Dass der von großer Öffentlichkeit und Solidarität getragene - TopicsExpress



          

Dass der von großer Öffentlichkeit und Solidarität getragene Streik bei Neupack vielleicht nicht so ausgeht, wie wir es uns alle wünschen, scheint inzwischen durchaus möglich zu sein. Die Diskussion um diesen monatelangen Streik, um taktische und strategische Fehler dieses Arbeitskampfes, der große Bedeutung für die gesamte Gewerkschaftsbewegung hat, denn in gewisser Weise war und ist dies ja auch ein Krieg um die grundsätzliche Frage der Durchsetzbarkeit von Tarifverträgen gewesen hat deshalb auch erst begonnen. Das Hamburger Jour Fixe veröffentlichte dazu jedenfalls heute die Mitschrift eines Streitgespräches zwischen Kersten Artus, die in ihrer Partei (Die Linke) für Aufgaben im Rahmen bürgerlicher Parlamente mit zuständig ist, und Christin Bernhold, ebenfalls Mitglied dieser Partei, welche die Positionen von Artus und der Hamburger Bürgerschaftsfraktion der Partei Die Linke im Zusammenhang mit dem Streik bei Neupack von links aus kritisiert. Neupack Streik: Sozialer (Un)frieden Streitgespräch mit Kersten Artus und Christin Bernhold zum Thema „Solidarität mit den streikenden Beschäftigten von Neupack“. Am 1. November 2012 begann der Streik beim Verpackungshersteller Neupack mit dem Ziel, einen Tarifvertrag für alle Beschäftigten durchzusetzen. Zum Zeitpunkt des folgenden Streitgespräches währte er bereits fast ein halbes Jahr, da die Eigentümerfamilie Krüger von Beginn an auf Eskalation setzte und unter anderem polnische Leiharbeiter als Streikbrecher einsetzte. Als die IG BCE den Streik Ende Januar aussetzte, um ihn in einen „flexiblen Arbeitskampf“ überzuleiten, verfasste Die Linke zusammen mit SPD und GAL eine Erklärung als „offenen Brief“ an die Inhaber mit der Aufforderung, „ein Fenster für Einen Neubeginn der Gespräche (zu) öffnen“. Dies stieß in einigen Teilen der Partei auf Kritik, da der „soziale Frieden“ weder eine korrekte Zustandsbeschreibung, noch das gesellschaftliche Ziel der Partei Die Linke sei. Debatte : Es geht um das Thema Streik und Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen von Neupack. Es hat dazu eine Auseinandersetzung in der Partei gegeben, und wir wollen mal versuchen, ob es möglich ist, kritisch, aber auch solidarisch, Dissense dazu zu diskutieren. Meine erste Frage geht an Kersten, mit der Bitte, kurz zu erklären, wie es überhaupt zu dieser Presseerklärung der Bürgerschaftsfraktionen LINKE, SPD und Grüne gekommen ist, über die in der LINKEN Hamburg gestritten wird. Kersten : Ich muss trotzdem voranstellen, dass ich vor allem Konsens feststelle und nicht Dissens. Ich glaube, dass vieles auf Kommunikationsprobleme hindeutet. Die gemeinsame Presseerklärung der Fraktionen ist zustande gekommen, nachdem es mehrere Aktivitäten von Abgeordneten gegeben hat, sich zu dem Streik solidarisch zu erklären. Wir haben es unter den Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern der Bürgerschaft aber als erforderlich angesehen, dass noch mehr nötig ist, über die „üblichen Verdächtigen“ hinaus. Debatte : Es ging wohl insbesondere um einen Passus dieser Erklärung. Da heißt es: „Das Tarifrecht als Ausgestaltung der Tarifautonomie (Art. 9.3 GG) ist in Deutschland ein wesentlicher Stabilisierungsfaktor für die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt und hat damit eine wichtige Bedeutung für den sozialen Frieden.