Lipödem: Fettabsaugung am Bein ist wie ein zweiter Geburtstag - TopicsExpress



          

Lipödem: Fettabsaugung am Bein ist wie ein zweiter Geburtstag Krankhafte Fettzellenbildung an Gliedmaßen ist nicht ernährungsbedingt Fettzellen in den Waden – die durch die anaesthesierende Infiltration weiter aufgetrieben sind – werden mit der Sonde abgesaugt. Foto: stefan Rapprich DARMSTADT. Lipödem – zusammengesetzt aus lip(os) für Fett und Ödem für diffuse Ansammlung im Gewebe – ist eine nur wenig bekannte Krankheit, erläutert Stefan Rapprich. Selbst in Medizinlexika finden wir sie kaum und teils unzutreffend beschrieben. Der promovierte Mediziner und Leitende Oberarzt der Darmstädter Hautklinik illustriert das Krankheitsbild mit Fotos aus Patientenakten: Frauenbeine, mit Fettpolstern derart bepackt, dass sie unförmig geworden sind. Teilweise nur im Oberschenkelbereich, sodass der Volksmund von „Reithosen“ spricht, teils auch an den Waden, die wie zu Säulen oder sprichwörtlichen Elefantenbeinen aufgetrieben sind, mitunter sind auch die Arme betroffen. Oft gehört zu den unförmigen Unterleibern ein durchaus normal proportionierter, teils sogar schlanker Oberkörper. Wie diese krankhafte Schwellung des Unterhaut-Fettgewebes entsteht ist ungeklärt. Sie betrifft nur Frauen, in vielen Fällen ist genetische Veranlagung zu vermuten – weibliche Verwandte sind oft auch betroffen. Lipödeme werden offenbar durch hormonelle Umstellung ausgelöst: Durch die Pubertät, die erste Einnahme hormoneller Verhütungsmittel, eine Schwangerschaft – oder durch das Klimakterium (Wechseljahre). Die frisch operierte Frau berichtet: „Es fing in der Schwangerschaft an. Ich hab’ wie irre zugenommen, schließlich 30 Kilo. Aus lauter Angst hab’ ich bald nichts mehr gegessen, vor Angst gekotzt. Die Kilos blieben auch nach der Geburt. Ich habe alle Diäten auf dieser Erde versucht, habe die beiden letzten Jahre völlig auf Kohlenhydrate verzichtet – die Fettpolster an den Armen und Beinen blieben.“ Eine andere Patientin hatte streng Diät gehalten und viele Stunden des Tages mit einem eisernen Trimm-Programm verbracht, was sich auf Fotos am durchtrainiert-schlanken Oberkörper zeigt – und dennoch an den Beinen mit faustdicken Fettwülsten bepackt. „Viele Ärzte kennen das Lipödem nicht, vermuten dann schlicht Überernährung, raten zum „Abspecken“,“ sagt Rapprich. Doch während Bauchfett auf korrekte Ernährung und Sport reagiert, erreicht man Lipödem-Polster damit nicht. „Die von den Kassen finanzierte physiotherapeutische Behandlung – Lymphdrainage und Kompressionsverbände – bewirkt allenfalls eine vorübergehende Besserung der Befindlichkeit,“ betont Rapprich. Es schmerzt und mindert stark die Beweglichkeit Dabei ist diese von oberflächlichen Betrachtern als „Verfettung“ abgetane Krankheit kein kosmetisches Problem: die aufgetriebenen Körperpartien sind extrem schmerzempfindlich, bei der leichtesten Berührung entstehen im Gewebe Blutergüsse, (Hämatome). Das Gehen wird schwierig, oft bilden sich Fehlstellungen der Beine aus – weil die wulstigen Schenkel die Knie aufeinander schlagen lassen, wie Rapprichs Patientinnen einstimmig eine gemeinsame Erfahrung formulieren. „Jetzt kann ich mich endlich wieder hinsetzen, ohne dass die Wülste quietschen,“ freut sich die frisch operierte Frau. Sie ist aus Stuttgart angereist – von Rapprich hat sie über ein Internetforum erfahren: „Er wird dort zu den Besten gezählt.