Daraus - TopicsExpress



          

Daraus (sciencefiles.files.wordpress/2012/06/heike-diefenbach_2012_das-patricharchat_sciencefiles-org.pdf – auch Fußnote 13 ist bspw. sehr zu empfehlen, wie überhaupt der gesamte Text): »Wenn von der Verankerung von Frauenpolitik in staatlichen Organisationen auf ihre Notwendigkeit oder auch nur Erwünschtheit durch die Bevölkerung (und insbesondere die weibliche Bevölkerung) geschlossen wird, und hieraus wiederum geschlossen wird, dass patriarchalische Strukturen vorliegen müssen, und schließlich weiter geschlossen wird, dass (mehr) Fördermaßnahmen für Frauen notwendig wären, weswegen die Verankerung von Frauenpolitik notwendig war und weiterhin notwendig ist, dann handelt es sich um einen Zir kelschluss bzw. eine Tautologie, also um eine logisch nicht akzeptable Begründung. Ein alternativer Nachweis patriarchalischer Strukturen wird im Rahmen des Staatsfeminismus aber nicht geführt. Wenn man diejenigen Indikatoren heranzieht, die normalerweise herangezogen wurden, wenn man ein früher ein Patriarchat oder Patriarchat identifizieren wollte, insbesondere Abstammungs- und Erbfolgeregeln sowie rechtliche Ungleichstellung von Frauen und Männern, dann lässt sich festhalten, dass heute in weiten Teilen der Erde und jedenfalls in der westlichen Welt von einem Patriarchat oder patriarchalischen Strukturen keine Rede sein kann: Sowohl die väterliche als auch die mütterliche Abstammungslinie werden anerkannt, Menschen erben sowohl von ihren Müttern als auch von ihren Vätern, und Männer und Frauen sind rechtlich gleichgestellt und werden in der Regel auch so behandelt. Es gibt keine Hindernisse für Frauen mit Bezug auf ihre Bildung oder die Ausübung einer Erwerbstätigkeit, und ein großer Teil von Frauen ist erwerbstätig. Der Lohn aus ihrer Erwerbstätigkeit ist ihr Eigentum, das ihnen eine unabhängige und selbstbestimmte Lebensführung erlaubt. Ab 18 Jahren sind Frauen ebenso wie Männer volljährig, vertragsfähig und rechtlich von ihren Eltern unabhängig. Bei Eheschließung geht das Eigentum einer Frau nicht in den Besitz des Mannes über, sie hat ebenso wie der Mann das Recht, sich scheiden zu lassen, und sie hat eine Vielzahl von Rechtsansprüchen gegenüber ihrem Mann und dem Steuerzahler im Fall der Scheidung und im Hinblick auf die Aufzucht von Kindern. Frauen, die nie oder nur für kurze Zeit vollzeit oder überhaupt nie erwerbstätig waren, hatten und haben Ansprüche auf die Renten, die sich ihre Ehemänner durch Erwerbstätigkeit erworben haben, und außerdem werden auch Ausbildungs- und Erziehungszeiten mit Bezug auf Rentenansprüche anerkannt. Es verwundert daher nicht, dass der Staatsfeminismus sich schwer tut, in der westlichen Welt und den meisten nicht-westlichen Staaten Elemente dessen festzustellen, was als Teil patriarchalischer Strukturen gelten könnte. Er hat sich dementsprechend darauf zurückgezogen, die Wirkung aktueller oder vergangener patriarchalischer Strukturen überall dort zu behaupten, wo ein gesellschaftliches Gut nicht zu mindestens fünfzig Prozent auf Frauen entfällt, und konsequenterweise ist das wichtigste Schlagwort des Staatsfeminismus im öffentlichen Diskurs auch nicht mehr das "Patriarchat", sondern die "Geschlechtergleichstellung" bzw. die Ergebnisgleichheit für die Geschlechter. Es geht nicht mehr um die Beseitigung von Herrschaft von Männern über Frauen, sondern um "den Abbau noch bestehender sozialer Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen" (Klenner 2002). Die Rede von "patriarchalischen Strukturen" dient in diesem Zusammenhang dazu, jede ungleiche Verteilung eines Gutes auf die Geschlechter als illegitim und daher veränderungswürdig zu kennzeichnen – ungeachtet der Frage, ob diese Verteilung ein Ergebnis von Benachteiligungen oder von freien Willensentscheidungen von Männern und Frauen sind. Sie dient aber auch dazu, andere Verteilungsprinzipien als das Gleichheitsprinzip zu diskreditieren, denn um Gleichheit herzustellen, müssen Gerechtigkeitsprinzipien, nach denen bislang Verteilungen vorgenommen wurden, z.B. das Prinzip der Leistung, außer Kraft gesetzt werden. Und weil diese Prinzipien rational begründet sind und individuelle Gerechtigkeit (statt Gruppengleichheit) schaffen, werden sie als Ausdruck männlicher Rationalität und männlichen Individualismus bezeichnet, die weiblicher Irrationalität – in der feministischen Literatur spricht man allerdings lieber von Sinnlichkeit oder Einfühlungsvermögen – und weibliche m Kollektivismus entgegenstehen. Und dies verweist zurück auf Engels und seinen Traum von der Rückkehr in den Urkommunismus, der frei ist von angeblich männlicher "platte[r] Habgier" und der Orientierung am "lumpigen Individuum" (Engels 1984[1884]: 204), so dass das "Patriarchat" zur Bezeichnung bestimmter realer Verhältnisse zwar untauglich ist, aber als Denkfigur im Rahmen bestimmter Weltanschauungen und im Kampf um Ressourcen heute wie damals von ungebrochener Aktualität und politischer Relevanz ist«
Posted on: Fri, 19 Jul 2013 13:14:16 +0000

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