MEINE JAHRE IN FLORIDA : Roman-Erzählung von Matthias Hübner - TopicsExpress



          

MEINE JAHRE IN FLORIDA : Roman-Erzählung von Matthias Hübner - hier mit LEseproben aus diversen Kapiteln : Erschienen 2013 bei No More Secrets : WerbeAgentur, InternetAgentur, Verlag Weitere Informationen unter no-more-secrets.de -------------------------------------------------------------------------------------- Erhältlich in deutscher Sprache als eBook für alle elektronischen Lesegeräte incl. Kindle, Sony, iPad und andere gängige Fabrikate, unter anderem bei Amazon.de amazon.de/Meine-Jahre-Florida-Erz%C3%A4hlung-ebook/dp/B00DRGT1EK/ref=sr_1_3?s=books&ie=UTF8&qid=1372917020&sr=1-3&keywords=meine+Jahre+in+Florida und Xinxii xinxii/meine-jahre-in-florida-p-344872.html -------------------------------------------------------------------------------------- Hier Leseproben: Start ins Paradies -------------------- Wenn man in das Paradies umziehen möchte, oder dass, was man dafür hält, dann sind eine ganze Menge an Vorbereitungsarbeiten notwendig,- das steht mal fest. Einfach mal eben so ist das jedenfalls nicht zu bewerkstelligen. In unserem Paradies war unter anderem auch ein Einreisevisum und eine Aufenthaltsgenehmigung erforderlich,- sonst konnte man nämlich kurzerhand von den Betreibern wieder hinaus geschmissen werden. Mein, beziehungsweise unser Paradies, hieß „Florida, USA“ und die Betreiber waren und sind die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, - wer auch immer aktuell gerade dahinter stecken mag. Ich hatte in Folge hintereinander und in mehreren Jahre Urlaube dort verbracht, zunächst immer zusammen mit meiner damaligen Frau, ein knappes Jahr später waren wir schon zu dritt und noch drei Jahre weiter waren wir schließlich zu viert. Nummer Drei, das ist meine Tochter Lena-Alyeska und Nummer vier, das ist Jana-Isabelle, meine jüngere Tochter. Fortan fuhren, beziehungsweise flogen wir also immer alle zusammen in den Urlaub ins gelobte Land. Florida ist im Grunde ein Landstrich im Süden der USA mit subtropischem Klima und der geneigte Tourist weiß, dass man sowohl unten auf Key West, der letzten Insel einer kleinen idyllischen Inselkette ganz im Süden von Florida bis hoch nach Tallahassee das ganze Jahr über fein dort seinen Urlaub verbringen kann. In den Sommermonaten kommt allerdings die etwas heftige Schwüle hinzu, die vor allem ungeübten Mitteleuropäern gern mal den Schweiß zunächst auf die Stirn, dann in kleinen Rinnsälen den Rücken hinunter laufen lassen kann. Besonders empfehlenswert für einen Urlaubsbesuch in Florida sind daher die sogenannten „kalten Monate“, also wenn überall anderswo Schnee liegt oder zumindest zu fallen droht, dann hat man in Florida gemütliche vierundzwanzig Grad und mehr. Plus natürlich ! … und in Celsius gemessen. Die Amerikaner sind allerdings von je her auf Fahrenheit-Einheitsgrade geeicht und so war ich immer fleißig dabei, Celsius in Fahrenheit und umgekehrt umzurechnen, wenn ich eine Auskunft über die aktuelle Außentemperatur einholte, aber im Grunde wäre es völlig ausreichend gewesen, den Finger in die Luft zu halten, um wieder einmal festzustellen: Es war warm hier. Denn so richtig hatte und habe ich den Umrechnungsmodus von Celsius in Fahrenheit nie kapiert, falls es überhaupt einen gibt, der sich ohne Taschenrechner bewerkstelligen ließe. Am einfachsten lässt sich wahrscheinlich die Zahl achtundzwanzig Grad Celsius in Fahrenheit „umrechnen“, wobei „umrechnen“ eigentlich der