“ Das war wohl die Formulierung, an der ihr Anstoß genommen habt, Christin? Christin : Vielleicht vorab: Ich glaube, dass es sich nicht nur um Kommunikationsprobleme handelt, sondern dass ein Streit anhand der Frage ausgebrochen ist, wie die Solidarität mit den Streikenden politisch umgesetzt wird. Wir haben an der Presseerklärung kritisiert, dass in ihr der positive Bezug auf den „sozialen Frieden“ enthalten war. Sowohl Kersten als auch die Fraktion haben zwar teilweise eine sozialpartnerschaftliche Herangehensweise an diesen Streik kritisiert, aber wir sind der Meinung, dass durch den positiven Bezug auf den „sozialen Frieden“ genau dieser Politik auf politischer Ebene das Wort geredet wird. Wir meinen, dass das eine verpasste Möglichkeit ist, aufzuzeigen, was die Linkspartei von bürgerlichen Parteien unterscheidet. Unseres Erachtens wäre es richtig, statt auf so gravierende inhaltlich-politische Kosten eine gemeinsame Presseerklärung herauszugeben, wirklich auf die Alleinstellungsmerkmale der LINKEN hinzuweisen. Natürlich muss man, wenn man Bündnisse haben will, Kompromisse machen. Aber ein Kompromiss wird aus unserer Sicht dann falsch, erstens wenn nur einer der Bündnispartner für diese Kompromisse Abstriche machen muss, und zweitens, wenn man anfängt, durch diese Kompromisse auch seiner eignen Programmatik zu widersprechen. Wir sind der Ansicht, dass ein positiver Bezug auf den „sozialen Frieden“ der Programmatik der Linkspartei widerspricht. Debatte: Kurze Frage: Dieser Passus mit dem „sozialen Frieden“. Ist der explizit von SPD und Grünen eingebracht worden, quasi Neupack Streik: Sozialer (Un)frieden als Bedingung für diese Erklärung? Kersten : Also ich finde den Konflikt um diesen Satz zu dick aufgetragen. Das geht an dem, was Absicht der gemeinsamen Presseerklärung war und was sie bewirkt hat, völlig vorbei. Ich halte das für unnötige Selbstbeschäftigung. Ich habe auch überhaupt nicht verstanden, dass sie gegen die Programmatik der LINKEN verstößt. Die Frage „Wie ist das denn genau zustande gekommen und wer hat denn auf diesem Satz bestanden“, ist mir viel zu insistorisch. Deswegen möchte ich das mal anders aufzäumen: Es hat vor dem Parteitag der Hamburger LINKEN am 1. Dezember 2012 eine sehr gute Zusammenarbeit für eine gemeinsame Erklärung zu Neupack zwischen SOLID und der AG Betrieb und Gewerkschaft gegeben. Die wurde als Resolution auf dem Parteitag verabschiedet. Umso mehr hab‘ ich mich dann gewundert, dass dann plötzlich dieser „Offene Brief“ reinschneit. Ich habe bis heute nicht verstanden, warum man nicht das direkte Gespräch sucht ... Christin : der war nicht offen, der war parteiintern... Kersten : Und dass dieser „parteiintern Offene Brief“ einen Vorwurf macht, den man auch per Anruf, per Mail sofort hätte klären können. Ein „parteiintern Offener Brief“ signalisiert eine Selbstdarstellung und nicht, dass man eine Antwort möchte. Wichtig ist doch wohl jetzt, wie man den Satz deutet. Er ist kein Bekenntnis, sondern eine Tatsachenbehauptung, wie die bürgerliche Gesellschaft, das kapitalistische System die Tarifpolitik versteht. Das ist auch allgemein anerkannt. Selbstverständlich stellen Tarifverträge einen sozialen Frieden her. So. Die Auseinandersetzungen um einen