Erfurt und Mainz 25 Jahre Städtepartnerschaft – Jahre der - TopicsExpress



          

Erfurt und Mainz 25 Jahre Städtepartnerschaft – Jahre der Begegnung Ein „Bilderbuch der deutschen Geschichte“ nannte der Schriftsteller Arnold Zweig die reizvolle Erfurter Altstadt, die in ihrer mittelalterlichen Struktur weitgehend erhalten ist. Dem Besucher Erfurts begegnet auf Schritt und Tritt Kurmainzer Geschichte. Kein Wunder, denn mehr als 700 Jahre lang war der Mainzer Erzbischof und Kurfürst Landesherr, wenn auch die Stadt weitgehend ihre Unabhängigkeit wahrte. Die erste schriftliche Erwähnung von Erphesfurt erfolgte 742, als Bonifatius, der 719 vom Papst mit der Missionierung Thüringens beauftragt worden war, hier ein Bistum gründete. Die Stadt entwickelte sich rasch, begünstigt durch ihre Lage an der Kreuzung zweier wichtiger Handelswege, der Nürnberger Geleitstraße, die vom Mittelmeer zur Ostsee führte, und der via regia, der ältesten und längsten Landverbindung zwischen West- und Osteuropa. Um das Jahr 1000 wird der Erzbischof von Mainz, mächtigster Kirchenfürst des Reiches, auch weltlicher Herrscher über Erfurt, das im 13. Jahrhundert einen ersten Höhepunkt in seiner wirtschaftlichen Entwicklung erreicht. Hauptexportartikel war das Waid, eine zur Herstellung blauen Farbstoffes gebrauchte Pflanze (Isatis tinctoria) aus der Familie der Kreuzblütler. Vom einstigen Reichtum der Stadt zeugen heute noch die sorgfältig restaurierten Kirchen – um 1500 gaben die mehr als 20 Pfarrkirchen, die zahlreichen Kapellen, Klöster und Stifte der Stadt die Beinamen "Thüringer Rom" und "Erfordia turrita" (turmgekröntes Erfurt) – und die prunkvollen Bürgerhäuser. Die Krämerbrücke ist mit ihren 120 Metern die längste und mit ihren 32 Häusern die einzig komplett bebaute und bewohnte Brücke nördlich der Alpen, 1325 als steinerner Neubau errichtet, nachdem ältere Holzbrücken mit ihren Fachwerkbuden immer wieder Bränden zum Opfer gefallen waren. Sie verbindet den Fischmarkt mit dem ebenso beschaulichen Wenigemarkt. Insgesamt ist die Altstadt ein lebendiger Mix aus engen verwinkelten Gässchen, Fachwerk- und Renaissancegebäuden, die vom Mariendom und der Severikirche überragt werden – ein monumentales gotisches Ensemble. Beeindruckt von der majestätischen Erscheinung lässt es sich wohl kaum jemand nehmen, die 70 Stufen zum Portal zu erklimmen. Die Figuren der Apostel, die enge Beziehung zur französischen Kathedralplastik aufweisen, und die der klugen wie der törichten Jungfrauen schmücken die Portalgewände ebenso wie die Figuren von Ecclesia und Synagoge. Sie stehen in der Nachfolge der Magdeburger Domfiguren, überbieten diese jedoch im Ausdruck des Schmerzes und der Verzweiflung. Das bedeutendste plastische Werk der Innenausstattung ist der Wolfram, die einzige noch erhaltene vollplastische Bronzefigur aus der Frühzeit deutscher romanischer Gießhütten (um 1160), ein Lichtträger in Menschengröße. Der Dom eine dreischiffige Pfeilerbasilika, 1253 geweiht, im 14. Jahrhundert um den 25 Meter hohem Chor erweitert, ist reich mit Kunstwerken ausgestattet wie die Severikirche – beide Kirchen mit mittelalterlichen Glasfenstern versehen, die sowohl thematisch wie in ihrer Gestaltung zu den großartigen Beständen mittelalterlicher Glaskunst gehören. Auch andere das Stadtbild prägende Bauwerke und Denkmale müssten genannt werden, nicht nur, weil sie an die Zeit als kurmainzische Provinzstadt erinnern: die 1665 begonnene Zitadelle Petersberg, der Obelisk auf dem Domplatz, das Angermuseum und die Staatskanzlei, einst als barocke Repräsentationsbauten der Mainzer errichtet, und immer wieder das Mainzer Rad. „Aufgrund der langen gemeinsamen Geschichte lag es nahe, dass Mainz eine Städtepartnerschaftsvereinbarung mit Erfurt anstrebte. Bereits im Jahr 1972 unternahm der damalige Oberbürgermeister Jockel Fuchs einen ersten Vorstoß, kulturelle und partnerschaftliche Beziehungen mit der Stadt Erfurt aufzubauen … Doch die Zeiten waren noch nicht reif für eine solche Entwicklung. 