falsche Begriff ist, wohl mehr eine Eselsbrücke. Denn dann sind es einfach nur zwei vertauschte Zahlen und so werden aus achtundzwanzig Grad Celsius zweiundachtzig Grad Fahrenheit. Eine konstante Größe, einfach zu merken und ebenso simpel, zumindest über den Daumen hinweg, sind daraus weitere Temperaturangaben nach oben und unten abzuleiten. Aber Hauptsache warm, gell !? So flogen wir meistens mitten im deutschen Winter los und verbrachten Weihnachten und die folgenden Feiertage bis in die erste Januarwoche hinein im flauschigen Florida. Allerdings nicht immer am selben Ort, denn das ist ja der Trick. Wenn man so ein Land kennenlernen möchte, dann sollte man auch einfach ein wenig durch die Gegend fahren, am besten natürlich mit dem Auto. In Florida ist das besonders einfach zu bewerkstelligen, da sich ein malerisches Motel an das Nächste reiht, wenn man einmal im Bummeltempo an den Küsten hinunter oder hinauf fährt. So hatten wir als Ankunftsort meistens Miami gebucht, und noch am Flughafen stiegen wir direkt in einen Mietwagen von Budget, Avis, Hertz oder wie sie alle heißen, um, und dann ging es weiter bis nach Miami Beach, unserer ersten Station nach einer langen Anfahrt. Wir waren auf der Collins Avenue , die A1A, immer relativ schnell auf der Suche nach einer Bleibe für die Nacht fündig geworden und checkten in ein nettes Motel mit Parkplatz direkt vor der Zimmertür ein („Parkplatz vor der Tür“,- das liebe ich noch heute). Zum Strand sind es meist nur wenige Meter und nach der ersten ausgeschlafenen Nacht begann die eigentliche Urlaubs- und Abenteuertour. Nachdem wir dieses Urlaubsschema über ein paar Jahre hinweg stramm durchgezogen hatten und Küstenorte wie Key West, Fort Lauderdale, Naples, Daytona, Tampa, Clearwater und natürlich die Micky Maus-Heimstation und Hochburg in Orlando hinreichend und ausführlich ausbaldowert hatten, beschieden wir, dass die Tampa Bay Gegend am Golf von Mexiko wohl am interessantesten wäre - liegt sie doch etwa in der Mitte Floridas, dessen geographische Landesform gerne auch mal mit einem Revolver verglichen wird. Eine gewisse Ähnlichkeit ist da nämlich durchaus vorhanden. Die Kriminalitätsquote ist auch nicht ganz ohne, aber das ist ein anderes Kapitel. Wir sind während unserer Floridajahre nie mit bösen Buben in Berührung gekommen. Also ließen wir uns fortan und in den kommenden Urlauben gleich direkt in der Tampa Bay Gegend nieder, denn auch Tampa hat seinen eigenen Flughafen für die An- und Abreise. Irgendwie keimte schließlich im Laufe der Jahre der Wunsch und die Überlegung in uns auf, ob man den Vorgang nicht umkehren könne … also in Florida leben und drei Wochen im Jahr in Deutschland Urlaub machen und nicht mehr anders herum. Die netten Temperaturen, die Palmen, der ewig blaue Himmel, der warme Golf und die Karibik direkt vor der Haustür … das erschien uns ein lohnenswertes Ziel. Und so setzten wir unabhängig voneinander die Denkapparate in Gang. Wir begannen unsere Urlaubsgegend aus einer anderen Perspektive heraus zu betrachten. Mal etwas deutlicher und auf den Punkt gebracht kreisten unsere Überlegungen zunächst um die existenzielle Frage: Was könnte man denen hier verkaufen ? Oder anders gefragt: Was könnte man beruflich tun, um hier in Florida zu leben bzw. zu überleben ? Leider war es mir bis zu diesem Zeitpunkt meines Lebens nicht vergönnt gewesen, den Millionärsstatus zu erreichen, also war ich ganz ehrbar in Deutschland als selbständiger Designer und Photograph in