht, man musste ihn nur noch in die orientalischen Teegläschen füllen und sie dem Besuch bringen. Dies tat das Irakisch-Deutsche Mädchen und servierte die „Bestellung“. Großonkel Bilal betrachtete sie von oben bis unten. Mit einer Zigarre zwischen seinen trockenen, dünnen Lippen sprach er in undeutlichen Worten zu dem Vater. „Lern deine Tochter zu erziehen, wie sie rumläuft! Kein Anstand dieses Mädchen! Nicht einmal ein Kopftuch trägt das Weib. In ein irakisches Dorf auf einen Bauernhof muss sie gebracht werden, genau! Damit sie lernt für was Frauen wirklich gut sind! Am besten wir verheiraten sie dort mit meinem Neffen, sonst wird sie dir noch einen Deutschen Jungen nach Hause bringen“. Tahira knallte eines der Gläschen auf den Tisch, so dass die Hälfte von dem Tee überschwappte. Es wurde still im Raum. Teil 3: Ihre Miene verzog sich zu einem wütenden Blick. „ ES REICHT!" fing Tahira an zu schreien. "Jahrelang lassen wir uns deine Nationalistischen Aussagen gefallen! Und selbst wenn ich einen Deutschen bringen würde, was wäre schon dabei? Er könnte ein praktizierender und besserer Muslim als wir alle drei zusammen sein! Was willst du mir schon sagen, meine eigene Mutter ist eine Deutsche! Und ausgerechnet DU willst mir was von Anstand erzählen? Wenn Anstand in deinen Augen seiner eigenen Frau Schmerzen hinzufügen bedeutet, dann wäre es doch sicher kein Problem, wenn ich den Tee über dein Gesicht schütten würde!“. Sie bemerkte wie seine kleinen, blauen Augen immer größer wurden und man sein Entsetzen im Gesicht ablesen konnte. Noch nie hatte sich jemand getraut, so mit ihm reden. Doch dies schien Tahira in diesem Moment nicht zu interessieren. Sie folgte weiterhin fort – „Und ob ich mich bedecke oder nicht ist immer noch eine Sache zwischen meinem Herrn und mir, woher willst du wissen ob ich nicht daran denke, mich morgen zu bedecken? Wenn ich es mache, dann aus Liebe und von ganzem Herzen! Und dieser Tag wird kommen, doch du hast mir nichts zu sagen. Ich kenne meine Rechte die mir der Islam gegeben hat und ich weiß genau, dass Zwang im Islam strengstens verboten ist! Falls du es nicht wusstest, so öffne lieber einmal den heiligen Quran und lerne daraus, bevor du dir schlechte Seiten im Internet anschaust!“ Ihre Hände ballte sie zu Fäusten zusammen. Wie ein Tier schien sie jeden Moment bereit zum Angriff zu sein. Der Zorn füllte jeden einzelnen Winkel ihres Körpers. Sie wusste nicht mehr was in ihr vorging. Es war ein seltsames Gefühl. Es fühlte sich an als gäbe es in ihrem Körper eine Explosion, als würde in ihr ein Schlachtfeld stattfinden. Am liebsten hätte sie Krallen wie eine Katze und würde ihm sein ganzes Gesicht aufschlitzen, ihm die Augen rausreißen und ihn dazu bringen, dass er einmal in seinem Leben seinen dummen Mund hält. Der Grund für ihre aufgebrachte Art waren nicht nur diese Worte, nein. Es lag daran, dass er desöfteren dumme Bemerkungen gegenüber Tahiras Mutter fallen ließ, da sie keine Irakerin war. Dieser ganze Nationalstolz, seine Respektlosigkeit gegenüber der Frauenwelt widerte sie einfach nur noch an. – Soll er doch wieder in sein Dorf zurück gehen, da wo er herkommt!