Sykes-Picot-Abkommen Das Sykes-Picot-Abkommen vom 16. Mai 1916 - TopicsExpress



          

Sykes-Picot-Abkommen Das Sykes-Picot-Abkommen vom 16. Mai 1916 war eine geheime Übereinkunft zwischen den Regierungen Großbritanniens und Frankreichs, durch die deren koloniale Interessensgebiete im Nahen Osten nach der Zerschlagung des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg festgelegt wurden. Das Abkommen wurde im November 1915 von dem französischen Diplomaten François Georges-Picot und dem Engländer Mark Sykes ausgehandelt. Am 3. Januar 1916 wurde ein Entwurf vereinbart,[1] daher wird auch dieses Datum alternativ zum 16. Mai 1916, an dem das Abkommen offiziell geschlossen wurde, genannt. Picot war der deutlich erfahrenere Verhandlungspartner und verstand es, für Frankreich weit mehr als erwartet zu erreichen. Großbritannien wurde die Herrschaft über ein Gebiet zuerkannt, das insgesamt etwa dem heutigen Jordanien, dem Irak und dem Gebiet um Haifa entspricht. Frankreich übernahm die Herrschaft über die Südost-Türkei, den Nordirak, Syrien und den Libanon. Jedes Land konnte die Staatsgrenzen innerhalb seiner Einflusszone frei bestimmen. Das später Palästina genannte Gebiet wurde unter internationale Verwaltung gestellt. Dieses Gebiet, das in der Folge Anlass zu heftigen Kontroversen sein sollte, hatte folgende Grenzen: Im Süden: eine West-Ost-Linie, beginnend auf etwa der halben Strecke von Deir al-Balah nach Gaza bis zum Toten Meer, nördlich von Beerscheba und südlich von Hebron. Im Osten: vom Toten Meer den Fluss Jordan entlang zum See Genezareth und einige Meilen nördlich des Sees. Im Norden: im Anschluss an die Ostgrenze eine Linie in west-nordwestlicher Richtung, die fast an den Süden von Safed reicht und etwa in der Mitte zwischen Haifa und Tyros auf das Meer stößt. Im Westen: das Mittelmeer. Das Sykes-Picot-Abkommen stand inhaltlich mit der Hussein-McMahon-Korrespondenz der Jahre 1915/16 im Widerspruch. Während in der Korrespondenz den Arabern die Unterstützung Großbritanniens im Falle einer Revolte gegen das Osmanische Reich zugesagt und die Anerkennung einer anschließenden arabischen Unabhängigkeit in Aussicht gestellt wurde, teilten Frankreich und Großbritannien weite Teile des arabischen Territoriums unter sich auf. Allerdings enthielt auch das Sykes-Picot-Abkommen bereits im ersten Paragraphen den Hinweis, dass sowohl Frankreich als auch Großbritannien bereit seien, einen unabhängigen arabischen Staat in den mit A und B markierten Regionen der Landkarte anzuerkennen und zu schützen. Beide Staaten behielten sich aber in ihren Einflusssphären Privilegien vor.[2] Später wurde das Sykes-Picot-Abkommen erweitert, um Italien und Russland einzubinden. Russland sollte Armenien und Teile von Kurdistan erhalten, Italien einige ägäische Inseln (die Dodekanes) und eine Einflusssphäre um İzmir in Südwest-Anatolien. Die italienische Präsenz in Kleinasien sowie die Aufteilung der arabischen Länder wurde im Vertrag von Sèvres im Jahre 1920 formell besiegelt. Die Oktoberrevolution von 1917 führte dazu, dass Russlands Ansprüche am Osmanischen Reich verworfen wurden. Die bolschewistische Regierung veröffentlichte daraufhin den Inhalt des geheimen Sykes-Picot-Abkommens am 23. November 1917 in den russischen Tageszeitungen Prawda und Iswestija. Drei Tage später erschien der Inhalt des Abkommens auch in der britischen Tageszeitung The Guardian.[3] Die Veröffentlichung löste große Verärgerung unter den Entente-Mächten und wachsendes Misstrauen bei den Arabern aus, was die Arabische Revolte zusätzlich anstachelte. Mit der Konferenz von Sanremo vom 19. bis 26. April 1920 und dem Churchill-Weißbuch von 1922 wurden Versuche unternommen, diese Probleme zu lösen. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass Palästina ein Teil der ausgenommenen Gebiete war („Syrien westlich des Bezirks von Damaskus“). Die Hauptpunkte des Sykes-Picot-Abkommens wurden in der Konferenz von Sanremo bestätigt, auf der die drei Völkerbundmandate beruhen, die am 24. Juli 1922 ratifiziert wurden. Nach Ende des Ersten Weltkriegs legte der Vertrag von Versailles fest, dass die Unabhängigkeit der ehemals unter osmanischer Herrschaft stehenden arabischen Länder anerkannt würde, wenn diese das „Mandat“ eines Staates akzeptieren würden.[4] Großbritannien erhielt das britische Mandat Mesopotamien auf dem Gebiet des heutigen Irak sowie das Völkerbundsmandat für Palästina, welches den südlichen Teil der osmanischen Provinz Syrien (Syrien, Palästina und Jordanien) umfasste, während Frankreich das Völkerbundmandat für Syrien und Libanon auf dem restlichen Gebiet des osmanischen Syriens (das moderne Syrien, den Libanon und Hatay) zugesprochen wurde. Vor dem Ersten Weltkrieg verfolgten noch fünf bis sechs europäische Großmächte ihre Interessen im Nahen Osten, teilweise auch gegeneinander. Danach waren Russland, Deutschland und Österreich-Ungarn dazu nicht mehr in der Lage. Nunmehr war der gesamte Nahe Osten für mehrere Jahrzehnte uneingeschränkt britisch-französisches Einflussgebiet.[5] [1] Christopher M. Andrew, Alexander Sydney Kanya-Forstner: The climax of French imperial expansion. 1914–1924. Stanford University Press, Stanford CA 1981, ISBN 0-8047-1101-1, S. 95. [2] Siehe §1 des Sykes-Picot-Abkommens [3] The Geographer: International Boundary Studie. Jordan - Syria Boundary. Bureau of Intelligence and Research, Department of State, USA, 30. Dezember 1969, S. 9, abgerufen am 4. März 2011 (PDF; 296 kB, englisch). [4] Albert Hourani: Die Geschichte der arabischen Völker. 1997, S. 389. [5] Albert Hourani: Die Geschichte der arabischen Völker. 1997, S. 391.
Posted on: Sun, 10 Nov 2013 22:13:09 +0000

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