»Rot-Grün kassiert die Mitte ab« FDP-Spitzenkandidat Rainer - TopicsExpress



          

»Rot-Grün kassiert die Mitte ab« FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle: Nicht die bestrafen, die unseren Wohlstand erwirtschaften Berlin (WB). »Die Steuerpläne von Rot-Rot-Grün treffen nicht Millionäre, sondern Millionen«, sagt FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle. Allein die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze bei der Krankenkasse belaste nicht die hohen Einkommen, »sondern exakt die Mitte«, warnt Brüderle im Gespräch mit den WESTFALEN-BLATT-Redakteuren Ulrich Windolph und Reinhard Brockmann. Union und FDP bejubeln vier gute Jahre. Dabei hat die FDP 2009/10 einen glatten Fehlstart hingelegt und ihr größtes Versprechen kaum gehalten. Rainer Brüderle:Die Ergebnisse sind entscheidend. Deutschland ist stark. Wir haben in diesen vier Jahren 22 Milliarden Entlastung für die Bürger geschafft bei Steuern, Rentenversicherungsbeitrag und durch die Abschaffung der Praxisgebühr. Gleichzeitig mussten wir zur Eurostabilisierung Maßnahmen ergreifen, die so vorher nicht abzusehen waren. Die Welt beneidet uns um unsere Entwicklung. 22 Milliarden Entlastung sind kein Pappenstiel, aber das Steuermodell »einfacher, niedriger, gerechter« versprach mehr. Brüderle:Wir haben bei der Entlastung etwa das erreicht, was wir bei den Koalitionsverhandlungen vereinbart hatten. Und die Vereinfachung des komplizierten deutschen Steuerrechts bleibt auf der Agenda. Die werden wir allerdings in der Koalition nicht allein erreichen können. Dazu muss auch die SPD vernünftig werden und ihre Blockadehaltung im Bundesrat beenden. Über die Opposition reden wir später. Brüderle:Wir wollten schon etwas mehr entlasten, mussten aber gleichzeitig auch den Schuldenhaushalt der Vorgängerregierungen zum Ausgleich bringen. Von Peer Steinbrück, dem vorherigen Finanzminister, haben wir eine geplante Neuverschuldung von 86 Milliarden geerbt. Wir nehmen die Schuldenbremse ernst, die vorsieht, dass wir spätestens 2016 ohne neue Schulden auskommen. Wir haben für 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorgelegt und gleichzeitig zusätzlich 13 Milliarden in Bildung und Forschung investiert. Liegengeblieben ist auch die Mehrwertsteuer-Reform, nachdem Sie sich an Hotels die Finger gehörig verbrannt hatten. Brüderle:Für eine Finanzverfassungsreform brauchen Sie den Bundesrat. Ohne den geht es nicht. Das gilt auch für den Versuch, die hohen rot-grünen Solarsubventionen beim EEG noch weiter zurückzuführen. Sie wollen das Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) nicht? Brüderle:Wir wollen die Energiewende, das steht außer Frage. Das alte rot-grüne EEG mit Dauersubventionen für 20 Jahre und einem ungebremsten Zubau von Windrädern und Solaranlagen hat keine Zukunft. Es ist auch zutiefst ungerecht. Der Mieter aus Bielefeld zahlt mit seiner Stromrechnung dem Stuttgarter Villenbesitzer die Rendite fürs Solardach. Strom muss bezahlbar sein. Wir wollen ein marktwirtschaftliches Mengenmodell einführen. Danach sind die Energieversorger verpflichtet, einen bestimmten Anteil erneuerbarer Energien ins Netz einzuspeisen. Aus welcher Quelle der Strom kommt, entscheiden dann allein der Markt und die Effizienz. Die SPD hält Ihnen vor, als Wirtschaftsminister die Stromrabatte von 2000 auf 5000 Betriebe ausgeweitet zu haben. Brüderle:Ausnahmen für energieintensive Betriebe wurden bereits unter Rot-Grün ins Gesetz geschrieben. Wenn Steinmeier und Trittin die jetzt rückgängig machen wollen, müssen sie die Konsequenzen ehrlich benennen. Die Tickets für Busse und Bahnen würden teurer. Die sind nämlich auch befreit. Ich halte begründete Ausnahmen auch für richtig. Ich möchte, dass Deutschland Industrieland bleibt und wir auch zukünftig Arbeitsplätze