- dachte sie sich. Eigentlich war Tahira ein Mensch der versuchte Streit aus dem Weg zu gehen. Oft schluckte sie Dinge die sie gekränkt hatten, doch was zu viel wurde, wurde zu viel. Durch dieses ganze aufstauen der Gefühle und in dem Wissen leben zu müssen, dass niemand sich jemals getraut hat, Onkel Bilal einmal seine Meinung auf den Tisch zu knallen, löste in ihr ein Vulkan aus. Eine selbstbewusste und starke Persönlichkeit war sie, aus dem Grund besaß sie keine Angst vor den Folgen die eventuell auftreten könnten. Ihr war es in dem Moment egal ob ihr Vater nun böse mit ihr werden würde oder nicht. Sie selbst wusste, dass man ältere Menschen ehren und respektieren muss . Doch wie lange solle man noch bei so einem Menschen seinen Mund halten? Es fühlte sich an als würde eine Last von ihr fallen, endlich hatte sie es ausgesprochen. Dieses Gefühl an den ungesagten Worten zu ersticken, quälten sie. Und nun war es ausgesprochen! Die Lücken des Zorns wurden gefüllt und besänftigt. Egal was für Nachfolgen diese Sache nun haben würde, es tat gut! Teil 4: Großonkel Bilal packte das Mädchen an ihrem Hemd und knurrte, während er ihr tief in die Augen blickte mit drohender Stimme. „Das wird Nachfolgen haben meine Liebe, das verspreche ich dir! Sowas lasse ich mir nicht von einem Weib gefallen!“ – Der arme, anstatt über seine Fehler nachzudenken, glaubt er immer noch im Recht zu sein- sprach Tahira innerlich zu sich. Anscheinend schien er ratlos zu sein, denn warum sollte ein Mensch sonst sofort mit Drohungen ankommen? Dr ohungen und Gewalt beweisen Schwäche, sie beweisen keine Stärke weder Mut, nein, diese Person die ein aggressives Verhalten ausübt, verdeutlicht dem gegenüber nur, dass er mit dieser Situation nicht klar kommt. Auf eine indirekte Art und Weise gibt er zu, dass er nicht mehr in der Lage ist, sich mit Worten anständig zu artikulieren, weder im Stande ist, sich mit Worten zu wehren. – Wie kann ein Mensch nur so von Hochmut und Stolz geblendet sein?- fragte sich das 17 Jährige Mädchen immer wieder. Ein rachesüchtiger, egoistischer und unbarmherziger Mensch, ein Mensch der niemals seine Fehler eingestehen würde, ja genau, so konnte man ihren Großonkel perfekt definieren. Tahiras Vater Azaar sah seine Tochter düster an. Er sprach zu ihr, seine Stimme klang rau, als wäre seine Kehle zugeschnürt. „Geh auf dein Zimmer! SOFORT! Wir werden uns später sprechen“. Im nächsten Moment, als Tahira ohne Wiederrede dem Befehl ihres Vaters gehorchte und die Treppen zu ihrem Zimmer hinauflief, konnte sie im Blickwinkel beobachten, wie der unerwünschte Gast fluchend das Haus verließ. In ihrem Zimmer angelangt, die Tür hinter sich abgeschlossen, stand Tahira vor ihrem Fenster und betrachtete den von Sternen geschmückten Nachthimmel. Ihr warmer Atem schlug die Fensterscheibe an. Der Himmel schien so, als würden die Sterne ein Bild von einem Löwen darstellen. Oder bildete sie sich dies nur ein, da diese prachtvollen Lebewesen eines ihrer Lieblingstiere waren? Sie waren wundervoll diese Tiere. Ein starker Löwe wusste was er will. Dieses Tier würde weiterkämpfen bis zum Schluss, selbst wenn die Chance zum Sieg gering wäre. -Genau wie Papa- dachte sie sich. Tahira ihr Vater war für sie immer einer der stärksten Menschen überhaupt. Unter stark verstand sie nicht, wie viele Muskeln ein Mensch besaß, unter stark verstand sie, die Stärke des Herzens. Wie es der Prophet Muhammad Friede und Segen sei auf ihm ebenso verdeutlichte. Er sprach „Wahrlich, es gibt im Menschenkörper ein kleines Stück Fleisch. Wenn dieses gut ist, so ist der ganze Körper gut. Ist es aber verdorben, so ist der ganze Körper verdorben. Wahrlich, das ist das Herz.“ Welch weißen Worte. Und genauso war Papa. Er war einer der ehrlichsten Menschen, und sie wusste genau, er würde selbst dann die Wahrheit sprechen, auch wenn es ihm sein Kopf kosten möge. Eine Charaktereigenschaft die jeder liebte, doch kaum jemand besaß. Ehrlichkeit. Es klopfte an. „ Dundusch, öffne die Tür, wir müssen miteinander sprechen“. Dundusch war Tahira ihr Spitzname, den ihre Mutter ihr als kleines Kind gab. Bis heute wird sie an manchen Tagen so genannt, doch wie es dazu kam, wusste sie selbst nicht. „Nein, lass mich alleine“, antwortete die Tochter. Die Mutter klopfte ein zweites Mal an. „ Es ist wichtig Tahira!