“ Auf unsere Frage, ob denn in Süddeutschland keine Liposuktion angeboten werde, dass man so weit fahren müsse, antwortet eine andere Patientin: „Eine ist sogar aus Australien angereist – er hat weltweiten Ruf.“ Rapprich winkt ab – es gebe noch andere Operateure, welche die Methode ausführten – die er freilich seit 15 Jahren unzählige Male angewandt und verfeinert hat. Eine Fachveröffentlichung aus dem Jahr 2011, deren Autorenliste er anführt, nennt 16 Institute im deutschsprachigen Raum, darunter auch die Rosenparkklinik Darmstadt, Institute in Mannheim und Ludwigshafen sowie die Praxis Dr. Sommer in Frankfurt, welche alle Liposuktion anbieten. „Sicherlich sind die Kosten, die Wartezeiten und die Erfahrung unterschiedlich.“ „Trockene“ Absaugung unter Narkose ist passé Rapprich arbeitet unter Tumeszenz-Lokalanaesthesie: Dabei wird bis zu sechs Liter Betäubungsflüssigkeit in die zu behandelnde Region infiltriert, danach wird über einen kleinen Einschnitt die vibrierende Mikrokanüle eingeführt. Die etwa stricknadelgroße, stumpfe Hohlnadel führt die krankhaften Fettzellen über eine seitliche Ansaugöffnung ab. „Die Vibration mit 4000 Bewegungen pro Minute verhindert, dass Lymphgefäße angesaugt werden können,“ erläutert Rapprich. Dies vermeide jene Kollateralschäden, wegen denen „trockene“ Fettabsaugungen (unter Vollnarkose) in die Kritik gekommen waren. Zwei Frauen bestätigen die Aussagen ihrer frisch operierten Leidensgenossin. Die Vierundzwanzigjährige und die 41 Jahre alte Mutter zweier Kinder sind zur Nachkontrolle gekommen – und kaum weniger euphorisch, wenn sie ihr neues Leben schildern. Häufig missverstanden als „Schönheitsoperation“ Sie alle kennen ihre OP-Daten auswendig: „Meilensteine im Leben, wie die Geburtstage meiner Kinder,“ sagt die Einundvierzigjährige. „Und wichtiger als mein Geburtstag: Endlich wieder Hosen kaufen, die nicht am Ende der Konfektionsskala liegen, wieder im Badeanzug gehen zu können, niederknien, ohne dass Fettpolster aufeinanderquatschen.“ Die Wartezeit von zwei Jahren – weil die Kapazitäten im Klinikum ausgelastet sind, nutzt man zur Sammlung von Daten für eine Studie: Nach der Diagnostik, bei der die Krankheit auch gegenüber dem Lymphödem abzugrenzen ist, bekommen die Patientinnen weiter Lymphdrainage und Kompression, ihre Schwellung wird vermessen und dokumentiert – wie auch der Erfolg nach der Liposuktion. Wie lang hält diese vor? „Mag sein, dass wir nicht alle Fettzellen erwischen,“ räumt Rapprich ein. „Aber in 15 Jahren hat keine Patientin je reklamiert.“ Und die drei im Wartezimmer nicken übereinstimmend: „Und wenn es wiederkäme, würden wir es sofort nochmal machen lassen.“ Der Haken ist die Finanzierung: gesetzliche Kassen übernehmen die Kosten für die Liposuktion nicht. 2600 Euro kostet jeder Eingriff, bis zu drei können nötig sein. „Wenn man hochrechnet, was die Kasse lebenslang für Lymphdrainage und Kompressionsstrümpfe ausgibt, so würde sie eine Menge sparen, wenn sie Kranke zur Liposuktion schickt,“ sagt die Vierundzwanzigjährige. Aber das Verfahren wird von der Medizinischen Kommission abgelehnt, die Neuheiten im Kassenauftrag prüft. „Offenbar sitzen dort keine Fachmediziner“, rügt die Frau. „Die halten das für rein kosmetische Eingriffe. Das muss man doch auseinanderhalten können!“ echo-online.de/ratgeber/gesundheit/Lipoedem-Fettabsaugung-am-Bein-ist-wie-ein-zweiter-Geburtstag;art486,3914688
Posted on: Fri, 26 Jul 2013 12:41:17 +0000

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