Tarifvertrag sind erheblich durch sozialen Unfrieden hervorgerufen und der Streik an sich ist erheblicher sozialer Unfrieden, was auch richtig und notwendig ist. Alles andere ist überinterpretiert. Christin : Zu dem Brief: Uns ging es darum, diese Diskussion aufs politische Tableau der Partei zu bringen, weil sie eben nicht nur im Hinterzimmer diskutiert werden soll. Wir haben viele positive, natürlich auch negative Rückmeldungen bekommen. Viele haben eingesehen: OK, da gibt es einen politischen Dissens in der Partei und den müssen wir diskutieren. In der Geschichte der Linken sind Briefe schon immer ein Mittel gewesen, um solche Punkte auch anzusprechen. Wir haben aber z.B. auch angeregt, das Thema auf einem Landesparteitag zu debattieren. Zum inhaltlichen Dissens: Es geht hier nicht um ein Missverständnis. Für die SPD und die Grünen ist besagter Satz sicher nicht nur eine Tatsachenbehauptung, sondern ein Bekenntnis. Die Politik, die diese beiden Parteien machen, ist die Politik des sozialen Friedens. Man hätte so einen Satz ja auch einfach weglassen können, aber das ist eben nicht passiert. Und diesen Satz zu erklären widerspricht meines Erachtens den zentralen Anliegen der Linkspartei, wie sie sie formuliert hat in ihrer Programmatik. Unsere Aufgabe ist es, Kämpfe auszuweiten, dafür zu sorgen, dass Streiks zunehmen. Natürlich wollen wir Tarifverträge haben, damit sich die Arbeits und Lebensverhältnisse der arbeitenden Bevölkerung verbessern, aber auch, damit die Kampfbedingungen verbessert werden, und es wäre die Aufgabe, genau das auch in Pressemitteilungen zu sagen. Wir müssen Unterstützungsarbeit für Streiks wie bei Neupack leisten und wir müssen falsche politische Aussagen, die das Gegenteil der Ausweitung von Kämpfen bewirken, kritisieren. Der „soziale Frieden“ ist ein wirksames Instrument, um die Arbeiterklasse lahmzulegen und von Kämpfen abzuhalten. Man hätte so einen Satz ja auch weglassen können, dann wäre diese Erklärung ja auch nicht so schlimm gewesen.. auf das Boot des sozialen Friedens sollten wir durch solche Äußerungen nicht aufspringen, sondern genau das Gegenteil tun. Und wenn das mit der SPD nicht anders geht, soll man die SPD dafür kritisieren. Debatte : Die Bürgerschaftsfraktion der LINKEN hat auf den Offenen Brief reagiert. Sie hat den UnterzeichnerInnen geantwortet. Worauf kam es Euch denn dabei an? Kersten : Wir haben in unserem Antwortbrief geschrieben, dass wir jederzeit zu einem Gespräch bereit sind, und dann kommt schon wieder ein Brief. Das zu der Gesprächsbereitschaft. Es ist mir egal, was üblich sein soll. Wir suchen das Gespräch miteinander. Das ist einfacher und schneller und vielleicht hätten wir eine gemeinsame Veranstaltung überlegen können. Es hat da ja in Eimsbüttel eine gute Veranstaltung gegeben. Da waren wir beide auch anwesend, wir haben sehr detailliert über den Streik gesprochen. Aber jetzt hast du gerade gesagt, dass die Erklärung nicht so schlimm gewesen wäre, wenn der Satz raus gewesen wäre. Das impliziert, sie wäre dann immer noch schlimm gewesen. Da muss ich mich wirklich von distanzieren. Wir wollten erreichen, breitere Kreise zu gewinnen. Die gemeinsame Erklärung kam, bevor die IG BCE auf den sogenannten Flexi-Streik umschwenkte. Deswegen war ich froh, dass es das zweite Mal nach dem Streik bei PFLEGEN & WOHNEN