Erklärung der Bundesregierung, 3. September 1971 1. Die - TopicsExpress



          

Erklärung der Bundesregierung, 3. September 1971 1. Die Bundesregierung hat von der Unterzeichnung des Viermächte-Abkommens, die heute von den Botschaftern Frankreichs, Großbritanniens, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten in Berlin vollzogen worden ist, auf Grund einer amtlichen Mitteilung der Botschafter Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten Kenntnis genommen. Sie hat nach einem Bericht des Bundesministers des Auswärtigen die Texte des Abkommens und der begleitenden Dokumente im Lichte der ständigen und engen Konsultationen mit den Drei Mächten abschließend geprüft. 2. Die Bundesregierung stellt fest, daß die vier für Berlin verantwortlichen Mächte mit der heute vollzogenen Einigung die tragfähige Grundlage einer befriedigenden Berlin-Regelung geschaffen haben. Diese selbst wird vorliegen, wenn die im Viermachte-Abkommen vorgesehenen ergänzenden Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung bzw. dem Senat von Berlin und der Regierung der DDR geschlossen und mit dem Viermächte-Abkommen durch das heute ebenfalls paraphierte Viermächte-Schlußprotokoll zu einem Ganzen zusammengebunden sind. Die Bundesregierung begrüßt, daß praktische Regelungen gefunden werden konnten, ohne daß der Status Berlins geändert und die Rechtsstellung der für Berlin (West) verantwortlichen Drei Mächte beeinträchtigt wurde. 3. Die Bundesregierung sieht in diesen praktischen Regelungen wesentliche Verbesserungen für Berlin (West) und seine Einwohner: - Der zivile Verkehr zwischen dem Bundesgebiet und Berlin (West) wird unbehindert, seine Abfertigung an den Übergangsstellen vereinfacht und erleichtert sein. - Die Bewegungsfreiheit der Einwohner von Berlin (West) wird vergrößert werden. Sie werden wieder den Ostteil der Stadt wie auch die DDR besuchen können. - Berlin (West) wird von der Bundesrepublik Deutschland auch gegenüber der Sowjetunion so vertreten werden können, wie es von ihr im größten Teil der Welt seit vielen Jahren vertreten wird. Die Einwohner von Berlin (West) werden in der Sowjetunion den bisher entbehrten konsularischen Schutz der Bundesrepublik Deutschland genießen können. Die Teilnahme der Stadt und ihrer Einwohner am weltweiten internationalen Austausch wird nicht mehr beeinträchtigt sein. 4. Die engen Bindungen, die zwischen Berlin (West) und der Bundesrepublik Deutschland in allen Lebensbereichen bestehen und die dem Bewußtsein der Zusammengehörigkeit entsprechen, sind in ihrem Bestand und in ihrer Entwicklungsmöglichkeit bestätigt und bekräftigt worden. Die Bundesregierung betrachtet dies als einen entscheidenden Gewinn für die Lebensfähigkeit der Stadt. 5. Das Viermächte-Abkommen hat das rechtliche Grundverhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) nicht geändert. Dieses Grundverhältnis wird nach wie vor nicht nur durch deutsches Verfassungsrecht, sondern auch durch alliierte Vorbehaltsrechte bestimmt. Das deutsche Verfassungsrecht, d.h. die einschlägigen Vorschriften des Grundgesetzes und der Berliner Verfassung, bleibt unverändert; es wird jedoch weiterhin von den alliierten Vorbehaltsrechten überlagert. Alle Bundesregierungen haben diese vorrangigen alliierten Rechte stets als im Interesse der Sicherheit Berlins liegend betrachtet und respektiert. In der Verantwortung, die ihnen für Berlin und seine Sicherheit obliegt, haben die Alliierten kraft dieses Vorrangs deutsches Verfassungsrecht dergestalt suspendiert, daß Berlin (West) nicht vollgültig in die Verfassungsorganisation des Bundes einbezogen ist und nicht vom Bund regiert wird. 6. Die Sicherung der lebensnotwendigen Bindungen zwischen Berlin (West) und der Bundesrepublik Deutschland setzt eine Klarstellung voraus, wie die Drei Mächte die ihnen vorbehaltenen Rechte hinsichtlich Berlins ausüben werden. Diese Klarstellung haben die Alliierten in dem Viermächte-Abkommen gegeben (2). Die