Koalitionsbildung: Schwarz-Rot? Nur mit Sigmar Gabriel als - TopicsExpress



          

Koalitionsbildung: Schwarz-Rot? Nur mit Sigmar Gabriel als Therapeut - DIE WELT Artikel per E-Mail empfehlen Schwarz-Rot? Nur mit Sigmar Gabriel als Therapeut Sieht man von der üblichen Windbläserei ab, so sind die Chancen auf eine Koalition zwischen SPD und Union nicht schlecht. Tiefe ideologische Gräben gibt es nicht, dafür viel Professionalität. Empfänger E-Mail Absender E-Mail Persönliche Nachricht Sieht man von der üblichen Windbläserei ab, so sind die Chancen auf eine Koalition zwischen SPD und Union nicht schlecht. Tiefe ideologische Gräben gibt es nicht, dafür viel Professionalität. Von Daniel Friedrich Sturm Als zweitstärkste politische Kraft in Deutschland hat sich die SPD mit der jüngsten Bundestagswahl etabliert. Während die Sozialdemokraten die Unionsparteien bei den Wahlen von 1998 und 2002 noch überragten, so hat sich ihr Rückstand von einem Prozentpunkt (2005) über elf (2009) auf nunmehr 16 Prozentpunkte vergrößert. Nicht einmal die Lautsprecher der SPD verlangen heute ernsthaft nach einer "Augenhöhe" mit der CDU/CSU. Geradezu aberwitzig mutet das vor acht Jahren betriebene Strategiespiel einer "israelischen Lösung" an; gemeint war seinerzeit eine alternierende Kanzlerschaft: Zwei Jahre ein Kanzler von der Union, zwei Jahre einer von der SPD. Nein, am Stuhl der Bundeskanzlerin werden die Sozialdemokraten nicht sägen, wenn sie am Freitag die erste von vermutlich mehreren Sondierungsrunden mit der Union führen. Sie wissen, dass Angela Merkel der nächsten Regierung vorsitzt – und zwar so, so oder so. Die Plädoyers für eine rot-rot-grüne Regierung kamen von wenigen Individualisten, die Warnrufe vor jenem "Linksbündnis" waren Wahlkampfgetöse. SPD, Linke und Grüne verfügen zwar im Bundestag über eine mathematische Mehrheit, die sich aber nicht in eine politische ummünzen lässt. Niemand will Rot-Rot-Grün Rot-Rot-Grün wird es nicht geben, weder in diesem Herbst noch vermutlich in zwei, drei oder fünf Jahren. Die Hauptgründe dafür lauten: erstens die SPD, zweitens die Linken und drittens die Grünen. Keine Partei ist dazu bereit, geschweige denn dazu in der Lage, eine solche Konfliktregierung zu bilden. So ist es, wie es bereits 2005 war: Bei einer rot-rot-grünen Parlamentsmehrheit wird Merkel zur Bundeskanzlerin gewählt. Einige Sozialdemokraten hoffen nun auf eine schwarz-grüne Koalition, für die es aber in keinem der 16 Länder ein Beispiel gibt und die sich auf gerade einmal ein Land im Bundesrat stützen könnte, auf – Ironie der Gegenwart – Bayern nämlich. Doch es handelt sich um eine trügerische Hoffnung, die einige in der SPD mit einer schwarz-grünen Koalition verknüpfen. Zwar werden sich die Grünen ohnehin nicht mehr so zwanghaft an die SPD ketten wie bislang, und doch sind sie ihr verlässlichster Partner. Immerhin regieren sie gemeinsam drei große und drei kleine Bundesländer. Sollen sich aber Union und Grüne im Bund aneinander binden, so verlöre die SPD diesen strategischen Partner. In der Opposition säße die SPD mit den zerrupften Linken, die jeden Antrag der Sozialdemokraten mit einer Portion Populismus garnieren. Nicht einmal sozial-liberale Annäherungsversuche wären mehr möglich; die FDP ist zu einer außerparlamentarischen Kleinpartei geschrumpft. Auf den Oppositionsbänken wäre die SPD auf lange Zeit verloren und verlassen. Die Arbeitsgemeinschaft der sozialdemokratischen Freunde von Schwarz-Grün ist primär in rot-grün regierten Ländern zu finden, also just dort, wo die SPD ihren Machthunger weitgehend gestillt hat. Hier fürchtet