gelungen ist, Grüne, SPD und uns zu einer gemeinsamen Erklärungzu bekommen, die außerhalb der rein originären parlamentarischen Aufgaben liegt. Das ist ein Erfolg. Da sind einzelne Absätze und Worte zweitrangig, wenn es darum geht, eine Belegschaft, die ja auch nicht nur LINKE wählt, zu unterstützen. Es ist für sie eine unglaubliche Würdigung gewesen. Ich weiß aus drei Jahrzehnten Arbeitskampferfahrungen, wie wichtig die Wertigkeit und Würdigung in so einem Moment ist, weil sie dazu beiträgt, Kampfstärke und Kampfeswille zu stärken. Die Streikenden führen den Streik, bzw. die Gewerkschaft mit den Leuten. Wir alle stehen drum herum und zeigen Solidarität. An dieser Stelle möchte ich auch sagen, dass SOLID da eine gute Arbeit vor Ort macht. Ich hatte den Eindruck, dass ihr euch nicht genügend gewürdigt fühlt. Ich finde es toll, wie ihr den Leuten beiseite steht. Das tut auch der gesamten Partei sehr gut. Von uns als Fraktion kam dann noch als konkreter Beitrag der Streikantrag, der sich jetzt auch bundesweit auswirken wird; ich hoffe übrigens auch auf unser Wahlprogramm. In die wahlpolitische Erklärung ist er ja schon reingekommen. Ich will sagen: Wir haben unterschiedliche Aufgaben wahrgenommen und waren beide darin nicht schlecht. Christin : Ich denke, dass man sehr wohl dazu in der Lage sein kann, ein gemeinsames Ziel vor Augen nicht zu verlieren und trotzdem wirklich wichtige politische Dissense auszutragen. Es geht hier doch um eine Auseinandersetzung, die für die Frage, wie man sich wirksam mit den Streikenden solidarisiert, wichtig ist. Du hast eben mehrfach gesagt, dass breite Kreise zur Unterstützung gewonnen werden müssen und dass die gemeinsame Pressemitteilung ein strategischer Erfolg war. Es ist uns in dem Briefwechsel vorgeworfen worden, dass wir eine Erweiterung der Unterstützung nicht wollten. Das ist falsch. Es gibt einen Dissens darüber, wie man breite Unterstützung aufbaut und in welcher Form, durch wen man breite Unterstützung gewinnen will. Ich denke, dass dieser strategische Erfolg, die Grünen und die SPD unter eine Presseerklärung mit einer falschen inhaltlichen Ausrichtung zu bringen, so riesig nicht war. Man hat inhaltlich dem „sozialen Frieden“ das Wort geredet. Dann: Eine solidarische Haltung wirkt nicht durch eine bloße Erklärung, wenn SPD oder Grüne irgendwas sagen. Solidarität wird für den Empfänger erst dann fruchtbar und wichtig, wenn sie auch durch eine politische Handlung, durch politische Praxis begleitet wird. Das macht die SPD aber nicht, das machen die Grünen auch nicht. Die ziehen nicht morgens vor die Werktore, die kommen nicht zum Streikzelt. Johannes Kahrs war einmal da und hat einmal ’ne Kaffeefahrt nach Berlin organisiert. Das war aber nichts, was das Anliegen der Streikenden, nämlich so einen ökonomischen Druck auf die Krügers auszuüben, dass sie ihre Forderungen durchsetzen können, unterstützen würde. Von daher kann man auch noch fünf, zehn bis hundert solcher Erklärungen schreiben. Die Krügers wird das einfach schlicht nicht interessieren, weil die keinen Wert darauf legen – es sei denn, sie werden ökonomisch unter Druck gesetzt. Kersten : Die Krügers sind mir egal. Ich habe in meinem Leben mit genug Kapitalisten zu tun, ich kann die nicht überzeugen. Das ist auch nicht Ziel der gemeinsamen Erklärung gewesen. Dass