Ägypten will Demonstrationsrecht einschränken Revolutionäre - TopicsExpress



          

Ägypten will Demonstrationsrecht einschränken Revolutionäre kämpfen um ihr Recht Mit Massenprotesten haben die Ägypter zwei Präsidenten zu Fall gebracht. Nun will die Regierung das Demonstrationsrecht, ein wichtiges Erbe der Revolution, massiv einschränken. Revolutionäre laufen dagegen Sturm. Doch viele im Land haben andere Prioritäten. Von Jürgen Stryjak, ARD-Hörfunkstudio Kairo 2011 wurde Präsident Hosni Mubarak gestürzt. Doch gut zweieinhalb Jahre später scheint es, als sei fast alles wieder beim Alten. Das Sagen haben Mubaraks Generäle. Übergangspräsident ist ein Mann, der jahrzehntelang in Mubaraks Justizapparat Karriere machte. Polizei und Staatssicherheit blicken stolz nach vorn und werden sogar bejubelt, weil sie Chaos, Gewalt und die Muslimbruderschaft bekämpfen. Eine der wenigen Errungenschaften der Revolution, die noch übrig sind, ist das Recht zu protestieren. Dieses Recht bedeutet Leuten wie Ali El Shalaqani viel, sehr viel. Bis zur Revolution hatte ich an keiner einzigen Demonstration teilgenommen, sagt er. Als wir dann 2011 auf die Straße gingen, war es ein unbeschreibliches Gefühl. Wir hatten die größte Furcht in unserem Leben überwunden. Uns jetzt, nur zweieinhalb Jahre später, dieses Recht wieder zu nehmen, ist inakzeptabel. Neue Gesetze bedrohen Freiheiten Für Aufruhr sorgt ein Gesetz, das demnächst in Kraft treten könnte. Eigentlich sind es zwei Gesetze. Beide bedrohen grundlegende Freiheiten. Die Entwürfe des neuen Demonstrationsgesetzes und des Antiterrorgesetzes soll demnächst der Präsidenten prüfen. Das beunruhigt jeden, der sich in der Zivilgesellschaft engagiert, sagt El Shalaqani. Wir erleben den Zusammenstoß zwischen Leuten, die einen stärkeren Sicherheitsapparat wollen, und Leuten, die mehr Freiheit fordern. Die beiden Gesetze sind das wichtigste Schlachtfeld im Moment. El Shalaqani arbeitet als Rechtsanwalt in einer großen Kanzlei in Kairo. Außerdem berät er ehrenamtlich Menschenrechtsgruppen und Verfassungsgremien. Für ihn geht es jetzt darum, ob die Revolution weitergehen kann oder endgültig erstickt wird. Nach Ansicht von Amnesty International ist zum Beispiel das neue Demonstrationsgesetz deutlich repressiver als vergleichbare Regelungen unter Mubarak. El Shalaqany sieht durch das neue Gesetz vieles von dem bedroht, wofür auch er seit 2011 immer wieder auf die Straße ging. Es ist genau das, was wir eigentlich mit dem Sturz Mubaraks ändern wollten, sagt er. Das Pendel schwingt zurück, in Richtung des alten Regimes. Aber es ist noch nichts verloren. Die Leute haben bereits damit begonnen, sich gegen die Rückschritte zu wehren. Strafen von 30.000 Euro drohen Das neue Gesetz verlangt, dass Demonstrationen angemeldet werden müssen, mit konkreten Angaben zu Ziel, Organisatoren, Teilnehmerzahl, Anfang und Ende. Und es erlaubt dem Innenminister, Proteste zu untersagen, wenn, wie es heißt, die öffentliche Ordnung, Bürgerinteressen oder der Verkehr beeinträchtigt würden. Das ist im Grunde ein Blankoscheck, mit dem fast jede Protestaktion verhindert oder aufgelöst kann. Bei Zuwiderhandlung drohen bis zu 30.000 Euro Strafe. Und das ist einem Land, in dem eben erst zwei Präsidenten hintereinander durch Massenproteste erfolgreich gestürzt wurden. Laut dem neuen Antiterrorgesetz können alle Taten als Terror bekämpft werden, die die nationale Einheit und die öffentliche Ordnung bedrohen oder die Tätigkeit von Behörden blockieren. Es sei das Ziel des Gesetzes, erklärten 20 ägyptische Menschenrechtsgruppen, politische Aktivitäten generell zu behindern, und zwar bereits dann, wenn nur laut über sie nachgedacht werde - in den Medien oder im Internet, über Twitter oder Facebook. Das sei eine ernste Bedrohung der Meinungsfreiheit. Altes Regime kämpft um Rückkehr an die Macht Genau wie Anwalt El Shalaqany ist auch Shady Al-Ghazaly Harb durch das neue Demonstrationsgesetz alarmiert - obwohl der liberale Politiker und Revolutionär der ersten Stunde die Entmachtung der Muslimbruderschaft durch das Militär grundsätzlich unterstützt. Ich lehne das Gesetz komplett ab, weil es gegen die Menschenrechte verstößt, sagt der Politiker. Wir wollen zwar, dass gewalttätige Proteste verhindert werden. Aber gegen Gewalttäter, selbst wenn sie Waffen tragen, können wir bereits mit den bestehenden Gesetzen vorgehen. Wie viele andere befürchtet er, dass Gewalt und Terror den Seilschaften des alten Regimes nur als Vorwand dienen, um ihre Position zu stärken. Die Kräfte des alten Regimes kämpfen immer noch darum, wieder an die Macht zu kommen, sagt er. Sie wollen nicht begreifen, dass wir Mubarak gestürzt haben, obwohl damals Notstandsgesetze galten. Sie verstehen außerdem nicht, dass ein repressives Demonstrationsgesetz der Muslimbruderschaft neue Sympathisanten in die Arme treibt und sie letztlich stärkt. Auf großen Zuspruch aus dem Volk beim Kampf gegen die Gesetze können die Aktivisten nicht unbedingt hoffen. Zwar finden pro Monat landesweit im Durchschnitt 1000 Demonstrationen statt. Aber viele Menschen wollen, dass endlich Ruhe herrscht. Meinungsforscher haben ermittelt, dass die beiden neuen Gesetze von 57 beziehungsweise 62 Prozent der Befragten unterstützt werden. tagesschau.de/ausland/aegypten-demonstrationsgesetz100.html
Posted on: Sun, 17 Nov 2013 19:47:20 +0000

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