Reich-Ranicki ist tot! Gleich ein Grund einen seeeeehr alten Text - TopicsExpress



          

Reich-Ranicki ist tot! Gleich ein Grund einen seeeeehr alten Text von mir wieder rauszukramen - damals als er den ZDF-Preis abgelehnt hat ... ##################### Es ist zwar schon so einige Monatchen her, dass ein gewisser Marcel Reich-Raniki mit einem cholerischen Tollwutanfall bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises für Schlagzeilen sorgte, doch plagt mich das Dilemma mit den so genannten Bildungsmedien schon einige Zeit. Der Minister für Spieleverbote sagt: "Alles Mist!" Und da stand er nun auf der Bühne und machte sich lächerlich indem er wütend auf das Trashfernsehen schimpfte und fleißig seinen Arbeitgeber (das ZDF) beleidigte. Und weil’s so schön war zog eine Frau Heidenreich gleich nach – doch anders als Raniki zog sie ihre zornigen Aussagen in einem Anfall von zynischer Heuchelei nicht zurück. An dieser Stelle will ich nicht durchkauen wer Recht hat oder ob Raniki und Heidenreich nicht eigentlich übers Knie gelegt gehörten. Vor allem Ersteres wurde schon oft genug in der Öffentlichkeit diskutiert. Mir geht es mehr um den Umstand, dass Raniki – für mansche Menschen der Inbegriff von Intellektuellität – da auf der Bühne stand und den Untergang Deutschlands durch die Trashkultur orakelte. Dieser bösen Trashkultur, die das Land der Dichter und Denker in ein Dawn-of-the-Dead-ähnliches, zombieverseuchtes Stück Dreck verwandeln will. Was der gute Raniki dabei vergessen hat ist, dass die Welt nicht geteilt ist in Goethe und DSDS. Nein, da lässt er bloß seine Feindbilder auf das Publikum los, ohne auch nur einen Hauch von Reflexion. Ganz wie im Runniggag des satirehaltigen Spielemagazins "GameStar", wenn der Minister für Spieleverbote den einzigen Satz herunterleiert, den er kann: "Alles Mist!!!" Was will Raniki eigentlich? Ein Ende des Trashs? Kulturfernsehen rund um die Uhr? Mal ehrlich; Kulturfernsehen – so wie Raniki es sich vorstellt – würde den Zuschauer ebenso schnell ins Grab befördern wie andauernder RTL-Konsum. Talentvernichtungsindustrie + Kulturverdummung = Ach du Scheiße! Die Menschen sind unserem Akademiker zu dumm? Ist das Fernsehen an der Misere schuld? Die Killerspiele? Oder doch die Invasion der unsichtbaren, IQ-aussaugenden Dummheitsmoleküle, die von Terroristen ausgesetzt wurden, damit das Land von der eigenen, schmerzhaften Dämlichkeit aufgefressen wird? (Ich tippe auf Letzteres.) Womit wir bei dem Problem angelangt wären, das lautet: Wer entscheidet, was Kultur ist und was nicht? Wer entscheidet, was intellektuell ist und was nicht? Woran misst man Intelligenz? An den Zensuren? Ich bitte euch! In Deutschlands Talentvernichtungsindustrie (genannt: Schulsystem) mögen sie zwar etwas zählen, doch sagen die kleinen Zahlen auf dem Giftzettel weniger aus, als ihnen zugesprochen wird. Wie ich gern sage: Wie intelligent ein Mensch ist merkst du weder an seinem IQ, noch an seinen Zensuren oder anderen akademischen Leistungen. Ob ein Mensch intelligent ist merkst du, wenn er den Mund auf macht. Tja, und im Fall von Raniki kommt da wirklich nur – entschuldigt den verbalen Ausfall – gequirlte Scheiße raus. Wie heißt es doch so schön in "Star Wars – Episode II": "Jedi Meister, Ihr solltet doch am Besten wissen, was der Unterschied zwischen Wissen und Weisheit ist." Es ist m.M.n. schon erstaunlich wie sehr alle Welt auf Bildung im Sinne von angehäuften, stupid auswendig gelerntem Wissen pocht, doch kaum jemand tut etwas für die Weisheit, für den Geist. Bildungsfernsehen – das ist Wissen ohne Weisheit. Trashfernsehen hat keines von beidem. Popkultur? Igitt! Zwar tun Raniki und Heidenreich so, als ob sie die aufopferungsvollen Heiligen des Bildungsfernsehens sind, die die Republik vor der nahenden Apokalypse bewahren, doch das sind sie nicht. Bildung – allen voran das Bildungsfernsehen – ist eine Industrie wie jede andere auch. Und wie jede Industrie reduziert auch diese in Krisenzeiten ihre Produktion. Für den Zuschauer bedeutet das, dass es insgesamt platter wird. Und der angeblich so herausragende Journalismus – er existiert schon seit Jahrzehnten nicht mehr, insofern er je existiert hat – beugt sich dem. Es geht immer um Quoten – selbst im Bildungsfernsehen. Das ist auch der Grund warum ich dieses Jahr vor