Sorge ums Weltklima wächst Forscher prognostizieren stärkere - TopicsExpress



          

Sorge ums Weltklima wächst Forscher prognostizieren stärkere Veränderungen als gedacht und warnen vor steigendem Meeresspiegel Stockholm (dpa). Wer Entwarnung vom neuen Weltklimabericht erwartet hat, wird enttäuscht: Meeresspiegel steigen schneller, Gletscher schmelzen stärker. Daran ändert auch die Pause bei der Erderwärmung nichts. Nach Überzeugung von Experten schreitet der Klimawandel ungebremst voran. Politiker und Umweltschützer mahnten zur Eile beim Klimaschutz. Fraglich ist, ob das vereinbarte Ziel, die Temperaturerhöhung auf zwei Grad zu begrenzen, noch erreicht werden kann. Im ungünstigsten Fall steigen die Meeresspiegel bis zu den letzten beiden Jahrzehnten dieses Jahrhunderts um 82 Zentimeter, heißt es in der Kurzfassung des Berichtes. Betrachtet man nur das Jahr 2100, könnten es sogar bis zu 98 Zentimeter sein. Selbst wenn der Klimaschutz erheblich verstärkt würde, seien es mindestens 26 Zentimeter. »Während sich die Ozeane erwärmen und Gletscher und Eisdecken schmelzen, wird der globale Meeresspiegel weiter steigen, aber schneller, als wir es in den letzten 40 Jahren erlebt haben«, sagte einer der Co-Vorsitzenden, Qin Dahe. Bei seinem letzten Bericht war der Weltklimarat mit ähnlichen Szenarien noch von 18 bis 59 Zentimetern ausgegangen. Außerdem halten die Wissenschaftler es für äußerst wahrscheinlich, dass der Mensch Hauptverursacher der Erwärmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist. »Die Menschheit hat also eine Wahl, auf welches Szenario sie hinarbeitet«, sagte Thomas Stocker, koordinierender Hauptautor der Arbeitsgruppe 1. »Hitzewellen treten sehr wahrscheinlich öfter auf und halten länger an«, teilte der IPCC, der internationalen Forschergruppe, mit. Im Zuge der Erderwärmung erwarten die Wissenschaftler, dass feuchtere Regionen auf der Welt mehr Niederschläge und trockenere noch weniger bekommen. Nie war es dem Bericht zufolge seit Beginn der Wetteraufzeichnungen wärmer als im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. »Mehr Temperaturrekorde sind gebrochen worden als in jedem anderen Jahrzehnt«, sagte der Generalsekretär der Weltmeteorologieorganisation WMO, Michel Jarraud. Für UN-Klimachefin Christiana Figueres sind die Ergebnisse ein Weckruf für die internationale Staatengemeinschaft zum beschleunigten Handeln. Die Eisdecken in Grönland und der Antarktis haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten an Masse verloren, Gletscher sind weltweit weiter geschrumpft, wie die Forscher schreiben. »Außer der Temperatur hat sich alles beschleunigt«, sagte der Direktor Europäische Klima- und Energiepolitik bei der Umweltschutzorganisation WWF, Stephan Singer. Aufgrund natürlicher Schwankungen spiegelten Betrachtungen über kurze Zeiträume keine langfristigen Klimatrends wider, so der Report. »Zum Beispiel ist die Erwärmungsrate in den letzten 15 Jahren (...) geringer als die seit 1951 erhobene Rate.« Die Ozeane haben 90 Prozent der Energie aufgenommen, die das Klimasystem von 1971 bis 2010 gespeichert hat. »Das heißt nicht, dass uns die Ozeane vor der globalen Erwärmung retten«, sagte Stocker. Auf dem Extremwetterkongress in Hamburg mahnten Forscher zur Eile beim Klimaschutz. Professor Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: »Wir haben tatsächlich noch weniger Zeit als gedacht.« Das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, sei nur mit den richtigen Weichenstellungen zu erreichen, sagte Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) in Berlin. Während sich die Bundesregierung in ihrem Kampf gegen den Klimawandel grundsätzlich bestätigt sah, stellten Umweltverbände der bisherigen schwarz-gelben Koalition ein schlechtes Zeugnis aus. Der CDU-Wirtschaftsrat warnte vor Wettbewerbsnachteilen bei deutschen oder europäischen Alleingängen. »Der Klimawandel ist real, und er passiert in einem alarmierenden Tempo«, warnten große Nichtregierungsorganisationen. Für Teil 1 des 5. Klimaberichts hatten 259 Hauptautoren in den vergangenen vier Jahren Tausende Studien ausgewertet. Der komplette Report erscheint am Montag. Wie hat sich die Erde verändert? Und was kommt noch? Stockholm(dpa). Der Meeresspiegel steigt und die Methan-Konzentration ist gestiegen – die Kernthesen des IPCC-Berichts: Luft:Die Oberflächentemperatur ist von 1880 bis 2012 um 0,85 Grad gestiegen. Während