der Werbebranche tätig und dahin drifteten auch schon unsere nächsten Gedanken: War denn Amerika nicht das Ursprungsland der Werbung ? Hier war doch schließlich alles mal hergekommen ? Warum also nicht es re-importieren … mit beispielsweise deutschen Produkten ? Fortan gingen wir während des Urlaubs nicht mehr nur einfach zum shoppen in den Einkaufs- und Shoppingmalls, sondern checkten die Lage, was sich hier wohl verkaufen ließe. Wir kamen relativ schnell darauf, dass natürlich deutsches Kulturgut gefragt war,- also von Haribobärchen bis zu deutschem Brot (war doch sogar mein Vater ein Bäckersmann mit eigenen Geschäft), aber leider gab es schon eine ganze Menge anderer Ideensucher, die nicht nur schon auf Ideen gekommen waren, sondern sie auch bereits umgesetzt hatten, inklusive österreichischer Spätzle und einen Typen namens Strudel-King gab es auch schon, wie sich bei unseren Recherchen feststellen ließ. Der allerdings musste für sein Geld ganz schön schuften, denn die Strudel wurden des nachts frisch von ihm in seiner Backstube in Tarpon Springs hergestellt, einem Ort, der bekannt für seine schwammhaltigen Gewässer und natürlich den Strudel-King „himself“ ist, wie sich bei einer spontan organisierten Führung durch seine Bäckerei herausstellte. Nee, nee. Also das war nichts für uns, denn wir wollten es ja in der Sonne warm haben, und nicht im Backhaus. Davon ab waren weder meine Frau noch ich in das Geheimnis der Strudelherstellung eingeweiht. Außerdem war diese Verkaufsidee und Marktlücke bereits erfolgreich besetzt. Was also konnte es noch geben ? Während wir so darüber nachdachten und weiter auf Ideensuche gingen, stellten wir ernüchtert fest: Eigentlich war schon alles da. Würden die uns hier überhaupt brauchen können, außer als zahlende Touristen ? Aber wenn man einen Traum hat, muss man eben auch dafür kämpfen und der kleine damit verbundene Umzug von Deutschland nach Florida würde sich auch schon organisieren lassen. Keine sechstausend Kilometer. So what ? Wir müssten unser Haus verkaufen, die Autos, die Winterklamotten, und natürlich Visa beschaffen. Schnell hatte ich herausgefunden, dass es diverse Möglichkeiten gab, um ein Dauervisum für die USA zu erhalten. Am einfachsten war es natürlich, einfach eine Amerikanerin zu heiraten. Aber das wollte meine Ehefrau nicht. Hmm. So kamen wir also nicht weiter. Dann konnte man der Führer einer Sekte werden, der seine Schäfchen ins gelobte Land führt … aber trotz meines Sternzeichens Zwilling kam ich damit auf keine nennens-werte Gruppe, die ich religiös hätte anleiten können. Dieser Weg schien also auch verbaut zu sein. Man konnte ein Visum erhalten, wenn man einen Job ausübte, den ein Amerikaner nicht übernehme konnte, so etwa wie Arnold Schwarzenegger. Allein … für eine neu anzustrebende Bodybuilderkarriere reichte weder meine Zeit, noch hatte ich genügend Ressourcen diesbezüglich zu bieten. Kapitelauszug: Karnevalsverein ------------------------------------- Pünktlich zum nächsten Versammlungstermin im Clubhaus des deutschen Ritterordens - ich möchte den Namen hier nicht nennen, denn sie kommen nicht allzu gut weg in meinem Bericht - fuhr ich gegen frühen Abend mit dem Wagen dort vor und war offensichtlich schon avisiert und angekündigt worden, wurde ich doch noch auf dem Parkplatz von einer Gruppe Gleichgesinnter und offenbar Mitgliedern des Vereins angesprochen und empfangen. Es wurde natürlich deutsch gesprochen und es stellte sich außerdem heraus, dass die meisten