Beschränkungen, die sich daraus für die Tätigkeit des Bundes und seiner Organe in Berlin ergeben, hält die Bundesregierung für vertretbar, weil die lebenswichtigen Bindungen aufrechterhalten und entwickelt werden können. In diesen Rahmen - werden Bundesorgane in Berlin (West) in Erscheinung treten können, - bleibt das geltende Verfahren für die Anwendbarkeit der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland in Berlin (West) wie auch die Anwendung von Gesetzen durch die in seinen Angelegenheiten tätigen Verwaltungs- und Gerichtsinstanzen unverändert, - wird an der Anwesenheit von Behörden und Einrichtungen des Bundes in Berlin nichts geändert. 7. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß die Berlin-Regelung, deren erste Stufe jetzt vorliegt, die Berlin-Frage insgesamt nicht zu lösen vermag, dies vielmehr erst im Rahmen einer Regelung der deutschen Frage möglich sein wird. Sie erwartet jedoch von der noch zu vollendenden Berlin-Regelung eine krisenfreie Entwicklung in und um Berlin. Eine solche Entwicklung wird nicht nur die Lebensfähigkeit der Stadt stärken, sondern auch die Entspannung im Zentrum Europas fördern. Beides ist gleichermaßen für eine Entwicklung in Deutschland unentbehrlich, die dem Auftrag des Grundgesetzes gerecht wird. 1) Auszug aus Anlage IV des Vier-Mächte-Abkommens: " 2. Unter der Voraussetzung, daß Angelegenheiten der Sicherheit und des Status nicht berührt werden, wird sie (die Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken) ihrerseits keine Einwände haben gegen a) Die Ausübung der konsularischen Betreuung für Personen mit ständigem Wohnsitz in den Westsektoren Berlins durch die Bundesrepublik Deutschland; b) die Ausdehnung von völkerrechtlichen Vereinbarungen und Abmachungen, die die Bundesrepublik Deutschland schließt, auf die Westsektoren Berlins in Übereinstimmung mit den festgelegten Verfahren, vorausgesetzt, daß die Ausdehnung solcher Vereinbarungen und Abmachungen jeweils ausdrücklich erwähnt wird; c) die Vertretung der Interessen der Westsektoren Berlins durch die Bundesrepublik Deutschland in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen; d) die Teilnahme von Personen mit ständigem Wohnsitz in den Westsektoren Berlins gemeinsam mit Teilnehmern der Bundesrepublik Deutschland am internationalen Austausch und an internationalen Ausstellungen oder Tagungen internationaler Organisationen und internationaler Konferenzen in diesen Sektoren sowie Ausstellungen mit internationaler Beteiligung, wobei berücksichtigt wird, daß Einladungen durch den Senat oder gemeinsam durch die Bundesrepublik Deutschland und den Senat ausgesprochen werden." Quelle: Bulletin vom 3.9.1971, Nr. 127, S. 1363 2) Auszug aus Anlage II des Vier-Mächte-Abkommens: 1. "In Ausübung ihrer Rechte und Verantwortlichkeiten erklären sie (die Regierung der Französischen Republik, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika), daß die Bindungen zwischen den Westsektoren Berlins und der Bundesrepublik Deutschland aufrechterhalten und entwickelt werden, wobei sie berücksichtigen, daß diese Sektoren wie bisher kein Bestandteil (konstitutiver Teil) der Bundesrepublik Deutschland sind und auch weiterhin nicht von ihr regiert werden. Die Bestimmungen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der in den Wstsektoren Berlins in Kraft befindlichen Verfassung, die zu dem Vorstehenden in Widerspruch stehen, sind suspendiert worden und auch weiterhin nicht in Kraft. 2. Der Bundespräsident, die Bundesregierung, die Bundesversammlung, der Bundesrat und der Bundestag, einschließlich ihrer Ausschüsse und Fraktionen, sowie sonstige staatliche Organe der Bundesrepublik Deutschland werden in den Westsektoren Berlins keine Verfassungs- oder Amtsakte vornehmen, die in Widerspruch zu Absatz 1 stehen." Quelle: Bulletin vom 3.9.1971, Nr 127, S. 1359 u. S. 1362
Posted on: Fri, 13 Sep 2013 17:02:40 +0000

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