Sehr geehrter Patrick Helmes, Sie sind ein Stürmer, von dem man nichts anderes als Tore erwartet. In Ihrem Lebenslauf sollte beim Punkt Beruf nicht Fußballer, sondern „Knipser“ geschrieben stehen. Ihre Kollegen mit Torflaute suchen ihr Heil im mannschaftsdienlichen Spiel. Stürmer sind heute viel unterwegs auf dem Platz. Auch, weil man es von ihnen erwartet. Im „modernen“ Fußball sind Laufbereitschaft und Teilnahme am Kombinationsspiel ein Erfordernis. Nur ganz wenige Stürmer trauen sich noch, in den Lauermodus zu schalten. Dass Stürmer sich am Spiel aktiv beteiligen sollen ist mittlerweile zum gesellschaftlichen Konsens geworden. Selbst Gelegenheitszuschauer protestieren bei EM-Public-Viewings lautstark, wenn Mario Gomez, ein Knipserkollege von Ihnen, sich eine Auszeit nimmt und nicht am Spiel partizipiert. Sie sind ein Spieler, der auf mich immer immun gegen fußballtaktische Entwicklungen gewirkt hat. Sie waren eben Patrick Helmes, der Knipser. Nur an Toren hat man Sie gemessen. Das war Ihre Medizin gegen jegliche Kritik. Was mir an Ihnen gefällt: Sie müssen nicht viel sprechen. Sie lassen Tore sprechen. Aber da ist Ihr Karriereweg, der keineswegs linear nach oben verlief. Vom 1. FC Köln verschlug es Sie zurück zu den Sportfreunden Siegen, angeblich waren Sie körperlich zu schwach. Dann schossen Sie sich über die Regionalliga zurück zum FC, in die Nationalmannschaft und zu Bayer Leverkusen. Warum zieht sich ein Nationalspieler beim Freizeitkick mit Freunden einen Kreuzbandriss zu? Warum wechseln Sie zu Disziplin-Fanatiker Felix Magath nach Wolfsburg, sitzen dort auf der Tribüne, weil Sie angeblich nicht fit und vielleicht übergewichtig sind? Wie sind Sie damals aus dem Nichts zurückgekommen und wie haben Sie aus dem Nichts wieder getroffen? Da sind diese offenen Fragen. Aber Ihr suboptimaler Karriereverlauf ist menschlich. Ich freue mich, Sie wieder auf dem Fußballplatz für den 1. FC Köln spielen zu sehen. Sie gehören nicht auf die Tribüne in Wolfsburg. Wir dürfen nicht vergessen, wie Stürmer einmal sein wollten. Typen, die nur auf dem Platz stehen, um zu treffen. Die aus dem Nichts treffen. So einer sind Sie. Und wenn Sie nicht treffen, haben Sie schlecht gespielt. So einfach und ehrlich ist der Fußballer Patrick Helmes. Ich glaube, Sie denken ähnlich von sich selbst. Sonst wären Sie niemals so torgeil, wie Sie sind. Ganze vier Minuten haben Sie es gegen Energie Cottbus ausgehalten. Das Toreschießen haben Sie sichtlich vermisst und wollten es Ihren Kritikern in Köln beweisen. Sie salutieren vor Köln. Der Knipser hat seinen Dienst wieder angetreten. Ich hoffe für Sie, dass der Kölner Herbst zum zweiten (oder dritten) Frühling Ihrer Karriere wird. Sportlichst, Marc Andruszko
Posted on: Thu, 19 Sep 2013 16:06:50 +0000
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