EU Bashing ist in, aber meines Erachtens Fehl am Platze. Brüssel als Moloch der EU ist sicherlich ein ernstes Thema. Über den hier zitierten Henryk M Broder mag man geteilter Meinung sein. Sein Buch habe ich mir kürzlich gekauft und lese es gerade. Mit Freude. Es scheint mir das Werk eines wahren überzeugten Europäers zu sein, der die Zustände der Verselbständigung und Überbürokratisierung aus Sicht von Bürgerinnen und Bürgen beschreibt und teilweise nachvollziehbar beklagt. Vieles, kommt beim Bürger nicht an, bleibt unverstanden, unerklärt oder auch intransparent. Die Struktur der EU basiert immer noch auf Grundsteinen, die trotz Maastricht und Lissabon immer noch nicht darauf ausgerichtet sind, 28 Staaten strukturiert unter dem Dach der EU als Hüterin der Verträge zu einigen. Die Ablauf strukturen und der demokratische Mitwirkungsprozess funktionieren nicht flächendeckend. Das Demokratiedefizit und die Hinterzimmerführung wurde iM zeichen der Krisen besonders deutlich. Jürgen Habermas hat das in seinem lesenwerten Aufsatz Zur Verfassung Europas anschaulich vorgestellt, aber auch eine Vision und einen Weg gezeigt, wie es gehen könnte. Aber das Lamentieren nützt nichts. Wir alle brauchen Europa und eine neue Art der Verfasstheit in Europa, wenn wir die Zukunft im Kontext und im Wettbewerb mit USA, China Russland Südamerika und vielleicht auch Afrika sichern wollen. John Locke und die Europäische Frühaufklärung waren die Taktgeber an denen sich die Väter der amerikanischen Verfassung einst orientierten. Die human rights und Freiheits- und Menschenrecht? Das hat sich Thomas Jefferson nicht alles selbst ausgedacht. Er hat John Lockes Gedanken gekannt. Nach nIne Eleven hat der Kampf gegen den Terror die freiheitlichen Elemente der Frühaufklärung in den Hintergrund gedrängt, wie man bei der NSA Debatte aber auch schon früher bei den Listenverordnung und diversen anderen Sachverhalten wahrnehmen kann. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Amerikaner der USA haben vergessen, was in ihrer eigenen Verfassung steht oder interpretieren dies mittlerweile anders. Europas Rolle in der Zukunft braucht ein starkes Europa souveräner Bürgerinnen und Bürger Europas, wenn wir beim Wettlauf um Rohstoffe und Technologien, um Wissen und Frieden angesichts der demografischen Probleme nicht vollends ins Hintertreffen geraten wollen und gemeinsam mit den USA einen weiteren Weg an einem Strang ziehend gehen wollen. Daher kann und muss man Misstände im Bereich der Bürokratie anprangern mit dem Ziel, sie zu ändern und zu reformieren. Anti EU Propaganda würde der mit John Locke und Immanuel Kant begonnenen Europäischen Aufklärung entgegenwirken. Wer das will, der will die Selbstisolation und denTod des Projektes und würde uns intellektuell mindestens 400 Jahre zurücksetzen. Meine Leseempfehlung sind neben Habermas, Broder ferner 2 Bücher von Gert Maack Europa und Was wenn Europa Scheitert und vor allem Aufklärung. Das europäische Projekt. von Manfred Geier aus dem Jahre 2011, erschienen bei Rowohlt, Reinbek 2012. ISBN 978-3-498-025182 Absolut lesenwert ist das Kapitel über John Locke und über Kant und den Irak Krieg. Wenn man das liest wird klar, dass wir die Fortsetzung und Weiterentwicklung des Europa Projekt mehr denn je brauchen. Wer den britischen Kontext sucht kann bei Timothy Garton Ash und seiner Webpage fündig werden.
Posted on: Thu, 07 Nov 2013 21:29:32 +0000