Pool Position. Gymnasium erster Tag. Heute war in Bayern erster - TopicsExpress



          

Pool Position. Gymnasium erster Tag. Heute war in Bayern erster Schultag. Das ist in Bayern, so wie wein Wiesn Anstich. Alles was Rang und Namen hat putzt sich raus. Auch mein Sohn hat seinen ersten Schultag an einem ländlichen, bayrischen Gymnasium mit Blick auf einen See, in einem eher betuchten Lebensumfeld. Die Harz 4 Dichte ist hier sehr, sehr, sehr gering. Auch wenn man total pleite ist, oder 10 Mio. Schulden hat, ist man hier noch lange kein Harz 4 Fall und dass ist auch kein Grund keinen Q7 zu fahren. Der Immigranten-Anteil hat die gleiche lächerliche zu vernachlässigende Bedeutung. Dieser Anteil ist so gering, dass Kinder die weiter weg als 5 Kilometer ihren Wohnsitz haben, schon als Immigranten bezeichnet werden. Und so brachten die ganzen Alpha-Eltern ihre Alpha-Zöglinge zum ersten Schultag. Schöne heile Welt. Alle sehr adrett. Alle sehr erfolgreich. Und ich mitten drin. Wenn die wüssten wo ich her komme? Wo ich zu Schule gegangen bin? Was ich wähle? Was ich in meinem Leben alles angestellt habe, noch tue und weiterhin machen werde? Das Gefühl das sich bei mir breit machte, war das in der Prager Botschaft 1989. Das Gedränge. Das ganz vorne sein. Das einer steigt über den anderen. Das blanke Überleben. So wartete ich auf den Augenblick das nicht Hans-Dietrich Genscher auf den Balkon tritt, sondern der Schuldirektor und ausruft: Wir sind zu ihnen gekommen um ihnen mitzuteilen .... Und dann bricht Jubel und Panik aus. Aber dem war nicht so. Die Eltern waren bemüht auch hier alles als Erstes und schnell hinter sich zu bringen. Vorne sein. Da muss ein Zettel ausgefüllt werden. Eigentlich nur ein Zettel. Ein Zettel. Aber man hatte das Gefühl, dass ist das Visum in die Freiheit. Und man sollte ein Schließfach mieten. Auch dass kam einem eher so vor wie Parkplatzsuche zur Mittagszeit im Zentrum von München. So gesellt sich zur Aufregung, Nervosität und Neugierde der Kinder die Alphatier-Hektik der Eltern. Mein Kind zu erst. Mein Kind vorne. Schon hier zeigen die Eltern den Kindern wie es geht. Wer was werden will im Leben muss immer als erstes durch die Tür. Erster sein, das war die einzige Ansage und Orientierung. Drängeln, Scheiben, Schubsen als Verhaltensregel. Was die Lehrer wohl denken? Ich habe mich versucht zu erinnern, wie es bei mir war. Und ich habe diese vielen hektischen Menschen beobachtet. In meiner Erinnerung war nichts zu finden. Wir gingen einfach zur Schule. Da war keine Ansprache des Direktors. Keine des Fördervereins. Ich glaube zu meiner Zeit gab es auch keinen Elternbeirat. Da gab es eine Schule ad ging man rein, Lehrer die holten einen ab und los ging es. Hat auch geklappt. Die Performance einer Schule scheint eingezogen zu sein. Die Show gehört dazu. Da ist alles organisiert. Die ist für alles was da. Sogar ein Schulpsychologe wurde uns allen vorgestellt. Als ob es das natürlichste der Welt wäre. Und ich sah vor meinem inneren Auge die ganzen Ritalin-Kinder da liegen. Die sich ihre Sorgen und Ängste von der Seele sprachen. Die über Leistungsdruck klagten. Aber auch, dass sie unglaublich unglücklich sind, weil sie kein iPhone 6 hätten. Da waren sie nun, diese ganzen Wohlstandskinder auf einem elitären Haufen. Und irgendwie wollten alle nur Erster sein. Wie im Check-In am Flughafen. Bloß mit seiner Goldkarte vor allen anderen rein. Mein einziger Wunsch: Hoffentlich hat mein Sohn eine gute Zeit und ein paar Blondinen in der Klasse. Meine Befürchtung: Die Elternabende. Wir standen ein wenig Abseits und beobachteten das hysterische Treiben. Und meine Frau flüsterte mir zu, darüber schriebst du bestimmt einen Beitrag wie ich dich kenne. Sie kennt mich.
Posted on: Thu, 12 Sep 2013 08:00:59 +0000

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