Olympia gar kein TV mehr schauen konnte; weil mich die heuchlerische China-Berichterstattung im Privat- und Staatsfernsehen so angekotzt hat, dass es weg musste. Und jetzt? Jetzt redet kein Schwein mehr über China, Menschenrechte oder Tibet. Unsere Heiligen aus dem Bildungssektor sind nicht besser als ihre Trashkumpanen von den Privatsendern – mit dem Unterschied, dass sie ihren Populismus und Pauschalurteile penibler verpacken und dem Zuschauer nicht roh vor die Füße werfen. Was sich bei den privaten an blonden Dummchen tummelt, das hat man bei den öffentlich-rechtlichen in Form von alten Hinterwäldlern wie Raniki oder Theo Koll, die sich in ihrer geistlosen Bildungsarroganz aufblähen und unbedingt Messias spielen wollen. Wenn ihnen dann nicht zugestimmt wird mähen sie in Tobsuchtsanfällen alles und jeden nieder oder fangen an auf die so genannten "Ungebildeteten" einzuhacken. Jene Unwissenden, die dieser ekelhaften Popkultur frönen, die droht Schiller & Co.KG zu verschlingen. Dabei wird gern vergessen, dass Kultur und Gesellschaft keine starren Dinge sind, die man per Antrag ablehnen kann. Was Raniki und all diese akademischen Geistlosen wollen ist nicht Kultur, sondern Stillstand. Kulturell-Gesellschaftlicher Stillstand in Form der "guten, alten Zeit!". Denn wie der Minister für Spieleverbote können auch sie nur einen Satz: "Alles Mist!" Die aktuelle Populär-Kultur wird dabei grundsätzlich zum Feindbild erkoren. So kommt auch flux ein Stereotyp dazu, der lautet: Jugendliche sind alle Schweine, die saufen und drogenabhängig sind! Trashkultur und Killerspiele verderben die Jugend, woraufhin sie noch mehr saufen und noch mehr Drogen nehmen! Also braucht es einen Ritter in strahlender Rüstung, der das Kind aus dem Brunnen rettet. "Sie tragen den Namen der Firma, doch wer trägt den Geist?" Als Jugendlicher kann man grundsätzlich überhaupt nichts richtig machen. Immerhin leben wir in einer alternden Gesellschaft in der Neues, Frisches, Außergewöhnliches nicht mehr erwünscht ist. Nein, lieber hocken wir in unserem Mief und warten stillschweigend auf unseren, hoffentlich bald eintretenden, Tod. Nebenbei wird alle paar Minuten wiederholt, dass früher sowieso alles besser und, dass es so was damals nicht gegeben hätte. Klar kann man jetzt sagen; lass das Raniki-Imperium doch in der Bibliothek verrotten! Geh raus! Lebe deine eigene Form der Kultur! Klar könnte man, nur leider scheint die Altweiberstimmung gewisser, konservativer Journalisten und Wissenschaftler sich negativ auf kommende Generationen auszuwirken. Ich zumindest finde es höchst bedenklich immer wieder Leuten begegnen zu müssen, die kaum älter sind als ich und trotzdem schon im Mief festsitzen und lamentieren, dass früher alles besser war. (Ja klar, früher als ich noch ein Baby war, den lustigen Überwachungsstaat DDR kaum mitgekriegt habe und deshalb jetzt ganz nostalgisch werde!) Das große Problem dieses Landes ist nicht mangelnde Bildung. Das große Problem ist es diese auch klug anzuwenden. Deutschland hat Heerscharen von Menschen gezüchtet, die strebsam jeden Mist auswendig lernen und Anträge ausfüllen können. Sie alle haben gebündeltes Wissen, jedoch haben nur wenige auch die nötige Weisheit. In der Schule wird der Glauben fest verankert, dass es immer ein "müssen" gibt. So musst du es interpretieren! So musst du es lernen! So musst du es sagen! Wie ich an dieser Stelle gern sage: Müssen musst du gar nichts, sondern du kannst. Denn Herr Müssen ist Alkoholiker. Ich persönlich hasse es, wenn Menschen davon sprechen, dass sie etwas müssen. Ein Drogenabhängiger muss. Ein Alkoholkranker muss. Ein Tablettensüchtiger muss. Ein freier Mensch kann. Und das alles ist der entscheidende Knackpunkt, den Leute wie Raniki einfach nicht begreifen. Niemand muss sich mit Kultur abgeben. Niemand hat diese und jene Art von Kultur aufgedrückt zu bekommen. Es ist unsere freie, ureigene Entscheidung, WAS unsere Kultur ist. Niemand hat das Recht zu sagen: "Du musst!" Und schon gar nicht so ein kleiner, alter, dummer Mann wie Raniki, der wohl in seinem ganzen, langen Leben noch nie auch nur mit der Fingerspitze den oberen Tellerrand berührt hat. So. Das musste (oder doch eher "konnte") Mal gesagt werden.
Posted on: Wed, 18 Sep 2013 18:32:28 +0000

Trending Topics



Recently Viewed Topics




© 2015