der insgesamt deutlichen Erhöhung gibt es natürliche Schwankungen innerhalb von Jahrzehnten. Die Temperatur wird sich bis Ende des Jahrhunderts um 0,3 bis 4,8 Grad erwärmen, bezogen auf die Mitteltemperatur von 1986 bis 2005. Ozeane und Eis:Die Ozeane haben 30 Prozent des Kohlendioxids aufgenommen und sind dadurch saurer geworden. Der Meeresspiegel ist von 1901 bis 2010 um 19 Zentimeter gestiegen. Es ist praktisch sicher, das sich die Geschwindigkeit in den vergangenen zwei Jahrzehnten erhöht hat. Bis zum Ende des Jahrhunderts wird er um 26 bis 82 Zentimeter steigen. Die Ozeane haben 90 Prozent der Energie aufgenommen, die das Klimasystem in den vergangenen Jahrzehnten gespeichert hat. Sie erwärmten sich von 1971 bis 2010 in 75 Metern Tiefe über 0,1 Grad pro Dekade. Das Tempo der Eisschmelze von Grönland und der Antarktis hat sich vervielfacht. Wahrscheinlich geht das arktische Eis weiter zurück. Treibhausgase:Die Konzentration an Kohlendioxid (CO2)hat sich seit der Industrialisierung um 40 Prozent erhöht. Die Konzentration des Treibhausgases Methan stieg um 150 Prozent, die von Lachgas (N2O) um 20 Prozent. Wenn sich der CO2-Gehalt der Atmosphäre verdoppelt, wird die Lufttemperatur um 1,5 bis 4,5 Grad steigen. 2007 war der Klimarat von 2 bis 4,5 Grad ausgegangen. Seite 4: Leitartikel Realität zur Kenntnis nehmen Von Bernhard Hertlein Nirgendwo ist die Neigung, naturwissenschaftliche Kenntnisse anzuzweifeln, so groß wie bei Weltklimaprognosen. Vermutlich hängt dies damit zusammen, dass sich die meisten noch an Zeiten erinnern, in denen Wettervorhersagen nicht viel glaubhafter gewesen sind als althergebrachte Bauernregeln. Um so schwieriger, so die logische Folgerung, muss es doch sein, langjährige Klimaveränderungen im Bereich von ein bis vier Grad vorauszusagen. Inzwischen aber sind nicht nur die kurzfristigen Wetterprognosen viel besser geworden. Auch die neuen Modelle und Aussagen der Wissenschaftler zur Klimaerwärmung basieren dank der stark gestiegenen Rechenleistung moderner Computer über eine ganz andere Basis. Danach steht nicht nur fest, dass sich das Klima erwärmt, sondern auch, dass Menschen für den Anstieg verantwortlich sind. Das vergangene Jahrzehnt war das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Sicher, der Anstieg der Durchschnittstemperatur war weltweit niedriger als im Durchschnitt vorausgesagt. In Deutschland war es sogar kühler als im Jahrzehnt davor. Doch hatten die Wissenschaftler stets auf mögliche zeitliche und räumliche Abweichungen hingewiesen. Die jetzigen sind außerdem gut begründet. Vom Tisch ist die Gefahr damit nicht. Wichtig ist der langfristige Trend: Hier sorgen sich die Wissenschaftler, dass das Ziel, die Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, kaum noch eingehalten werden kann. Erschreckend ist eine weitere Erkenntnis: Der Meeresspiegel steigt sogar noch schneller an. Erwartet werden jetzt 26 bis 82 Zentimeter bis Ende dieses Jahrhunderts – acht bis 23 Zentimeter mehr als bei der vergangenen Prognose 2007. Kann sein, dass der ein oder andere zwischen Alpen und Teutoburger Wald jetzt denkt: 82 Zentimeter höher, da ist das Meer immer noch weit von meinem Haus entfernt. Auf den Nordsee-Halligen und in anderen Regionen der Welt sieht das schon anders aus. Die Niederlande, im Deichbau geübt, sind vermutlich reich genug, um sich zu schützen. Anders aber ist die Situation zum Beispiel in Bangladesch. Dort führt der Anstieg im Golf von Bengalen bereits jetzt zu einer Zunahme von Zahl und Schwere der Überschwemmungen mit Meereswasser. Als Folge gehen die Erntemengen zurück. Zudem gefährdet in den Küstenregionen der höhere Salzgehalt im Grundwasser bereits die Gesundheit der Menschen – vor allem der Kinder. Irgendwann wird das Meer gar nicht mehr zurückweichen. Wohin werden die 160 Millionen im dichtest besiedelten Flächenstaat der Erde dann fliehen? Auf Tuvalu, Kiribati und anderen Pazifikinseln werden Auswanderungsstrategien entwickelt. Sich irgendwo einkaufen? Auf künstlichen Inseln neuen, höher gelegenen Lebensraum schaffen? Bei kleinen Inselbevölkerungen mag so eine Strategie gelingen. In Flächenstaaten wie Bangladesch, Pakistan und Ägypten wird ein Anstieg des Meeresspiegels zu Veränderungen führen, die nicht mehr beherrschbar sind. Westfalen-Blatt vom 28.09.2013
Posted on: Sat, 28 Sep 2013 09:43:55 +0000

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