ein eigenes Geschäft irgendwo hier in der Gegend betrieben. Da waren deutsche Schlachter, Steuerberater, Bekleidungsverkäufer, Angestellte und noch andere Berufssparten vertreten, die natürlich auch den Buffet-Lieferservice für die monatlichen Treffen abdeckten, denn selbstredend wurde das Buffet vom deutschen Vereinsmitglied Werner gestellt, der auch dementsprechend im Lieferwägelchen vorfuhr, um seine Tabletts mit deutschen Wurst- und Würstchenwaren fachgerecht im Clubhaus zu platzieren. Kellergott hatte nicht zuviel versprochen. Die Knaben waren alle um die sechzig aufwärts, aber offenbar ein fideler Haufen und so erhoffte ich mir einen lustigen Abend, der mich wer weiß wohin führen würde. Im Clubhaus auf eigenem Grund und Boden galt eine feste Sitzordnung, wie ich beim Eintreten gleich mal feststellen konnte. Mehrere Tische waren in einer langen U-Form zusammen geschoben worden und am kurzen Ende saß und thonte der Präsi, der Vorsitzende von all dem. Denn der hatte tatsächlich so etwas wie einen Thron zur Sitz-verfügung, geschnitzt aus dunklem Holz mit zahlreichen Ornamenten. Eshätte auch gut und gern ein Kaiserthron sein können. Unauffällig schaute ich mich um, nachdem ich neben Kellergott Platz genommen hatte, denn der war ja mein offizieller Gastgeber und offenbar schon länger Mitglied in diesem Laden. Als nächstes fielen mir die Holzschwerter und Wappen an den Wänden auf, immer direkt hinter einem Stuhl an der Wand befestigt. Dazwischen hingen kunterbunte Tücher bestickt mit seltsamen Namen wie „Ritter Kunihard von Fliegerstein“ oder „Ritter Ehrengund am Abseitsgrund“ und mir dämmerte, dass es sich irgendwie und offenbar um Künstlernamen der anwesenden Teilnehmer handeln müsse, denn ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand als „Ritter vom Traubenberg, der Ältere“ das Licht der Welt erblickt haben sollte, denn auch dieser Name fand sich hinter einem der Stühle auf einem offenbar selbstgemalten Wappen im Stile mittelalterlicher Ritterspiele wieder. Ich schwieg ehrfurchtsvoll und konnte mir nicht so recht vorstellen, womit genau der Abend bestritten werden würde, bis sich schließlich alle niedergelassen hatten, es waren so um die zwanzig Personen, inklusive dem Präsi, Kellergott und mir. Dann setzen sich alle wie auf Kommando und unisono ein hervorgezaubertes buntes Hütchen auf den Kopf, im bayerischen Stil, mit Gamsbart und bunten Stickereien und ein freundliches „Ho.Ho.Ho“, unterbrach das allgemeine Stimmengemurmel und leitete die Ordenszeremonie ein. Ich war ergriffen. Der Ho.Ho.Ho-Redner erhob sich von seinem Platz und sprach zum Rest der Belegschaft in etwa wie folgt: „Meine Ritterbrüder, die ihr heute seid erschienen …“ – „Aha“, bemerkte ich stumm, der redet von sich selbst und den anderen in der für das Mittelalter typischen dritten Person. „Seid mir willkommen zu einem Abend der Muße und des deutschen Kulturgutes, das wir wollen hoch leben lassen.“ Und jetzt mal in echt und ohne Scheiß: Bei diesen Worten erhob sich der Rest der Gang von den Stühlen und stimmte im Chor mit ein „Hoch ! Hoch ! Hoch !