“ „Ich komm ja schon“ maulte Tahira genervt. Mit dem Schlüssel der im Schloss steckte, öffnete sie ihr die Tür. Die Mutter trat in das kleine, aber feine Zimmer ihrer Tochter herein. Die Farben ihres Aufenthaltsortes waren Orange und gelb, ein kuschliger Ort an dem man sich wohl fühlen konnte. Sie setze sich auf das Bett ihrer Tochter und bat sie darum, dass sie sich doch zu ihr setzen möge. Erst kurze Zeit später bemerkte das junge Mädchen einen seltsamen Brief in der Hand ihrer Mutter. Teil 5: "Was ist das für ein Brief Mama?“ wandte sie sich fragend an ihre Mutter. Die Mutter schwieg. Anspannung und Stille spürte man im Raum. Mit einem Mal konnte sie beobachten, wie die Schwerkraft die Mundwinkel ihrer Mutter runterzog, bis sie kraftlos nachgaben. Sie schaute traurig aus, trauriger als je zu vor. Was war nur los mit ihr? Sumayya lag den Brief neben sich, griff zu den Händen ihrer Tochter, mit dem Blick gesenkt auf den Boden. Ihre Hände waren eiskalt. „Hör mir zu mein Schatz. Wir werden dich morgen zu deinem Großonkel Bilal fahren, und du wirst dich bei ihm für dein Verhalten entschuldigen. Tu es für deinen Vater, uns rennt die Zeit mit ihm davon“, verkündete sie ihr nun unerwartet. „Aus welchem Grund sollte ich mich entschuldigen?!“ schrie Dundusch wutentbrannt. Sie stand auf von ihrem Bett. „Soll ich mich etwa dafür entschuldigen, dass ich die Wahrheit ausgesprochen habe? Und was meinst du mit, uns würde die Zeit mit Papa davon rennen? Was sprichst du für ein verwirrendes Zeug?“ Tahira verstand die Welt nicht mehr. Sie konnte es nicht fassen, das ausgerechnet ihre Mutter, die jahrelang von Großonkel Bilal so sehr gedemütigt wurde, von ihr verlangen würde, sich bei ihm zu entschuldigen? Ein tiefes, bedrückendes durchatmen der Mutter war zu hören. Sie stand auf, drückte ihrer Tochter den Brief in die Hand und verließ den Raum. Warum ging sie jetzt? Abhauen war doch sonst nicht ihre Art! Nun stand das Mädchen alleine in ihrem Zimmer. Sie starrte den Brief eine Weile an. -Was für ein Aufstand ein einziger Brief verursachen kann- dachte sie sich. Es war ein seltsames Gefühl nicht zu wissen, was sie gleich erwarten würde. Sie hatte Angst, Angst diesen Brief zu öffnen. Angst, denn sie wusste, sie würde gleich eine unerfreuliche Hiobsbotschaft erwarten. „Ach, warum zerbreche ich mir so sehr meinen Kopf? Ist doch nur ein blöder Brief!“ moserte sie vor sich hin. Tahira nahm den Brief aus dem Umschlag, öffnete ihn und murmelte die geschriebenen Zeilen leise vor sich hin. „Assalamu Alaykum Azaar, ich hoffe deiner Familie und dir geht es gut. Leider kann ich dir keinen langen Text schreiben, da ich zum Punkt kommen will. Wie du weist ist unsere geliebte Mutter herzkrank. Die Ärzte haben uns nun mitgeteilt, dass sie dringend eine Herzoperation benötige. Ihre Lage hat sich dramatisch verschlechtert. Die Ärzte berichteten uns, wenn wir in der Lage dazu sind, die Geldsumme für die Herzoperation aufzubringen, werden sie Mama in die USA zu einem Spezialisten, einem Chirurgen mit dem Flugzeug einfliegen lassen. Ohne diese Operation wird sie nicht überleben können! Doch an Besitz dieser hohen Geldsumme sind wir leider nicht. Ich flehe dich an Azaar, sie ist unsere Mutter! Wir benötigen dringend das Geld für diese Operation! Wir sind angewiesen auf deine Hilfe! Ich soll dir von Mama ausrichten, dass du für wenige Wochen hier her kommen sollst. Sie glaubt nicht, dass sie dies überleben wird und ihr letzter