»Wenn der Preis nicht sinkt, bleibt die Stadt stehen« – die - TopicsExpress



          

»Wenn der Preis nicht sinkt, bleibt die Stadt stehen« – die von der linken basisdemokratischen Bewegung für den Nulltarif (Movimento Passe Livre – MPL) ausgegebene Losung bewahrheitete sich von Protesttag zu Protesttag an immer mehr Orten. Während eine große Mehrheit friedlich demonstrierte, kam es in Rio, Brásilia und anderen Städten zu Krawallen, zum Teil mit Übergriffen und Provokationen der Polizei. Die Politik mußte auf den Druck von unten reagieren. Eilig wurden in etlichen Metropolen Fahrpreiserhöhungen rückgängig gemacht oder die Tarife sogar gesenkt. Doch längst reichten die Themen und Forderungen des immer breiteren Spektrums der Demonstranten über Ticket­preise für Bus und U-Bahn hinaus. Die Wut über die vielen Milliarden, die in Großprojekte für Fußball-WM und Olympia fließen, zum Teil in dunklen Kanälen versickern und für andere dringliche Aufgaben wie das Bildungs- und Gesundheitssystem fehlen, bricht sich Bahn. Angeprangert werden die Korruption und ein geplanter Verfassungszusatz, der die Befugnisse der Staatsanwaltschaften bei der Verfolgung der damit verbundenen Delikte einschränken würde. Aufschwung gebremst Der Aufstand der Brasilianer zur schönsten Fußballzeit – parallel zum Confed-Cup, einem Testturnier vor der FIFA-WM im kommenden Jahr – überraschte die meisten. Dabei hatte es durchaus Vorbeben gegeben: Im Mai hatte ein Gerücht genügt, das Sozialhilfeprogramm »Bolsa Familia« würde eingestellt, daß Tausende Ärmere die staatlichen Auszahlstellen belagerten. Da ist einiges unter dem Deckel: Nach Jahren des Booms der sechstgrößten Volkswirtschaft der Welt hat die Inflation angezogen. Millionen Menschen, die zur unteren Mittelschicht stießen, fürchten um den bescheidenen neuen Wohlstand. 700000 Familien leben noch immer in extremer Armut. Die kapitalistische Modernisierung, mit der Überwindung der Hyperinflation schon vor den Linksregierungen eingeleitet unter dem Präsidenten Fernando Henrique Cardoso, hat nicht mit den alten korrupten Eliten gebrochen. Die Militärdiktatur wurde kaum aufgearbeitet. Die versprochene Landreform stagniert, Agrokonzerne bedienen den Export. Die Arbeiterpartei (PT) besitzt aber auf nationaler Ebene keine Mehrheit und ist auf Kompromisse und Koalitionen mit der Rechten angewiesen, der Einfluß klerikaler Fundamentalisten reicht weit. »Antiparteiliche« griffen zuletzt, besonders massiv in São Paulo, Demonstranten mit den Symbolen linker Parteien verbal und physisch an, entwendeten und verbrannten rote Fahnen. Vertreter der Linkskräfte sprechen von einer gezielten Unterwanderung der Demonstrationen durch den PSDB, Polizeiprovokateure und faschistische Schlägertrupps. Der MPL zog sich wegen solcher »Trittbrettfahrer der Bewegung« vorübergehend von weiteren Demonstrationsaufrufen zurück. Doch die Linke gibt die Straße noch längst nicht verloren. Landesweit wird an einer gemeinsamen Strategie gearbeitet, um die rechte Unterwanderung zu stoppen. jungewelt.de/2013/06-25/047.php
Posted on: Mon, 24 Jun 2013 20:36:59 +0000

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