“ Es war ein klein bisschen wie im Alice-im-Wunderland-Traumata. Da ich nicht darauf vorbereitet war, fiel ich in keinen der Hochrufe mit ein, sondern blieb einfach stumm sitzen und starrte mir den Haufen von alten Kerlen an, die mit bunten Hütchen auf dem Kopf, ein Schwert hinter sich an der Wand und in U-Form hier vor mir saßen beziehungsweise jetzt aufrecht standen, soweit das bei diesem und jenem noch möglich war. Das versprach alles in allem, ein lustiger Abend zu werden. Schließlich erhob sich der Präsi am kurzen Tischende erneut von seinem Thron und erteilte nun in Reimform einzelnen Rednern das Wort, die mit dem Aufsagen alter deutscher Gedichte von Goethe bis Schiller glänzten, sich dann unter dem Applaus der anderen wieder setzen und dabei einen glasigen Blick bekommen hatten. Auch ich fühlte mich ein wenig glasig, denn diese Geschichte würde mir ja niemand glauben, sondern sich bestenfalls fragen, was zum Teufel ich eingeworfen oder geraucht haben könnte. Ich schwöre aber, ich war aber völlig clean und zu meiner großen Überraschung stellte sich mein Sitznachbar zur anderen Stuhlseite hin in allerfeinstem schwäbischen Deutsch als der „Sheriff von Tampa“ vor. Ich glaubte ihm sofort. Mittlerweile hatte jemand das Klavier angeschmissen, das sich in einer Ecke hinter dem Präsi-Thron befand und trug schmalzend-tragend und leicht falsch spielend alte deutsche Volkslieder vor. Der Kindergarten hatte also Jubiläum und ich ? Ich war mal wieder mitten drin. Gleich neben dem Eingang bemerkte ich eine Art mannshohen metallenen Käfig mit angebrachten Gitterstäben, der Platz für etwa eine Person bot und erkundigte mich während der Buffetpause beim Sheriff nach dessen tieferer Bedeutung. „Ach das“, erwiderte der Mann gelassen, „… das ist der Bestrafungskäfig. Da kommt man immer mal für zehn Minuten rein, wenn man ein Gedicht nicht stotterfrei aufsagen kann ... oder ähnliche Vergehen“. Immerhin, mit Bestrafungen musste der Mann sich ja schon an Berufswegen her auskennen und wieder schwieg ich ergriffen,- konnte es allerdings kaum glauben, bis im zweiten Teil der Kulturgutsitzung tatsächlich einer der Mitglieder von den anderen zu „zehn Minuten Kerker“ verurteilt wurde und widerstandslos in dem Käfig verschwand, ohne allerdings die Türe zu schließen. Von dort aus verfolgte er das Geschehen interessiert weiter und sang auch kräftig bei einer deutschen Wagneroper mit, die von Schallplatte abgespielt wurde, bis die zehn Minuten herum waren und er wieder aus dem Käfig an seinen Platz zurückkehren durfte. Whow. Whow. Und nochmals: Whow. Was für ein geiler Laden, Leute. Aber die saßen alle mit todernsten Mienen da und brüllten und grölten und sangen und benahmen sich ganz wie Rittersleut, die ein paar hundert Jahre zuvor ihre Vorfahren hätten gewesen sein können. In einer Eckvitrine entdeckte ich eine ganze Buchreihe gedruckter und gebundener Bücher und auf Nachfrage wurde mir erklärt, dass es sich um das gedruckte Gesamtverzeichnis aller Ordensmitglieder mit Adresse weltweit handeln würde, die im Verein tätig und Mitglied waren. Da waren Rechtsanwälte, Druckereibesitzer, Bäcker und andere Berufe vertreten, die wo immer in der Welt, vor Jahren nach Brasilien, Mexiko, Kanada, Florida usw. ausgewandert waren und durch die Vereinsmitgliedschaft Zusammenhalt und Erinnerungen an ihre einstige Herkunft suchten. Und natürlich, so funktionierte das Räderwerk, schob man sich untereinander, ganz wie es sich gehörte, Aufträge zu, damit man sich auch auf diesem Wege unterstützte. Eigentlich ein nettes kleines Netzwerk, dass ich hier vor mir hatte, wenn nur nicht dieser ganze Karnevals-krimskram drumherum gewesen wäre. Der Präsi bat nun um Ruhe und kündete einen Gast aus fernen Welten an, den „Ritter Habnichtviel“ aus dem guten alten Deutschland. Dabei wies er mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die noch geschlossene Zimmertüre