Wunsch wäre, dich ein letztes Mal in die Arme nehmen zu können. Erfülle ihr diesen Wunsch, nimm den Flieger nach Irak und reise in unsere Stadt Bagdad ein. Wenn wir das Geld haben und sie in die USA geliefert wird, hat Mama vielleicht Chancen zum überleben. Wir brauchen deine Hilfe! Möge Allah dich segnen. Fühl dich umarmt von mir. Liebste Grüße, deine Schwester Shayma. Tahira stand regungslos da, ihre Arme hingen nach unten. Der Brief glitt langsam aus ihrer Hand und fiel sanft auf den Boden. Nein, das konnte nicht wahr sein! Nein, das war alles nur ein schlimmer Traum! "WACH AUF TAHIRA, WACH AUF!" sprach sie mit einer zitternden Stimme zu sich. Teil 6: Doch nein, es war kein Traum, egal wie sehr sie sich das wünschte. Die Realität schleuderte sie immer wieder zurück. Warum ausgerechnet Großmutter? Warum ausgerechnet einer der liebevollsten Menschen? Kaum wagte sie aufzuatmen, dass mit ihrem Vater nichts war und er nur zu seiner Mutter fliegen musste, schon krachte die nächste Sorge um einen anderen geliebten Menschen, der Großmutter, wie eine Welle über ihr zusammen. Es ließ sie ertrinken im Meer der Unsicherheit. Was wäre, wenn sie diese Erde verlassen und zu dem Schöpfer zurück kehren müsse? Sie erinnerte sich an den Vers der im Quran niedergeschrieben stand : Quran 9:116- Allah, wahrlich, Sein ist das Reich der Himmel und der Erde. Er macht lebendig und lässt sterben; und außer Allah habt ihr weder Beschützer noch Helfer-. Tahira lief eine Träne über die Wange. Sie befürchtete das Schlimmste. Die Liebe und Verbindung zu ihrer Oma war unheimlich stark. Der Gedanke an diesen Brief löste einen Schmerz in ihrer Brust aus. Ihr enges Verhältnis zu der Großmutter entstand dadurch, dass Tahira bis zu ihrem 8 Lebensjahr mit ihren Eltern und ihren zwei Brüdern in einem kleinen Haus gemeinsam mit der Großmutter in Irak, in einem unbekannten Dörfchen gelebt hatte. Klein und bescheiden, in der Nähe von Bagdad. Sie konnte sich an diese Zeit erinnern, als wäre sie gestern gewesen. Gute wie auch schlechte Erinnerungen. In der Gegend in der sie lebten, wurden die Häuser terrassenförmig in einen steilen Abhang hinein gebaut. Zwischen den Häusern waren kaum Straßen, stattdessen gab es ausschließlich Serpentinengassen mit Stufen. Fast alle Häuschen in diesem Dorf waren mit einem ockerfarbenen Lehmputz überzogen. Die Dächer waren meist flach oder leicht geneigt. Es war keine arme, jedoch auch keine reiche Gegend. Es war ein Ort, an dem man sich Zuhause fühlen konnte. Ein Ort, an dem man wusste, man könne auf den andern zählen. Zusammenhalt der Muslime war zu spüren, so wie es der Islam verlangt. Der Prophet Muhammad Friede und Segen sei auf ihm sagte folgendes: „Ein Muslim ist der Bruder jedes Muslims. Er soll ihn nicht unterdrücken und ihn nicht seinem Feind ausliefern. Wer seinem Bruder hilft, dem wird Allah helfen. Und wer einem Muslim bei der Beseitigung seiner Sorgen hilft, dem wird Allah bei seinen Sorgen am Tage des Gerichts helfen. Ebenso wird Allah demjenigen, der die Schwächen eines anderen Muslims verdeckt, am Tag des Gerichts seine Fehler verbergen.