auch Leute bei Neupack sie kritisch fanden, weiß ich nicht, das müssten sie mir sagen. Ich erlebe diese Belegschaft als uns sehr zugewandt. Als dann das Streikinfo der IG BCE herauskam, wo ein Foto der Bürgerschaft abgebildet war, hatte das eine wichtige Wirkung. Ich habe zum Beispiel auch die Nachbarschaft im Kopf. Aber auch eine Bezirksversammlung. Und „Lieschen Müller“ oder „Lutz Meier“, die das lesen und sich sagen, vielleicht gehe ich da auch mal hin. Es geht also um die Frage, wie organisieren wir noch mehr breitere Solidarität. Christin, es ist richtig mit Johannes Kahrs, das haben die Streikenden ganz schnell mitgekriegt. Mehr ist dann ja auch nicht gekommen. Wir waren als Fraktion oft präsent, mal mit einem Adventskranz, mal mit Briketts oder Ostereiern. Was ich als einen Wendepunkt der Solidarität empfunden habe, war die Veranstaltung im ewerkschaftshaus mit den Arbeitsrechtlern Christian Schoof und Benedikt Hopmann. Dort wurden die Grenzen, die das Streikrecht heute noch hat, dargelegt. Mir wurde klar: Wir schieben jetzt noch dieses klassische parlamentarische Instrument, den Antrag, hinterher. Ich hätte nicht gedacht, dass die SPD ihn überhaupt in Teilen annehmen würde. Er war ein wichtiger Schritt, um ein Signal über Hamburg hinaus zu setzen. Debatte : Damit wir dann auch zum Abschluss kommen. Wir sind uns, glaube ich, einig: Die Sozialdemokraten machen nichts, wenn sie nicht den Eindruck haben, es machen zu müssen, wenn öffentlicher Druck sie dazu bewegt. Das habe ich auch in Eimsbüttel so erfahren. Aber vielleicht kommen wir so zu einem Abschluss. Ich darf noch mal darauf hinweisen, dass sich Murat Günes, SOLID und Du zu einem Gespräch zusammen-gefunden haben. Und das ist doch die Idealform, wie man eine solche Solidarität praktisch angeht. War das nicht tatsächlich die richtige Schlussfolgerung aus diesem Streit um Passagen aus der Erklärung? Christin : Ja, natürlich, aber man redet doch miteinander oder schreibt sich, wie auch immer man kommuniziert, um bestimmte Streitpunkte, die es miteinander gibt, auszutragen. Nur so kann geguckt werden, wie man Politik beim nächsten Mal besser machen kann. Aber ich möchte trotzdem noch mal ganz kurz auf die Sachen eingehen, die Kersten gesagt hat. Gut, dass du noch mal auf den Flexi-Streik und den Zeitpunkt gesteuert hast, zu dem die Gewerkschaft diese „Flexi-Verarschung“ begonnen hat. Dieser Zeitpunkt ist ein weiterer Grund für unsere Kritik: Der Flexi-Streik fängt an, die IG BCE verstärkt die Politik der Anbiederei und dann kommt eine Erklärung, mit dem besagten Passus. Während die IG BCE noch mehr massiv auf Sozialpartnerschaft setzt, zum gleichen Zeitpunkt, zu dem Krüger massiv mit allen Methoden weiter Klassenkampf betreibt, gibt der „soziale Frieden“ den Streikenden sicher keinen Aufwind. Kersten : Den Zusammenhang gab es nicht so konkret. Christin : Du hast diesen Zeitpunkt ja gerade ins Spiel gebracht. Darum wollte ich es nur noch mal sagen, dass gerade wegen dieses Zeitpunktes die politische Formulierung mit dem „sozialen Frieden“ umso kritikwürdiger ist. Ich glaube, dass es zu diesem Zeitpunkt viel wichtiger gewesen wäre, diese Strategie der IG BCE öffentlich zu kritisieren und die Streikenden in ihrem Anliegen zu bestärken, den Streik selber besser zu führen. Ein Beispiel ist auch das Thema