KeinOrt.Kommentare #24 - Hilfe, die klauen unsere Kultur Cultural - TopicsExpress



          

KeinOrt.Kommentare #24 - Hilfe, die klauen unsere Kultur Cultural appropriation meint, das sich priviligierte Personengruppen oder a "dominant culture" (1) bei kulturellen Codes von Minderheiten und Unterdrücken bedient und diese Entkontextualisiert und für sich nutzt. Oft gefundene Beispiele sind Dreadlocks bei Weißen, aber in Facebook finden sich auch Einträge die das Indianerkostüm an Fasching als klaren Fall von "Rassismus" bezeichnen. Ist der Federschmuck tatsächlich Ausdruck weißer Herrschaft? Da kann man lesen "Besonders marginalisierte Bevölkerungen wie die indische oder ur-amerikanische werden ihrer heiligen, bedeutungsvollen Kulturbestandteile beraubt." (2). Eine ur-kapitalistische Angelegenheit, eine Idee, einen Dresscode, eine Frisur oder eine Art zu tanzen zu geistigem Eigentum zu erklären, die jemand anders klaut wenn er sie mag. Wie der Schaden des Beraubten aussehen soll, wenn jemand anders ihn auf diese Art bestiehlt, wäre ersteinmal nachzuweisen. Auch sich gegenseitig mit Farbbeuteln beschmeißen ist so ein Fall von "Cultural appropriation": "Lange Rede, kurzer Sinn: Der Import des Holi Festes in den Westen ist ein klarer Fall von Cultural Appropriation und ist somit ignorant und rassistisch" (2). Ähnliche Urteile findet man auch über die Wursthaarträger, die Hobbyindianer und manches mal, wie in einer Facebookdiskussion geschehen, auch bei weißen Frauen, die sich Tanzstyle von Schwarzen aneignen. Dabei gehen die Kulturexperten völlig willkürlich vor: Ist das Dreadlock heiliger Ausdruck der Rastafaries und soll nicht kopiert werden, scheint ein Weißer der eine Gitarre spielt kein Problem zu sein. Dabei ist auch der frühe Rock Ausdruck einer schwarzen Minderheit gewesen (3). Ist das Tragen eines Federschmuckes zu Fasching "Rassistisch" (4), wundert man sich dann doch über die überraschende Akzeptanz bei Tätowierungen - die vor 7000 Jahren zum ersten Mal im Norden Chiles erfunden wurden. Treibt man den absurden Gedanken der Kulturschützer auf die Spitze, dann sollte jedes Völkchen doch bitte auch nur seine Kultur ausleben - ein Gedanke, der so formuliert aus einer ganz anderen Ecke bekannt ist. So einfach lassen sich diese aber nicht abwatschen, und differenzieren: " [...] davon abgesehen ist der Hinduismus mit Privilegien besetzt und muss nicht verteidigt werden" (2). Wo also eine Minderheit eine Mehrheit "beraubt" gibt es kein Problem, was die Kulturfreunde vom Lederhosennationalisten auf jeden Fall mal unterscheidet. Was sie wiederum eint, ist das Denken in der Kategorie "Kulturkreis", die keine Individuen kennt um deren Befreiung es einer Linken ja auch mal gehen könnte. Ob die 14 Jährige Punkerin also Dreads einfach mag und wem sie damit Schadet wenn sie ihren Haaren schadet wird nicht zur Frage erhoben, sondern ihr gleich die last eines "Kulturkreises" auferlegt, der 500 Jahre Kolonialismus zu veranworten hat. Der Gedanke führt in seiner Konsequenz eben wieder zu einer eigenen Identifizierung mit der Nation und der durch sie gewaltsam hergestellten Nationalkultur, sei es auch nur im negativen Sinne. Denn wer HipHop den schwarzen Überlassen will und Tattoos den Phillipinern überprüft an dieser Messlatte seiner Herrschaft ständig, was oportun ist und was nicht - anstatt sich zu nehmen was er oder sie mag. Am Ende rückt so die eigene und auch fremde Bedürfnisbefriedigung völlig in den Hintergrund, und man findet sich wieder in einem Nest aus moral-bideren Ansprüchen an sich und andere, was erlaubt ist und was nicht. Dabei schämt man sich nicht einmal mehr mehr davor, die ollen Kamelen von dem "Respekt vor anderen Kulturen" (2) auszupacken, als ob Indianerstämme und deren Riten nicht genauso dumm wären wie die Lederhosendeppen vom Weinfest. Statt also dem Menschen einzugestehen, einfach zu tragen und zu hören und sich zu kleiden wie er oder sie will (eben auch eine Lederhose) entwickelt so die Linke mal wieder ihren eigenen Katalog an in- und outs- in der Kleiderwelt. "Im Zweifelsfall die Definitionsmacht abgeben ist ein gutes Prinzip. Ich hab mir vor einem Monat ein richtig schönes Patch bei Etsy bestellt, drei Wochen später kam es bei mir an. Kurz bevor ich es aufgenäht habe, habe ich es noch mal genau angeschaut und dachte: “Mh, irgendwie assoziiere ich das Motiv (waren Federn, Knochen, Mondphasen, Schlangen) mit der Kultur amerikanischer Ureinwohner_innen… ich weiß nicht genau, was es bedeutet, ich bin mir nicht sicher, ob es Kulturaneignung ist oder nicht, mir selbst fiel es auf den ersten Blick ja auch nicht auf…” Aber ich hab ihn dann nicht aufgenäht. Auch wenn ich ihn total schön finde, weiß ich nicht, ob ich in der Position bin, das zu tragen. Und lieber verzichte ich dann darauf als dass ich jemandem damit respektlos auftrete." (2) Im Zweifel also lieber nix mehr denken, sondern Definitionsmacht abgeben und andere bestimmen lassen was man trägt. Wenn nur endlich alle so moralisch wären wie henghdf, dann würden bald nur noch Schwarze HipHop hören, Indianer mit schlechten Wolf-und-Vollmond-T-Shirts rumrennen und nur noch Nachfahren des ägyptischen Pharaos Tutanchamun würden sich, wie er, die Ohrlöcher weiten lassen. Wäre das nicht eine bessere Welt? Mehr auf keinort.noblogs.org (1) en.wikipedia.org/wiki/Cultural_appropriation (2) henghdf.wordpress/2013/07/19/you-know-what-they-say-about-going-to-holi-festival-tomorrow-dont/ (3) uni-koeln.de/phil-fak/muwi/fricke/391roesing.pdf (4) FB - Diskussion privat
Posted on: Sat, 07 Sep 2013 11:17:28 +0000

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