en Tunnel hergebracht, damit sie sich kein—wenn auch noch so - TopicsExpress



          

en Tunnel hergebracht, damit sie sich kein—wenn auch noch so vages—Bild von einem eventuellen Fluchtweg einprägen können. Als Filmteam durften wir uns ausnahmsweise über den Besucherraum hinaus aufhalten. Auf dem Weg zu Giwar führte uns Frau Gauer durch unterschiedliche Trakte und öffnete ein Schloss nach dem anderen für uns, nur um es sofort hinter uns abzuschließen, während sie uns jedes Mal darauf hinwies, dass wir unter keinen Umständen den Bart ihres Schlüssels abfilmen dürften. Dieser ist genauso geheim wie die Anzahl der Türen und die genaue Architektur des Gebäudes. Im ersten Trakt der JVA erlebte ich auf einmal das, was ich mir die ganze Zeit von meinem Besuch im Gefängnis erwartet hatte: Gefangene brüllten irgendwas aus ihren Zellen heraus, wenn sie hinter den massiven Türen mitbekamen, dass gerade jemand vorbeiging. Und, auch wenn das jetzt ein absolutes Klischee ist, die Gefangenen, die gerade aus irgendwelchen Gründen nicht in den Zellen waren, sondern mit Wärtern zusammen durch die Gänge liefen, ließen uns schon aus der Ferne spüren, dass man hier nicht gerade oft Frauen zu sehen bekommt und schon gar nicht drei auf einmal und ohne Uniform. Im Sonderbereich, in dem Giwar ein spezielles Antigewalttraining absolviert, herrschte plötzlich wieder eine ganz andere Atmosphäre. Die Zellen sind hier den ganzen Tag offen, überall hängen liebevoll ausgesuchte Bilder und Gemälde an der Wand, die es irgendwie gemütlich machen. Andererseits lassen die Bilder nicht gerade vermuten, dass die Gefangenen hier selbst viel bei der Auswahl mitzureden gehabt hätten. Ich fragte mich, ob es vielleicht zum sozialpädagogischen Ansatz dieser Quasi-WG von Gewalttätern gehört, für sie ein freundliches und um es stereotyp auszudrücken „weibliches“ Ambiente zu erschaffen oder ob man, wenn man in seinem Leben schon so oft gezeigt hat, wozu man fähig ist, auch langsam bereit ist, so etwas wie ein nettes Zuhause insgeheim doch wertzuschätzen. Im Rahmen des Antigewalttrainings arbeiten die Täter ihre individuellen Taten in einer Gruppentherapie auf und lernen mit dem, was in ihnen die Gewalt triggert, anders umzugehen. Obwohl ich beeindruckt vom reflektierten und kritischen Umgang mit der eigenen Gewalt war, was ich in der Gruppentherapie nicht nur von Giwar zu hören bekam, frage ich mich auch heute noch, ob man sich Gewalt und die Faszination für den kriminellen Shortcut zum Reichtum wirklich komplett abgewöhnen kann.
Posted on: Fri, 20 Sep 2013 03:49:30 +0000

Trending Topics




© 2015