Wie funktioniert eigentlich das didaktische Konzept hinter der - TopicsExpress



          

Wie funktioniert eigentlich das didaktische Konzept hinter der kollaborativen Projektmanagementplattform Phasebook und den Projektarbeiten dort? Ist das überhaupt legitim, was dort läuft? Das scheint sogar jetzt einige Kollegen zu beschäftigen. Also höchste Zeit, sich ein Mal über die Konzeption von Phasebook und der damit unterstützten Lehrveranstaltungen auszulassen!:-) Was haben wir eigentlich besonderes in den Phasebook-Projekten (außer viel Arbeit)? Um da tiefer in das Thema einzudringen eignet sich - glaube ich - der Vergleich mit typischen prüfungsrelevanten Leistungen an der Hochschule ganz gut. Und womit ist der Erarbeitungs- und Prüfungsprozess aus der sozialen und digitalen Phasebook-Welt in der papiergebundenen analogen Hochschulwelt am Besten vergleichbar? Am ehesten wohl mit der normalen Hausarbeit. Hmmm, wenn das so ist, ...was macht eine analoge papiergebundene Hausarbeit grundsätzlich aus? Welche Merkmale hat sie? Ich greife mir dazu der Reihe nach die Aufgabenstellung, den Bearbeitungsprozess und den Korrekturprozess an und vergleiche das dann jeweils mit der Phasebook-Hausarbeit. Aufgabenstellung: herkömmliche Hausarbeit: Die Aufgabenstellung einer Hausarbeit wird meistens recht exakt mit dem Ziel vorgegeben, ein bestimmtes Wissensgebiet forschend zu erschließen und sich mit dazugehöriger Literatur und geeigneten Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens vertraut zu machen und oft darüber hinaus die Ergebnisse dann durch Präsentationen im Kreis der Adepten vorzutragen und zu besprechen. Die wissenschaftliche Methodik kann auch - in Abhängigkeit von der Aufgabenstellung und deren Umfang - darin zur Anwendung kommen, Umfragen oder Interviews durchzuführen und deren Ergebisse in der Hausarbeit zu verewigen. Die Erarbeitung geschieht oft alleine, aber das ist nicht zwingend so. Übergeordnetes Ziel ist dabei meist: Erlernen der Methodik wissenschaftlichen Arbeitens. Phasebook-Hausarbeit: Die Aufgabenstellung der Phasebook-Hausarbeit wird ebenfalls recht exakt vorgegeben. Das Ziel ist, sich ein Wissengebiet der Wirtschaftsinformatik und darin praktische Methoden- und Beratungskompetenz anzueignen. Das wissenschaftlich-sorgfältige Arbeiten mit Literatur und Statistik wird fachbezogen durch solches Arbeiten mit Analyse-, Modellierungs- und Beschreibungsmethoden substituiert. Dass Ziel ist weiterhin, hinauszugehen und einen Ausschnitt der Umwelt praktisch mit einer ganz bestimmten Brille anzuschauen und etwas für eine Praxisorganisation möglichst Nützliches zu erstellen. Dahinter steckt der Gedanke: wenn man früh damit anfängt, stiftet das Sinn, fördert die intrinsische Motivation und bereitet optimal auf die betriebliche Realität bzw. auf praxisorientierte Forschung vor. Das Ziel ist auch, eine gewisse Zahl der Interaktionen und damit des Wissensaustauschs und des sozialen Austauschs in- und außerhalb der Hochschule zustande zu bringen...direkt und digital-medienbasiert. Die Erarbeitung geschieht deshalb nur partiell alleine...jeder hat seinen klaren Verantwortungsbereich, gehört aber gleichzeitig zu einem Team, welches die Interaktionen mit der Außenwelt erleichtern kann und soll. Übergeordnetes Ziel ist bei den Phasebook-Hausarbeiten: das Erbringen praktisch verwendbarer Beratungsleistungen unter Verwendung anerkannter Methoden aus Wissenschaft und Technik. Bearbeitungsprozess herkömmliche Hausarbeit: je nach Aufgabenstellung steht vor allem die Literaturrecherche und das Literaturstudium im Vordergrund. Üblicherweise findet die Erarbeitung weitgehend entkoppelt von Klassenunterrichten in selbständiger Arbeit statt. Die Hausarbeits-bezogene Interaktion mit dem Dozenten oder auch anderen Studierenden geschieht meistens eher sporadisch bzw. nach Bedarf und je nach Verfügbarkeit und Grundhaltung des Dozenten bzw. des Studierenden. Abgeschlossen wird der Bearbeitungsprozess oft mit einer Präsentation und der Abgabe der schriftlichen Fassung der