und sprach mit erhobener und ehrfurchtserweckender Stimme: „Tretet ein, Ritter Habnichtviel und macht uns die Ehre“, woraufhin sich die Tür öffnete – und ob wir es nun glauben oder nicht – ein Typ mit Narrenkäppchen auf dem Kopf und einem Holzsteckenpferd mit Besenstil zwischen den Beinen herein geritten beziehungsweise herein gerannt kam. Der rauschte dann direkt in die offene U-Form des Tisches auf den Präsi zu, bremste dort kurz vorher scharf ab und machte sich anheischig, mit einer schwungvollen Verneigung seine Aufwartung zu offenbaren. Nun war ich echt am hecheln. Das war ja schöner als jedes Oktoberfest, dass natürlich im Monat Oktober auch an allen Ecken und Enden von deutschen Auswanderern in Florida betrieben wurde. Der Holzpferd-Ritter hatte indes zu einer Begrüßungsrede angehoben, in der er überschwänglich für die freundliche Aufnahme im fernen Lande dankte, die ihm als deutsches Vereinsmitglied widerfahren sei und schickte zum Abschluß noch einen Stehgreifreim hinterher. Es wurde übrigens fast alles in irgendwelchen Reimen gesprochen,- das war wohl, was man sich unter deutscher Kommunikation im Mittelalter so vorstellte. Klar war jedenfalls, die Leutchen hier suchten dringend jungblütigen Nachschub (oder ärztliche Hilfe), der das Durchschnittsalter nach unten ziehen würde und genau darum war ich ja eingeladen worden. Mir war allerdings zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass ich in diesem Laden nie und nimmer Mitglied werden würde und schon gar nicht einmal mit Monat den Mummenschanz hier mitmachen würde, um zuletzt womöglich als „Ritter Kuckuck vom Bayernfelsen“ zu enden,- oder so. Trotzdem blieb ich freundlich und bewahrte die Contenance, denn ich war ja zu Gast hier und zwei Stunden später war alles vorüber und die Versammlung löste sich langsam auf. Kellergott neben mir brachte sich hier und da ins Gespräch, wahrscheinlich, um neuen Nährboden für seine Diätpülverchen zu schaffen und strahlte mich über beide Backen an. Wie mir das jetzt gefallen hätte ? „Es war unglaublich“, antwortete ich wahrheitsgemäß, führte es aber nicht weiter en detail aus. Schließlich verließ einer nach dem anderen den Sitzungssaal, die bunten Hütchen wurden wieder griffbereit für das nächste Mal auf den Stühlen abgelegt, und die Gesellschaft marschierte auf ihre parkenden Autos zu. Der Schlachter sammelte seine leeren Tabletts ein und wieder war ein gelungener Abend im Kreise Gleichgesinnter mit deutscher Wurst, deutschem Bier und zu Ehren Goethes und anderer Dichter und Denker zu Ende gegangen. Mein lieber Scholli. Und wie ich schon vermutet hatte: Das Frauchen daheim glaubte mir kein einziges Wort. ---------------------------------------------------------------------------------------------------- Erhältlich in deutscher Sprache als eBook für alle elektronischen Lesegeräte incl. Kindle, Sony, iPad und andere gängige Fabrikate, unter anderem bei Amazon.de amazon.de/Meine-Jahre-Florida-Erz%C3%A4hlung-ebook/dp/B00DRGT1EK/ref=sr_1_3?s=books&ie=UTF8&qid=1372917020&sr=1-3&keywords=meine+Jahre+in+Florida und Xinxii xinxii/meine-jahre-in-florida-p-344872.html -------------------------------------------------------------------------------------- Weitere Informationen, Hinweise und weitere umfangreiche Leseproben: no-more-secrets.de NO MORE SECRETS - Werbeagentur, InternetAgentur, Verlag Durch Nachdenken vorn : Copyright 2013
Posted on: Thu, 04 Jul 2013 07:58:13 +0000

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