Streikrecht. Natürlich ist es richtig, hier politische Initiativen zu starten. Neupack ist ja ein gutes Beispiel dafür, wie so eine Aushebelung des Streikrechts funktioniert, um den Streikenden Knüppel zwischen die Beine zu schmeißen. Aber dieser Streik war nicht ungewinnbar. Man darf dabei nicht vergessen, dass auch die IG BCE dem Streik massiv Wind aus den Segeln genommen und einem erfolgreichen Streik entgegen gehandelt hat. Ich fand es auch falsch, dass ihr in einer Pressemitteilung zum Streikrecht den Streik für beendet erklärt, also verbal zu Grabe getragen habt, der nicht zu Ende war. Ihr habt schon davon gesprochen, dass die Forderungen der Streikenden gescheitert sind und die Tarifverhandlungen nicht zustande kommen. Man hat aber als linke Partei die Aufgabe, die Streikenden auf IHREM Weg zu unterstützen – es hat schließlich z.B. von Murat Günes diverse Ideen für eine bessere Streiktaktik gegeben. Kersten : ...das ist aber destruktiv, Christin ... Wir haben den Streik zu Grabe getragen? Ihr seid vielleicht traurig, wenn der Streik zu Ende ist, ich bin froh, wenn der zu Ende ist und die Leute ihren Tarifvertrag haben. Ich habe ein Zitat von dir in der Tageszeitung Junge Welt gelesen: „Lieber für einen Tarifvertrag streiten, als der Willkür des Arbeitgebers wieder ausgesetzt zu sein“. Diesen Satz habe ich zum Beispiel überhaupt nicht verstanden. Christin : Das ist es ja: Die IGBCE kämpft nicht mehr für einen Tarifvertrag. Murat hat häufig die Willkür Krügers zum Ausdruck gebracht, durch die zum Beispiel Nasenprämien vergeben worden sind usw. Das geht nun weiter. Natürlich wären solche Sachen in gewisser Weise durch einen Haustarifvertrag in ihrer Dramatik aufgehoben, wenn so ein Vertrag gut ausgehandelt ist. Debatte : Natürlich können wir jetzt hier auch nicht alle Schlussfolgerungen diskutieren, die für uns als Partei in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind. Da gibt es viele Möglichkeiten, die Dissenspunkte, die da noch sind, aufzuarbeiten. Aber ich glaube auch, das Gespräch hat ergeben, dass wir es nicht nur mit Dissenspunkten zu tun haben, sondern wir sind alle mit der Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen bei Neupack beschäftigt. Das kann man wirklich sagen. Ich glaube, keine andere Partei in Hamburg hat sich so engagiert, so reingehängt in diese Solidarität, und das müssen wir den Leuten natürlich auch sagen. Die Beschäftigten von Neupack wissen das, Murat Günes ist in die Partei DIE LINKE eingetreten. Das kommt alles nicht von ungefähr. Insofern: Bei allem Streit – viel Solidarität, auch untereinander. Ich danke Euch für das Gespräch! Das Gespräch wurde moderiert von Hartmut Obens, Redakteur dieser Zeitung „Deswegen war ich froh, dass es das zweite Mal nach dem Streik bei PFLEGEN & WOHNEN gelungen ist, Grüne, SPD und uns zu einer gemeinsamen Erklärung zu bekommen, die außerhalb der rein originären parlamentarischen Aufgaben liegt. Das ist ein Erfolg.“ Kersten Artus „... ein Kompromiss wird aus unserer Sicht dann falsch, erstens wenn nur einer der Bündnispartner für diese Kompromisse Abstriche machen muss, und zweitens, wenn man anfängt, durch diese Kompromisse auch seiner eignen Programmatik zu widersprechen.“ Christin Bernhold
Posted on: Sun, 23 Jun 2013 20:47:18 +0000

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