1987 bemühte sich Mainz dann erneut um Kontakte, als eine Delegation von Mainzer Kommunalpolitikern erste Gespräche in Erfurt führte. Und am 20. Februar 1988 war es dann soweit. Im Mainzer Rathaus unterzeichneten die Oberbürgermeister die erste Partnerschaftsvereinbarung der beiden Städte.“ Sie sollte eine "hoffungsvolle Möglichkeit darstellen, miteinander ins Gespräch zu kommen", so zu lesen auf den Internetseiten der Stadt Mainz unter dem Stichwort Partnerstädte/Erfurt. Dann kam die Wende und damit eine völlig veränderte Situation. Bereits in den ersten Wochen besuchten Tausende von Erfurtern ihre Partnerstadt Mainz, Kontakte und Freundschaften wurden geknüpft und bestehen teilweise bis heute. Am 14. Juli 1990 einigten sich die beiden Stadtführungen über die Inhalte einer neuen Partnerschaftsvereinbarung und setzten mit deren Unterzeichnung neue Schwerpunkte. Und dass eine innerdeutsche Partnerschaft nicht überholt ist, zeigte sich in diesem Jahr im Mainzer Ratssaal anlässlich des Festaktes zum 25-jährigen Städtepartnerschaftsjubiläum. Beide Oberbürgermeister unterschrieben eine aktualisierte Vereinbarung. Städtepartnerschaften dienen dem Miteinander. Getragen werden sie – und das nicht nur im „Silberhochzeitsjahr“ – von den Bürgern. Und so sind die Begegnungen auf kommunalpolitischer Ebene lebendig ebenso wie der Schüler- und Jugendaustausch, wie das Miteinander der Vereine, der Universitäten, der Kirchen, der Museen und der bildenden Künstler und nicht zuletzt die Zusammenarbeit der Seniorenbeiräte. Seit 1995 finden in wechselndem Rhythmus gegenseitige Besuche statt, bei denen ein Gedankenaustausch über die Arbeit der Beiräte im Vordergrund steht, bei denen aktuelle Themen diskutiert und soziale Einrichtungen besucht werden, bei denen aber auch kulturell oder geschichtlich interessante Orte in der jeweiligen Partnerstadt und ihrer Umgebung besucht werden. Gerade erst ist eine Gruppe des Mainzer Seniorenbeirats aus Erfurt zurückgekommen: 2 Tage war man zusammen, hat Erfahrungen ausgetauscht, hat zusammen gesessen und es sich bei Speis und Trank gut gehen lassen und hat unter anderem den Egapark besucht und dort den Mainzgarten bewundert. Er wurde völlig neu gestaltet mit Hortensien in allen Farben und im Juli anlässlich des Partnerschaftsjubiläums neu eröffnet vom Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein und seinem Mainzer Amtskollegen Michael Ebling, die – ein symbolischer Akt – zwei Pflanzen hinzufügten. Das brachte mir eine Aktion des Mainzer Seniorenbeirats vom Jahr 2001 in Erinnerung, eine weiteres Beispiel für Nachhaltigkeit. Zu dritt machten wir uns damals im Auftrag des Seniorenbeirats mit dem Zug frühmorgens auf den Weg nach Erfurt, um die Aktion „Mehr Grün in Erfurt“ zu unterstützen. Und nicht nur einen „Baumscheck“ hatten wir dabei, sondern alles, was ein Baum für ein langes Leben benötigt. Herr Hirsch (Mitglied des conSens-Redaktionsteams) hatte sich etwas Besonderes ausgedacht: Er fügte etwas Pflanzboden aus dem Mainzer Sand hinzu, eine Portion Rheinwasser zum Angießen und zur Verschönerung eine Bibernellrose, „damit der eben gepflanzte Baum nicht einsam“ sei und „in der Hoffnung, dass Erfurt wieder zu dem wird, was es immer war: eine Blumenstadt.“ „Begegnungen fördern nicht nur gegenseitiges Verstehen, sondern geben neue Impulse“, so steht es in der Festschrift des Seniorenbeirats der Stadt Mainz anlässlich seines 25-jährigen Bestehens. Aus Partnern sind Freunde geworden, die sich auf ein nächstes Zusammentreffen freuen. Von Ingrid Suder
Posted on: Wed, 09 Oct 2013 07:27:09 +0000

Trending Topics



Recently Viewed Topics




© 2015