man, ein schwarz-rotes Bündnis werde in den kommenden Jahren Konflikte mit Berlin erschweren und im Zweifel Geld kosten. Verlust der Komfortzone Die politisch komfortable Frontstellung zur schwarz-gelben Bundesregierung vermisst mancher schon jetzt. Die Sozialdemokraten in Düsseldorf oder Mainz, denen das landespolitische Hemd näher ist als der bundespolitische Rock, fürchten außerdem, bei Landtagswahlen für "Berlin" abgestraft zu werden. Noch heute ist das Lamento der SPD zu vernehmen, im ersten Kabinett Merkel habe man selbst im "Maschinenraum" geackert, während es sich die Union auf dem "Sonnendeck" bequem gemacht habe. Dieser Umstand aber verprellte nicht eigene Anhänger. Dabei diskreditierte sich die SPD vor allem selbst mit internen Diskussionen und Intrigen. Man denke nur an Andrea Ypsilantis Wortbruch, diverse Parteiausschlussverfahren und den Machtkampf Franz Münteferings gegen Kurt Beck. Insofern war es absurd, dass Sozialdemokraten ausgerechnet Angela Merkel für ihr eigenes 23-Prozent-Debakel bei der Bundestagswahl 2009 verantwortlich machten. Hat die SPD auch ihr jüngstes, nur wenig besseres Ergebnis Merkel zu verdanken? Nein. Es war das schlechte programmatische und personelle Angebot, das nur jeden vierten Wähler überzeugte. Eine "Schwarze Witwe" war da nicht im Spiel. Der Unwille, mit der Union zu regieren, aber ist bei der Basis der SPD groß. Der Vorsitzende Sigmar Gabriel und die Führungsspitze haben daher nun eine geradezu therapeutische Aufgabe: Zuhören, Sorgen ernst nehmen, Trauerarbeit ermöglichen, Vertrauen aufbauen. Bislang ist Gabriel dies gelungen. SPD im Neuland Der Parteikonvent stimmte vor einer Woche mit großer Mehrheit für die Sondierungsgespräche, das mögliche Plazet für Koalitionsverhandlungen indes dürfte weniger einmütig ausfallen. Mit dem "Mitgliedervotum" über eine eventuelle Koalitionsvereinbarung betritt die SPD Neuland. Noch nie konnten ihre Mitglieder bundesweit über eine Sachfrage entscheiden. Das birgt Chancen wie Risiken, weshalb Gabriel die gesamte Führung eingebunden hat. Von den sieben Sozialdemokraten, die nun mit der Union sprechen, tragen oder trugen sechs Regierungsverantwortung. Die SPD also bietet erfahrene Exekutivpolitiker auf, demonstriert damit Merkel und ihren Mitstreitern: Wir besitzen Regierungspraxis. Wir verfügen über Männer und Frauen, die Ministerien führen können. An Professionalität dürfte es einer großen Koalition mitnichten mangeln. Vor allem aber sind die Gemeinsamkeiten zwischen Union und SPD größer als im Wahlkampf behauptet. Hier reden Volksparteien miteinander, die in fünf Bundesländern bereits koalieren. Viel Streit wird es nicht geben Ideologische Gräben? Fehlanzeige. Bei Arbeitsmarkt, Mindestlohn, Mietpreisbremse, Rente, Pflege, Europapolitik, Bund-Länder-Finanzbeziehungen und Energiewende dürften Union und SPD rasch übereinkommen. Auch der Streit über Steuern, Betreuungsgeld, Frauenquote oder Pkw-Maut ist lösbar. Freilich müsste die Union der SPD mehr Ministerposten überlassen als den Acht-Prozent-Grünen. Sie hätte mehr Macht abzutrotzen als zuletzt die FDP. Auf Zugeständnisse des Partners ist die SPD stärker angewiesen als die Union. Es wird viel Kraft kosten, dass sich die Sozialdemokratie jenseits ihrer Führungsriege mit dem Gedanken an eine große Koalition anfreundet. Gabriel steht vor einer anstrengenden Doppelaufgabe: Verhandeln mit der Union – und Vermitteln bei den eigenen Leuten. © Axel Springer AG 2013. Alle Rechte vorbehalten KLik Baca selanjutnya : bit.ly/1bubjZU
Posted on: Thu, 03 Oct 2013 18:57:02 +0000

Trending Topics



Recently Viewed Topics




© 2015