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around the world... NZZ . Erdbebenherd vor den Toren Istanbuls . 26.6.2013 Verhakte tektonische Platten bereiten Seismologen Sorgen Wissenschaft Heute Nahe Istanbul sind zwei tektonische Platten verhakt. Löst sich die Spannung, könnten sich dort ähnlich starke Erdstösse ereignen wie in den Jahren 1509 und 1766. Sven Titz Die Megastadt Istanbul rechnet schon lange mit einem starken Erdbeben. Jetzt kommt von Wissenschaftern eine neue Warnung: Unter dem Marmarameer, nur knapp zwanzig Kilometer südlich der Stadt, haften offenbar zwei Erdplatten aneinander, so dass die tektonische Spannung immer weiter zunimmt. Wird sie eines Tages frei, könnte es zu einem Beben kommen, das mindestens die Magnitude 7 hat, berichtet ein Team um Marco Bohnhoff vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam im Journal «Nature Communications».¹ Das letzte so starke Beben bei Istanbul ereignete sich im Jahr 1766, das vorletzte 1509 – Wissenschafter vermuten deshalb, dass solche Ereignisse im Durchschnitt alle 200 bis 250 Jahre wiederkehren. Quer durch den Norden der Türkei zieht sich die sogenannte Nordanatolische Verwerfung. An dieser Linie verschiebt sich die Anatolische Platte pro Jahr 25 bis 30 Millimeter gegenüber der Eurasischen Platte nach Westen. Doch das passiert nicht in einem Rutsch, sondern kaskadenartig. Das bedeutet: Alle paar Jahre gibt irgendein Segment der wachsenden Spannung nach, und die Erde bebt. Zuletzt war das 1999 bei Izmit der Fall. Erdbeben seit 1912 mit einer Magnitude grösser 7. Das einzige Teilstück der Verwerfung, das im letzten Jahrhundert nicht nennenswert bebte, ist 150 Kilometer lang und befindet sich im Marmarameer. Seit dem letzten Beben von 1766 könnte sich dort ein Verschiebungsdefizit von fünf Metern aufgestaut haben. Als besonders heikel gilt das östliche Segment des Teilstücks, das vor den Toren Istanbuls bei den Prinzeninseln liegt. Bohnhoffs Team hat alle verfügbaren seismischen Messungen zu diesem Segment zusammengetragen, analysiert und interpretiert. Dies waren Daten von insgesamt 835 Erdbeben, sie stammen von verschiedenen Messnetzen. Die Forscher erkannten, dass es in dem 30 Kilometer langen und 10 Kilometer tiefen Segment bei den Prinzeninseln von 2006 bis 2010 beinahe überhaupt nicht bebte. Unter dem Segment sowie westlich und östlich davon ereigneten sich hingegen etliche Erdstösse. Richtung Izmit im östlichen Marmarameer ist die Erdbebenaktivität seit dem Desaster von 1999 sogar auf das Doppelte gestiegen. Als Indizien für eine echte Blockade genügen diese Beobachtungen allerdings nicht ganz. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Erdplatten bei den Prinzeninseln sehr langsam und ohne sich zu verhaken aneinander vorbei geschoben haben. Diese Möglichkeit, die «creeping» (Kriechen) genannt wird, kann man im Prinzip mithilfe von GPS-Messungen überprüfen. Laut Bohnhoff deuten die bisherigen Daten tatsächlich darauf hin, dass es in letzter Zeit kein Kriechen gegeben hat – zur Absicherung sollen aber weitere, genauere Messungen folgen. Für Istanbul ergeben sich aus den Resultaten der Studie für den Ernstfall zwei Szenarien. Wenn das Marmarameer-Teilstück von den Prinzeninseln im Osten her zu brechen beginnt, gibt es eine Vorwarnzeit von nur zwei bis vier Sekunden, die gerade einmal reicht, um Gasleitungen zu schliessen. Allerdings würden sich dann laut Bohnhoff die schwersten Erdbebenwellen von Istanbul weg bewegen. Breche das Teilstück von Westen her, liege die Vorwarnheit zwar bei acht Sekunden; dann allerdings werde die Stadt stärker erschüttert. Wie man es auch dreht: Für Istanbul seien die Resultate in keinem Fall positiv, meint Bohnhoff. Nun wird ein weiteres Messnetz namens Gonaf installiert. Dabei arbeitet das GFZ mit dem türkischen Katastrophenschutz zusammen. Besonders empfindliche Seismometer werden rund um das östliche Marmarameer in 300 Meter tiefe Bohrlöcher hinabgelassen. Auf der Halbinsel bei Tuzla ist schon das erste Seismometer in Betrieb, zwei weitere werden im Sommer auf den Prinzeninseln installiert. Insgesamt sollen acht Bohrlöcher mit Seismometern bestückt werden. Mit diesen Instrumenten soll sich die Erdbebengefährdung, die von dem blockierten Segment ausgeht, noch genauer bestimmen lassen.
Posted on: Wed, 26 Jun 2013 07:52:37 +0000

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