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»Das ist ähnlich dem Wahrnehmen einer Illusion, etwa einer Fatamorgana: Wenn wir irgendwo in der Ferne etwas sehen, das in Wirklichkeit eine Fatamorgana ist, dann erscheint es uns so, als ob dort in der Ferne Häuser, Pflanzen und Lebewesen sind; je näher wir uns zu dieser Stelle hinbewegen, an der wir das Wahrgenommene vermuten, um so unklarer wird die Erscheinung; und wenn wir diesen Ort erreicht haben, finden wir dort, wo und wie wir dann auch suchen, überhaupt nichts von dem, was uns zuvor als wirklich erschienen ist. In eben dieser Weise verschwindet dieser Anschein eines eigenständigen Ichs beim genauen Untersuchen, das uns zuvor-so konkret erschienen ist. Diese Eigenschaft des Ichs, leer von eigenständigem Bestehen zu sein, ist im übrigen eine Eigenschaft der Objekte insgesamt: Alle Gegenstände sind leer von eigenständigem Bestehen, sie sind leer von Eigennatur, sie sind leer davon, ihre eigene Bestehens-weise – ihre inhärente Identität – in sich zu tragen; und sie sind deshalb leer hiervon, weil sie in abhängiger und bezogener Weise bestehen. Deshalb wird gesagt, daß die Letztliche Wahrheit darlegt, daß alle Gegenstände leer von eigenständigem Bestehen sind, daß die Letztliche Wirklichkeit eben dieses Leersein aller Gegenstände von eigenständigem Bestehen ist. In dieser Weise sieht man, daß sich die Konventionelle und die Letztliche Wahrheit nicht widersprechen, sondern sich vielmehr gegenseitig bestätigen, daß sie sich gegenseitig stützende Hinsichten der Wirklichkeit darstellen und beschreiben: Die Konventionelle Wahrheit beschreibt die Tatsache, daß alle Objekte in abhängiger und bezogener Weise bestehen; und die Letztliche Wahrheit beschreibt die Tatsache, daß alle Objekte leer von eigenständigem – von innewohnendem – Bestehen sind. Diese beiden Hinsichten der Wirklichkeit sind in erkennbarer Weise aufeinander bezogen; und entsprechend begründen die beiden Wahrheiten gegenseitig ihre Gültigkeit. Wenn man sie so als einander nicht entgegengesetzt, sondern vielmehr als sich gegenseitig stützend sieht, und wenn man daher einsieht, daß dies so sein muß, dann hat man ganz wichtige Teile des Buddhismus richtig verstanden. Wer sie in dieser Weise in ihrer richtigen Bedeutung versteht, ist auch nicht der Gefahr ausgesetzt, in eines der beiden Extreme des Eternalismus und des Nihilismus zu fallen, den größten Fehlern, die einer Philosophie unterlaufen können: Indem man erkennt, daß alle Dinge in abhängiger und bezogener Weise bestehen, wird das Extrem des Nihilismus vermieden; und indem man erkennt, daß alle Gegenstände leer von eigenständigem Bestehen und innewohnender Identität und demnach leer von unabhängigem und unbezogenem Bestehen sind, wird das Extrem des Eternalismus vermieden. Dadurch wird die Auffassung und Anschauung zum Mittleren Weg hin gelenkt. Dies ist also die grundlegende Art des Bestehens der Gegenstände. Deren Beschreibung besteht in der Darlegung des Hintergrundes, wie die grundlegende oder letztliche Wirklichkeit der bestehenden Gegenstände beschaffen ist. « GONSAR TULKU RINPOCHE ( Die drei Kernpunkte des Weges)
Posted on: Sun, 30 Jun 2013 23:51:42 +0000

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