Hausarbeit. Phasebook-Hausarbeit: Zu Beginn steht die Instruktion und die intensive Erkundung der meist selbstgewählten Praxispartnerumgebung im Vordergrund. (Experte für den fokussierten Geschäftsprozess/Fachbereich werden.) Danach folgt bei den meisten Projekten eine Phase mit weniger intensiver Außenorientierung...also der Analyse der zusammengetragenen Inhalte und Ergebnisse. Da die Arbeit aber auf Praxisnähe und praktischen Nutzen getrimmt ist und auf intensive Projektarbeiten in engen sozialen Kontexten vorbereiten soll, wird nach jedem erarbeiteten Teilergebnis (sog. Artefakt) ein intensiver Review-Prozess angestoßen, der vom Dozenten überwacht wird: zuerst werden die Artefakte von Kommilitonen der gleichen Arbeitsgruppe (nicht Projektgruppe!) mit Hilfe einer Checkliste an Artefaktgütekriterien gegengelesen und ggf. eine Verbesserung angefordert. Wenn die fachlichen Artefaktgütekriterien erfüllt sind, wird das Ergebnis dem Praxispartner elektronisch im Webbrowser überstellt, so dass dieser davon Kenntnis erhalten kann, es inhaltlich sehen und ggf. darauf reagieren bzw. es verwenden kann. Der Dozent überwacht währenddessen den Reviewprozess und greift ein und berät bei Bedarf. Durch den Reviewprozess wird einerseits die digital-soziale aber auch die direkte soziale Interaktion zwischen den Teilnehmern bzw. Stakeholdern stimuliert und somit vielfältige Lernprozesse ausgelöst. Andererseits wird schon während der Erarbeitung eine intensive Auseinandersetzung mit Teilergebnissen ermöglicht, die die Lehrenden alleine ohne die elektronischen Hilfsmittel in Phasebook (insb. die Artefaktgütekriterienlisten und die Kommentarfunktionen) und natürlich ohne die didaktisch wertvolle und beabsichtigte Einbeziehung sämtlicher Studierender in den Reviewprozess so nicht leisten könnten und in herkömmlichen Hausarbeiten auch nicht leisten. Tatsächlich konnte in den vergangenen drei Jahren mit jeder Intensivierung der Artefakt-bezogenen Interaktion zwischen den Studierenden in dem Reviewprozess eine signifikante Verbesserung der Güte der Artefakte festgestellt werden, ohne dass die - ebenfalls mit Phasebook gemessenen - Zeitaufwände auf Seiten der Studierenden übermäßig gestiegen wären. Zusätzlich zu der elektronischen, eng verzahnten Zusammenarbeit zwischen Teilnehmern, Praxispartnern und Dozenten wird derzeit die Veranstaltung begleitet durch regelmäßige Angebote für direkte Reviews auf Basis direkter Präsentationen im Präsenzunterricht. Aktuell steht es den Studierenden (Ausnahme: Fernstudenten) vier Mal im Semester frei, diese Präsentationen zu halten und die sich anschließende Ergebnisdiskussion in Anspruch zu nehmen. Aktuell scheint das den Projektgruppen im Vergleich zu vergangenen Durchgängen, bei denen die regelmäßigen Präsentationen verbindlich waren, nicht so gut zu bekommen...der erste Eindruck: es zeigen sich Schwierigkeiten, sich mit der Aufgabe ausreichend intensiv zu befassen bzw. dran zu bleiben. Andererseits war erklärte Absicht für die systematische Weiterentwicklung des Bearbeitungsprozesses, die Selbständigkeit und Eigenverantwortung sowie die Selbstorganisation der Teilnehmer zu stärken. Ein abschließendes Urteil zu diesem Aspekt der Erarbeitung der Phasebook-Hausarbeit steht noch aus, wobei ich der Auffassung bin, mit dem Mehr an Freiheit und Selbständigkeit die richtige Richtung eingeschlagen zu haben. Zum Abschluss der Erarbeitung steht dann eine Präsentation der Projektgruppenergebnisse als Posterpräsentation im Rahmen einer Ergebnisausstellung. Die Punkte werden errechnet über die Anzahl der Artefakte, die den Reviewprozess erfolgreich passiert haben. Korrekturprozess: Herkömmliche Hausarbeit: üblicherweise einmaliges Durchlesen am Ende des Semsters oder Bearbeitungszeitraumes für die gesamte Arbeit als Ganzes mit anschließender Benotung. Bei Bedarf und Dozentenverfügbarkeit Rücksprachen zu Sprechstunden. Einbezogen werden aktiv meist nur der Bearbeiter und der Dozent. Probleme bereiten oft die unterschiedlichen teils intransparenten Bewertungsmaßstäbe