in Gießereien haben. Wenn Strom zu teuer wird, wandern Betriebe ins Ausland. Sie wollen den Soli stoppen und Angela Merkel fährt Ihnen in die Parade. Begeistert? Brüderle:Wir wollen das Versprechen von Helmut Kohl, Theo Waigel und Hans-Dietrich Genscher einhalten, dass der Soli befristet ist. 2019 läuft der Solidarpakt aus. Spätestens dann muss der Soli weg sein. Wie soll man sonst Zusagen einer Regierung glauben können? Finanziell ist das machbar: Wir haben in dieser Wahlperiode um 22 Milliarden entlastet und 13 Milliarden für Bildung und Forschung drauflegen können. Dann kann man auch sicherlich 12 Milliarden Einnahmen in Schritten abbauen. Was muss an dieser Stelle im Koalitionsvertrag stehen, damit Sie unterschreiben? Brüderle:Erst wollen wir die Wahl gewinnen. Dann führen wir Koalitionsverhandlungen, in denen wir auf die Abschaffung des Soli bis zum Jahr 2019 drängen werden. In welchem Tempo und in welchen Schritten uns das gelingt, hängt ein bisschen von der Entwicklung bei den Steuern ab. In der Spähaffäre machen andere die Musik. Wieso? Brüderle:Ich erinnere daran, wie wir Liberalen in der Frage der Vorratsdatenspeicherung verteufelt wurden, weil wir nicht bereit waren, alle Bürger unter Generalverdacht zu stellen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat zur NSA-Affäre eindeutig Stellung genommen. Rot-Grün hat dagegen noch vor kurzem im Bundesrat die anlasslose Vorratsdatenspeicherung für sechs Monate vorgeschlagen. Soviel zum Thema Bürgerrechte. Die massivsten Eingriffe standen im Otto-Katalog des damaligen Innenministers Schily (SPD), der sogar das Abschießen von Flugzeugen vorsah. Jürgen Trittin behauptet, der grüne Topzuschlag auf Steuern treffe höchstens sieben Prozent der Bevölkerung. Brüderle:Die Steuerpläne von Rot-Rot-Grün treffen nicht Millionäre, sondern Millionen. Allein die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze bei der Krankenkasse trifft nicht die hohen Einkommen, sondern exakt die Mitte. Auch die Abschaffung des Ehegattensplittings würde die Mitte treffen. Was ist so schlimm an der These der SPD, dass breite Schultern mehr tragen können als schmale? Brüderle:Die breite Mitte schultert ja bereits viel, die darf man doch nicht überlasten. Genau das haben Trittin und Steinbrück mit ihren Steuer- und Abgabenplänen aber vor. Der Facharbeiter, verheiratet, zwei Kinder, würde bei Rot-Grün zu den Verlierern gehören. Das ist doch absurd. Diese Menschen erwirtschaften den Wohlstand unseres Landes und sollen dafür auch noch bestraft werden? Nicht mit der FDP! Um das zu verhindern sollten Sie überlegen, in eine Ampelkoalition mit Rot-Grün einzutreten. Brüderle:Das passt überhaupt nicht zusammen. Die SPD will die Steuern um 38 Milliarden erhöhen. Jürgen Trittin hat noch so einen Mao-Zuschlag, der rührt aus seiner Ausbildung beim Kommunistischen Bund. Die Grünen wollen die Steuern um 42 Milliarden erhöhen. Vor allem aber diese ganze Attitüde, uns alles vorzuschreiben vom Veggie-Day bis zum Plastiktütenverbot hängt einem freiheitlichen Politiker doch nur so zum Halse heraus. Als Bürger entscheide ich selbst, ob ich Schokolade, Gemüse oder Kotelett esse. Das geht diese selbst ernannten Tugendwächter gar nichts an. Mit den Leuten können sie keine vernünftige Politik machen. Die Grünen haben Ihnen mit skurrilen Verboten mindestens einen Elfmeter geschenkt. Haben sie schon ein Dankschreiben aufgesetzt? Brüderle:Dieser Unsinn hat keinen Dank verdient. Das grüne Denken in Verboten und Steuern erschreckt mich, weil es Freiheiten beschränken will. Aber die Menschen sind nicht blöd. Facharbeiter und der Mittelstand merken, dass sie von höheren Steuern und Verboten betroffen sind. Die Kanzlerin hält die SPD bei der Bewältigung der Euro-Krise für total unzuverlässig. Steinbrück ist empört. Sie auch? Brüderle:Beim