Schreibe ein paar Auszüge aus meinem Buch "Rose lebt". - TopicsExpress



          

Schreibe ein paar Auszüge aus meinem Buch "Rose lebt". Liebesbriefe an meine tote Frau. Vier Operationen mit ihren Narkosen zerstörten den Rest Deiner Lunge. Hilflos legte ich meine tränennasse Wange auf Deine klopfende Brust und weinte immerfort. Da fühlte ich Deine Hand auf meinem Kopf: "Ich liebe Dich" hauchtest Du. Es waren Deine letzten Worte. Könnte ich Dich je vergessen? Ostern droht. Die erste Auferstehung ohne Dich. Kann nicht schlafen. Es treibt mich Dir zu schreiben. Lege los. Schreibe was mir gerade einfällt. Von uns, von Dir, von dem, was mich bewegt. Schon bist Du da. Ich weine immer, wenn ich an Dein Lachen denke, als Du noch nicht so krank warst. Deine müde gewordenen Augen sehe, als Dir klar wurde, Dein Leben geht zu Ende. Weine immer, wenn ich etwas von Dir erblicke- Deinen Boucheron-Flakon. Dein Nachthemd, das nicht mehr auf mich zu schwingt. Sondern schlapp am Haken hängt. Die gerade neu gekauften Hausschuhe. Eine Nummer größer als die alten. Deiner geschwollenen Füße wegen. Mein Weihnachtsgeschenk, das ich Dir nicht mehr geben konnte. Weil Du schon tot warst. Es steht in der karmesinroten Tüte auf dem Klavier. Mit dem schönsten Herzchen unseres Weihnachtsschmucks. Und meinem traurigsten Gedicht an Dich. Die Tage sind dunkel wie nie - lass es genug sein Herr - schick deinen hellsten Engel - an Weihnacht wäre schön - Was blieb mir in den letzten Tagen, als eine der Kugelkerzen aus unserem Kronleuchter neben Dein Krankenbett zu stellen. Und brennen zu lassen, bis sie nach Deinem Tod von selbst erlosch. Pünktlich am Heiligabend. Das Symbol des Lebens wird Symbol des Nichtmehrseins. Wer fasst es? Wir von der ersten Sekunde an verliebt. Ich schrieb Dir sechs Wochen lang täglich ein Gedicht. Du antwortetest telefonisch auf jedes. Dann war es soweit. Fuhr nach Emmericher Eyland. So heißt das kleine Areal mit dem großen Bauernhof und Deiner kleinen Kate. Oben auf einer Warf, geschützt vor Hochwasser. Am Ende einer Pappelallee. Der Rhein nicht weit. Du schältest Spargel, die entblößte Brust der Sonne zugewendet. Lächeltest: "Willkommen auf dem Lande." Es dauerte noch Wochen, bis ich sie streicheln durfte. Aber gesehen hatte ich schon fast alles. Mitten in Deiner Stube ein Baum. Oder das, was einmal ein Baum war. Dunkelkerniger Eichenstamm. Zwei Astarme, die niedrige Balkendecke zu stützen. Aus warmroten Ziegelsteinen der Boden. Ein riesiger, raumhoher Tudorkamin beherrschte die Wand. Zwei gusseiserne Engel auf der Kaminplatte hatten ihre Beine angezogen, damit ihnen die Füße nicht verbrannten. Flammen loderten an jedem Tag den Abend ein. Die Englein wurden immer schwärzer. Verbrannt sind sie nicht. Pludrige Couchgarnitur davor. Für gemütliche Abende mit Freunden. Am liebsten ohne sie. Im offenen Nebenraum der ovale Esstisch. Wie ein Sommerhut darüber die Lampe. Aus lüstern schimmernden Muschel-scheiben. Atme den Duft eines Rumpsteaks. Spüre das weiche Polster unter meinem Hintern. Deine Haut in den Handflächen. Wie damals. Eine andere, eine ganz neue Welt hatte sich mir aufgetan. Wolkenweit sonnig. Weißdornduftig. Mit zwei schlappohrigen Hunden und drei krakeelenden Graugänsen. Freiheit pur. Aufregend. Fühle mich plötzlich dreißig Jahre jünger. Wir liefen übermütig und barfuß hinunter zum Rhein. Schwangen die ausgestreckten Arme wie Flügel. Als wollten wir abheben. Wie das erschreckt vor uns flüchtende Schwanen-paar. Tanzten auf dem sommerwarmen Asphalt. Losgelassen wie Kinder ohne Aufpasser. Dreiundvierzigjährige Frau und vierundfünfzigjähriger Mann. Musik in den Ohren. Summten, sangen in allen Tonarten: "All you need is love." Das Buch ist im Schillinger-Verlag Freiburg erschienen. Erhältlich nur im regulären Buchhandel. Preis € 14,80
Posted on: Sat, 31 Aug 2013 10:37:27 +0000

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