einzelner Dozenten und die Unsicherheit hinsichtlich dieser. Phasebook-Hausarbeit: Die Korrektur erfolgt zweistufig: 1. Fachlich: die fachliche Artefaktgüteprüfung erfolgt ggf. mehrmals während der Erarbeitungsphase. Durch die Standardisierung und Granularität der Aufgabenstellung und damit dieser Qualitätssicherung können überhaupt die sorgfältig erarbeiteten, automatisch und dezentral zur Verfügung gestellten Artefaktgütekriterien erst sinnvoll angewandt werden und die BEwertungsmaßstäbe zuverlässig (bis auf kleinere Unstimmigkeiten) vereinheitlicht werden. Darin unterscheidet sich die Phasebook-Hausarbeit deutlich von jeglichem mir bekannten Verfahren für die Bearbeitung von Hausarbeiten. Durch die einfache Formulierung, den Unterricht und durch die erläuternden Texte im Begleitskript zur Veranstaltung können die Studierenden sich mit den Artefaktgütekriterien vertraut machen und zuverlässig die gegenseitige Qualitätssicherung erstellter Artefakte durchführen und durch herkömmliche Kommentare ergänzen. Hier liegt für viele Betrachter anscheinend eine Schwierigkeit vor, dass System zu akzeptieren. In der Tat sehe ich in der jahrelangen Erfahrung und Durchdringung der Aspekte der einzelne Artefakte und des Reviewprozesses den Schlüssel für seine Entwicklung: Standardisierung der Artefakte, Granularisierung mit Artefakten, minutiöse Weiterentwicklung der Artefaktgütekriterien sowie die einfache Bereitstellung für die Anwendung der Artefaktgütekriterien für alle Teilnehmer zuzüglich der Dynamik der sozialen Prozesse machen diese Entwicklung aus. 2. Inhaltlich: da die Arbeit praxisbezogen ist und sich von Projekt zu Projekt auf jeweils eine andere Fallstudie bzw. Praxisumgebung bezieht und auch von Anfang an der Anspruch der möglichst umfassenden Praxistauglichkeit der Ergebnisse vom Dozenten erhoben wird, soll der Praxispartner die Gelegenheit bekommen, die Artefakte schon während der Projektlaufzeit direkt nach der Qualitätssicherung einzelner Artefakte zur Kennnis zu nehmen und gegebenfalls seine Meinung dazu kund zu tun. Seine Aufgabe besteht also nicht darin, die methodisch - fachliche Qualität der Artefakte zu bewerten, sondern nur deren inhaltliche Information entgegenzunehmen und damit leichter in ein Gespräch mit den Studierenden einzutreten, sofern gewünscht und beabsichtigt. Außerdem - und dass ist wohl viel wichtiger an diesem über den Webbrowser weltweit bereitgestellten Mechanismus - wird beim Studierenden das Bewußtsein darauf gelenkt, dass seine Artefakte nicht für die akademische Mottenkiste bestimmt sind, sondern einer realen Aufgabenlösung und Organisationsumgebung zuträglich sein sollen. Das mag zuerst ein Mal ungewöhnlich erscheinen, bekommt aber unter dem Blickwinkel der Ausbildung für die Praxis ein großes Gewicht und damit eine didaktische Wirkung: Der Studierende lernt on the fly damit zu leben, dass seine Arbeit echte Auswirkungen haben kann und soll. Darin entsteht ja übrigens nicht nur eine Verpflichtung für die Teilnehmer, sondern auch für den Dozenten... Zusammenfassend ist festzustellen, dass die herkömmliche Hausarbeit bereits eine didaktisch andere Ausrichtung hat als die Phasebook-Hausarbeit: es geht mehr um das theoretisch-wissenschaftliche Erarbeiten eines Fachgebietes, während es bei der Phasebook-Hausarbeit vorrangig um das möglichst realitätsnahe und interaktive Einüben von Methoden, Beratungs- und sozialer Kompetenzen geht. Die Mechanismen des Peer-Reviewing und des Praxispartner-Reviewing der Artefakte in der Phasebook-Hausarbeit werden durch die Standardisierung und die Granularisierung der Aufgabenstellung mit Artefakten sowie den zugehörigen Artefaktgütekriterien ermöglicht. Damit wird eine deutlich größere Dichte der Interaktion sowie eine größere Vergleichbarkeit der Bewertung ermöglicht als das bei herkömmlichen Hausarbeiten der Fall sein kann. Dies kommt auch der Qualität merklich zugute. I hope this helps...
Posted on: Tue, 26 Nov 2013 04:01:34 +0000

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