“ Er verdeutlichte uns auch: „Keiner von euch ist überzeugt (gläubig), bis er für seinen Bruder nicht das wünscht, was er für sich selbst wünscht." Genau diese Worte des edlen Gesandten hatten sie im Herzen verinnerlicht. Einer für alle, alle für einen. Man wusste genau, man könne auf den anderen zählen. Tahiras Mutter erzählte oft, dass der Zusammenhalt der gläubigen Muslime einer der Sachen war, die sie damals sehr inspiriert hatte. Diese Gastfreundschaft, egal ob man ein Bekannter oder ein Fremder war. Sie gaben einem die letze Dattel, selbst wenn sie hungern mussten, Hauptsache der Gast war zufrieden und könne sich wohl fühlen. Ja, in diesem Dorf wurde der Islam gelebt und verstanden. Sehnsucht überkam sie, wenn sie daran zurück dachte. Der Vater verließ mit seiner Familie das Dorf und wanderte nach Deutschland aus, da er sie schützen wollte. Schützen vor den täglichen Angriffen die dort gestartet wurden, schützen vor dem Krieg.Und da die Kinder ihre Muttersprache beherrschten, gab es kein großes Hindernis von hier fort zu gehen . Doch eines bemerkte Tahira immer wieder. Sie verließen Irak wegen dem Krieg und dem täglichen Kampf. Sie wollten nicht bis an ihr Lebensende ständig in Verteidigungsposition leben. Doch in Deutschland schien es ihr nicht anders. Hier wurde einem nicht mit dem Krieg gedroht, doch in den Gedanken herrschte einer. Sie musste ständig auf Verteidigungsposition gegenüber den ganzen Vorurteilen sein, die viele gegenüber dem Islam hatten. Großmutter erzählte Tahira oft Geschichten, lehrte sie über die prachtvolle Religion den Islam und klärte sie über die Menschheit auf. Oftmals erzählte sie ihre eigenen schlechten wie auch guten Erfahrungen, die sie in ihrem Leben gesammelt hatte. Dundusch liebte es älteren Menschen zuzuhören, denn so hatte sie die Möglichkeit mit den Gedanken in eine andere Zeit zu reisen. Oma erzählte ihr von dem kostbaren Wissen, dass die Muslime früher besaßen. Die besten Mathematiker und Mediziner waren in dieser Religion entsprungen. Medizin war die erste der griechischen Wissenschaften die von islamischen Gelehrten studiert wurde. Welchen Einfluss die islamische Lebensweise, die Kultur und die Wissenschaft der Muslime bis heute haben, kann nur jemand erkennen, der zurück zu den Wurzeln der Entwicklung blickt. Sedio, ein westlicher Wissenschaftler sagte:“Der Westen versuchte immer wieder die Vorzüglichkeit der Arabisch-Islamischen-Kultur gegenüber der Welt zu leugnen, jedoch kann er diese Abdrücke niemals vom Gewölbe des Himmels entfernen.“ Die Muslime schrieben nicht wie die Anderen in der damaligen Zeit Krankheiten den bösen Mächten zu; viel eher erkannten sie dies als Folge eines Ungleichgewichts, dass durch die Heilkunst eines Doktors verbessert und korrigiert werden konnte. Nicht nur das medizinische Wissen der antiken hellenischen und griechischen Welt bewahrten sie auf - sie erweiterten immer mehr ihr Wissen bevor sie dies an Europa weitergaben. Und nun? Jetzt musste die Großmutter in die USA reisen um geheilt werden zu können? Dies machte das Mädchen wütend. – Waren denn nicht WIR diejenigen gewesen die so reich an Wissen waren? Hatten nicht WIR die besten Mediziner gehabt? Warum sind unsere Leute so faul geworden? Hat der Prophet denn nicht gesagt, dass das Streben nach Wissen Pflicht für jeden Muslim sei? Wären unsere muslimischen Geschwister von damals denn nicht enttäuscht von uns gewesen, wenn sie gesehen hätten wie sich viele von den heutigen Muslimen gehen lassen und kein nützliches Teil der Gesellschaft sein wollen? – Plötzlich wurde sie unruhig.Dundusch tigerte in ihrem Zimmer auf und ab, starrte alle paar Sekunden auf den Brief der auf dem Boden lag, sah aus dem Fester und überlegte, wie ihr Vater nun voran gehen wollen würde? " Ich muss wissen wie es nun weitergeht!" sprach sie entschlossen vor sich hin. Sie drückte die Türklinge runter, doch als sie gerade dabei war die Treppen nach unten zu laufen um in das Wohnzimmer zu gelangen, erklang in ihren Ohren die schimpfende Stimme ihrer Mutter. Stritten sich Tahiras Eltern gerade etwa?
Posted on: Wed, 04 Sep 2013 12:34:33 +0000

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