Austeilen ist Herr Steinbrück immer stark, beim Einstecken schwach. Noch vor wenigen Tagen hat er der Bundeskanzlerin eine Verletzung des Amtseides vorgeworfen und sich bis heute nicht entschuldigt. Die jetzige Empörung der SPD ist vor allem dem Wahlkampf geschuldet. Das ist ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver vom europapolitischen Schlingerkurs der SPD. Rot-Grün hat Griechenland damals gegen jede Vernunft in die Eurozone aufgenommen. Heute spielt Herr Steinbrück den Besserwisser. Wenn es nach Rot-Grün gegangen wäre, hätten wir heute längst eine Schuldenunion in Europa. Die christlich-liberale Koalition hat Deutschland auf Kurs gehalten, nicht die SPD. Ihr Fraktionsmitglied Frank Schäffler aus Herford rechnet mit einem weiteren Schuldenschnitt und einem teuren Rettungspaket für Griechenland. Sie auch? Brüderle:Nein. Ich erwarte keinen Schuldenschnitt, denn sonst fiele es Griechenland noch viel schwerer, wieder an die Kapitalmärkte zurückzukehren. Außerdem hätte das erhebliche Folgen für den größten Anteilseigner bei den Staatsanleihen, nämlich die Europäische Zentralbank (EZB). Das würde eine Nachschusspflicht vom Eigenkapital bedeuten und es wäre das falsche Signal. Was ist offizielle FDP-Linie, anders als Schäffler? Brüderle:Wir hatten damals in der EU mit dem IWF und der EZB vereinbart, 2014 zu überprüfen, wo Griechenland steht. Es bleibt aber bei unserem Grundsatz: Solidarität, sprich Hilfe ja, aber der Empfänger hat das ihm Mögliche zu tun, um die Ursache der Misere zu beseitigen. Wenn Sie das aufweichen, stellt sich für Schuldenstaaten die Frage, weshalb sie die Reformprozesse weiter durchstehen sollten. Außerdem: Spanien und Portugal, die das auch durchgemacht haben, würden sich ob dieser Ungleichbehandlung unfair behandelt fühlen. Ich halte einen weiteren Schuldenschnitt auch deswegen für extrem unwahrscheinlich. Die FDP hat eine Insolvenzordnung für Pleitestaaten im Wahlprogramm. Sie schließen den Zusammenbruch eines EU-Landes nicht mehr aus? Brüderle:Das hat mit dem Schuldenschnitt zunächst nichts zu tun. Aber eine Insolvenzordnung ist nötig. Wenn Länder darin eine Chance sehen, müssen sie diesen Weg gehen können. Wie hoch ist das Risiko, dass Athen den Euro am Ende doch noch mit in den Abgrund reißt? Brüderle:Griechenland ist mit zwei Prozent an der gemeinsamen Wirtschaftsleistung beteiligt. Das ist keine erdrückend große Zahl. Das Land hat schon viele Fortschritte gemacht. Bei einer Insolvenzordnung geht es darum, Kettenreaktionen zu vermeiden, wenn ein Land die Bedingungen für unsere Hilfe nicht akzeptiert und sich für eine Insolvenz entscheidet. Solidarität und Hilfe ja, wenn der gute Wille aber nicht erkennbar ist und die nötigen Reformen nicht umgesetzt werden, dann wird weiteren Hilfsmaßnahmen die Basis entzogen. Kritik am Familiensplitting Berlin(epd). Die von CDU und CSU geplante Reform der Familienbesteuerung würde Besserverdiener stärker entlasten als einkommensschwache Familien. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, deren Ergebnisse gestern vorgestellt wurden. Demnach würde eine einkommensstarke Familie durch das »Familiensplitting« bis zu 840 Euro pro Jahr sparen, eine einkommensschwache Familie nur 300 Euro. Im Schnitt würden Familien mit Kindern um 700 Euro pro Jahr entlastet. Zudem würden 60 Prozent der Familien in der untersten Einkommensklasse gar nicht profitieren, weil sie Arbeitslosengeld II beziehen. Dem familienpolitischen Ziel der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie stünde die Reform entgegen. Angesichts der Kosten sollte erwogen werden, die Mittel lieber in die Kinderbetreuung zu investieren, fordern die Experten. Westfalen-Blatt vom 05.09.2013
Posted on: Thu, 05 Sep 2013 19:52:57 +0000

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