EU-Kommission und EZB überholen IWF rechts. Zum Glück gibt es am - TopicsExpress



          

EU-Kommission und EZB überholen IWF rechts. Zum Glück gibt es am 29.09. Die Linke Demokratische Alternative zur Troika soziales-oesterreich.net "...Gerade eben hat die EU-Kommission die Maßnahmen der griechischen Regierung gegen "Gesundheits-Überausgaben" ("health-care-overspending") gelobt - Maßnahmen, die die Kindersterblichkeit um 40 Prozent hochschnellen ließen und die Lebenserwartung reduzierten ("ein Massaker", schrieb unlängst die Süddeutsche Zeitung). Die EZB, deren Chef, Mario Draghi triumphierend kundtat, "das europäische Sozialstaatsmodell gibt es nicht mehr", stößt regelmäßig in das selbe Horn...Dieser Tage wurde wieder einmal ein mit "Streng vertraulich" überschriebenes IWF-Papier bekannt, in dem die Technokraten eingestehen, sie hätten die Auswirkungen der Austeritätspolitik auf Griechenland arg unterschätzt, zudem sollten viel mehr der griechischen Staatsschulden einfach gestrichen werden. Der Kulturwandel im Washingtoner Fonds ist mittlerweile derart signifikant, dass die EU-Bürokraten den Währungsfonds am liebsten los werden würden. Dessen Ziele "passen nicht mehr mit den Zielen der Europäischen Union zusammen", sagte Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso dieser Tage. Verkehrte Welt: Der IWF, traditionell die Speerspitze neoliberaler Gegenreform, passt nicht mehr zu Europa, weil er zu links ist...Die Schlüsselfigur der neueren IWF-Geschichte ist der charismatische Chefökonom des Fonds, Olivier Blanchard. Blanchard ist, wie seine beiden Vorgesetzen der vergangenen Jahre, gebürtiger Franzose, wirkte aber seit den siebziger Jahren als Makroökonom an führenden US-Forschungseinrichtungen, vor allem am Massachussets Institute of Technology (MIT) und in Harvard. Der Neokeynesianer Blanchard gilt als einer der brillantesten Ökonomen der USA und als enger Freund von Anti-Mainstream-Ökonomen wie Paul Krugman und Joseph Stiglitz. Immer wieder halt Blanchard in den vergangenen Jahren spektakuläre Akzente gesetzt. So formulierte Blanchard just zu jener Zeit, als alle europäischen Regierungen panisch einen "Fiskalpakt" schnürten, "vier bittere Wahrheiten". Wahrheit Nummer drei hatte es in sich: "Finanzinvestoren sind schizophren in Hinblick auf fiskalische Konsolidierung und Wachstum. Erst reagieren sie positiv auf fiskalische Konsolidierung, dann aber negativ, wenn Konsolidierung zu weniger Wachstum führt." Kurzum: Wenn Regierungen in Panik sparen, und wenn das alle Regierungen gleichzeitig machen, sodass das Wachstum einbricht, dann reagieren "die Märkte" erst recht nervös. Schuldenbremsen führen dann nicht zu sinkenden Zinsen, sondern sogar zu steigenden, was die Konsolidierung erst recht unmöglich macht. Ein regelrechtes Erdbeben in der Zunft löste ein unter Blanchards Federführung erarbeitetes "Working Paper" des IWF aus, in dem die Fonds-Spitze taxfrei eingestand, dass die ökonomischen Modelle, auf denen die Austeritäts-Programme seit Jahrzehnten beruhten, schlichtweg falsch seien. Der Fonds habe seit Jahrzehnten mit einem "Fiskal-Multiplikator" von 0,5 gearbeitet, gestanden Blanchard und seine Mitarbeiter. Das heißt, man ging davon aus, dass ein eingesparter Euro an Staatsausgaben nur eine BIP-Reduktion von 50 Cent nach sich zöge. Es stelle sich aber jetzt empirisch heraus, dass der Multiplikator "signifikant über 1" liege. Das heißt: Wenn eine Regierung 1 Milliarde Euro spare, dann sinkt das BIP um möglicherweise 1,2 oder 1,7 Milliarden, dementsprechend würden auch die Steuereinnahmen sinken. Im Klartext: Alle würden ärmer und die Budgetdefizite (und damit die Schulden) sinken nicht einmal. Blanchard gestand nun ein, dass nicht nur seit Jahrzehnten ein falscher Multiplikator verwendet wurde - er sagte auch, dass überhaupt nicht mehr feststellbar sei, wie der Fonds auf einen Multiplikator von 0,5 gekommen sei. Kurzum: Offenbar hat ihn irgendjemand erfunden, wer genau und warum, lasse sich in den Archiven leider nicht mehr eruieren. Die spektakulären Papers des IWF-Chefökonomen sind nur die sichtbarsten Indikatoren des Wandels. So sorgte auch eine Studie von Fonds-Forschern für Aufsehen, die nachwies, dass die wachsende Ungleichheit ein wesentlicher Auslöser der Finanzkrise war. Die Geldanlagen der Superreichen flossen in Form von Krediten an jene, die nicht mehr mithalten konnten: Vermögen und Schulden wuchsen simultan. So sensationell der Kurswechsel des Fonds ist, so übertrieben wäre es, zu sagen, im IWF hätten die Linken die Macht übernommen. Es ist eine Mischung aus mehreren Faktoren. Erstens: Mit Olivier Blanchard steht einer der profiliertesten Keynesianer an der Spitze des Fonds. Zweitens: Der Fonds ist US-dominiert, und die amerikanischen Regierung sieht die Kaputt-Sparpolitik der Europäer als Gefahr für die Weltwirtschaft und damit auch für die USA. Drittens: Es gibt auch ganz andere, harte neoliberale Stimmen im Fonds. Für den Fonds arbeiten tausende hochtalentierte Ökonomen mit starkem Ego, und er ist sehr heterogen. Anders als vor zwanzig Jahren, als der neoliberale Kurs absolutes Dogma war, gibt es aber heute nicht mehr die strikte "Parteilinie", die von oben vorgegeben wird. Das führt dann im Extremfall dazu, dass die IWF-Leute etwa Lettland einen strikten Austeritätskurs verschreiben, andere IWF-Leute diesen Kurs in Griechenland aber kritisieren."
Posted on: Tue, 23 Jul 2013 10:42:28 +0000

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